Per Video-Botschaft hat sich heute Joachim Wolbergs an die Öffentlichkeit gewandt. Diese hatte er vergangene Woche angekündigt. Auszüge der Video-Botschaft wurden vorab auf der Internetseite des Fernsehsenders TVA veröffentlicht.
"Ich habe in den letzten eineinhalb Jahren zu viel erlebt. Ich weiß, dass es sich lohnt, dafür zu kämpfen, dass einem Gerechtigkeit widerfährt, wenigstens dann, wenn man selber felsenfest von seiner Unschuld überzeugt ist. Das und nichts anderes tue ich. Ich bin von vielen Regensburgerinnen und Regensburgern in das Amt des Oberbürgermeisters gewählt worden. Nicht primär deswegen, weil man meine Politikansätze im Detail kannte. Sondern weil mir die Menschen vertraut haben. Dieses Vertrauen ist durch die Vorwürfe und durch die Ermittlungen schwer erschüttert worden. Und ich will einfach nur in einem rechtsstaatlichen Verfahren beweisen, dass das Vertrauen gerechtfertigt war und ist. Das ist der Grund, warum ich mich mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln wehre und wieder in das Amt des Oberbürgermeisters zurück möchte. Nur das, und nichts anderes. [...] Nach meinen Erlebnissen trau ich manchen Staatsanwälten und Beamten der Kriminalpolizei nur noch begrenzt. Aber den Gerichten sehr wohl. So hat ein Beschluss des Landgerichts zu meiner Freilassung geführt und zwar ein Beschluss, der mir in einigen Punkten nicht und in anderen Punkten schon recht gegeben hat. Deshalb will ich weiter glauben, dass Gerichte sehr wohl differenziert und ohne äußere - im Übrigen vor allem mediale Einflüsse - urteilen werden. Und darüber bin ich wirklich froh. Wäre es nämlich nach der Staatsanwaltschaft gegangen, säße ich wohl heute noch in Haft." Joachim Wolbergs
Bereits am Donnerstag hatte sich Wolbergs' Verteidiger Peter Witting in einer Pressemitteilung zu Wort gemeldet und der Staatsanwaltschaft Regensburg schwere Vorwürfe gemacht. Diese habe unzureichend ermittelt, entstandene Lücken seien "durch bloße Spekulationen und Mutmaßungen" gefüllt worden. So seien die Ermittlungsbehörden lediglich der Arbeitshypothese "Korruption im Rathaus" gefolgt. Entgegenstehende Aspekte seien entweder "gar nicht erst ermittelt oder schlicht ausgeblendet worden", heißt es in einer schriftlichen Erklärung des Münchner Strafrechtlers.
Intime Telefonate nicht gelöscht
In diesem Zusammenhang wirft Witting der Staatsanwaltschaft auch vor, bei der Telefonüberwachung "verfassungsrechtlich geschützte Kernbereiche privater Lebensführung in inakzeptabler Weise missachtet" zu haben. Die Staatsanwaltschaft soll nach Ansicht des Verteidigers intime Telefonate und Anwaltsgespräche nicht gelöscht haben. Außerdem habe man sich laut Verteidiger Peter Witting nur auf belastende Passagen in den Telefonaten gestürzt und entlastende ausgeblendet haben. Die belastenden Passagen seien darüber hinaus von der Polizei unzureichend abgeschrieben worden. Die Staatsanwaltschaft weist die Vorwürfe zurück.
Die Anklage
Die Staatsanwaltschaft hat Wolbergs unter anderem wegen Bestechlichkeit angeklagt. Er soll einen Unternehmer bei der Vergabe eines früheren Kasernenareals im Oktober 2014 bevorzugt haben. Im Gegenzug soll der Firmenchef an die Regensburger SPD von September 2011 bis März 2016 rund 475.000 Euro gespendet haben. Der Bauträger, ein früherer Mitarbeiter des Unternehmers und der ehemalige Fraktionsvorsitzende der SPD im Regensburger Stadtrat sind ebenfalls beschuldigt.