Physiklehrer Thomas Hofmann fragt nach dem Trägheitssatz, der kleine weiße Roboter antwortet. So nimmt Helena über einen sogenannten Avatar am Unterricht teil. Zu Hause ist die 16-Jährige per Tablet verbunden. Der Avatar steht im Physiksaal des Memminger Bernhard-Strigel-Gymnasiums auf der Schulbank.
Autoimmunerkrankung führt zu Muskelschwäche
"Das vereinfacht es ziemlich", sagt Helena, die an Myasthenia gravis leidet. Die sehr seltene Autoimmunerkrankung führt unter anderem zu Muskelschwäche. Die Schülerin ist dadurch sehr schnell erschöpft, hatte viele Fehlzeiten. "Jetzt kriege ich auch nicht alles mit, aber viel mehr, als vorher", sagt sie.
Vor vier Jahren hat alles angefangen: Helena konnte von heute auf morgen nicht mehr richtig schlucken. Sie kam ins Krankenhaus. Es folgten unzählige Untersuchungen und die Diagnose Myasthenia gravis. Doch sie will unbedingt ihr Abitur schaffen.
"Die Helena ist echt taff, da sind wir verdammt stolz", sagt ihre Mutter Martina Güthler. Die Krankheit sei ein ständiges Auf und Ab: "Du hast ganz tolle Zeiten, da fährt die Helena wieder Fahrrad und dann gibt es so Tage, da kommt sie die Treppen nicht alleine hoch."
Auch Gruppenarbeit ist wieder möglich
An den schlechten Tagen hilft der Avatar. Er kann den Kopf nach links und rechts drehen, den Blick heben und senken. Eine kleine Kamera liefert dann zum Beispiel das Bild eines Arbeitsblattes, das vor dem Roboter auf der Schulbank liegt, live zu Helena. Zusammen mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern kann sie es bearbeiten.
Physiklehrer Hofmann findet, dass jede Schule so ein Gerät haben sollte. Es ermögliche eine ganz andere Interaktivität, als etwa eine Videokonferenz: "Wir haben die Möglichkeit, dass Helena in der Gruppe mitarbeitet, sie kann über den Avatar Emotionen ausdrücken und sozial interagieren."
Gerät durch Spende finanziert
Am Memminger Bernhard-Strigel-Gymnasium wurde die Anschaffung des 3.500 Euro teuren Geräts aber nur durch eine Spende möglich, wie Schulleiter Patrick Schmitt berichtet. Der Elternbeirat habe den Kontakt zum Memminger "Round Table Club" hergestellt "und die fanden das so toll, dass sie gesagt haben, sie finanzieren das", so Schmitt.
So kann Helena voraussichtlich nächstes Jahr ihr Abitur machen. Danach soll der Avatar möglichen anderen kranken Schülern zur Verfügung stehen.
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