In der Regensburger Korruptionsaffäre hat der Verteidiger des suspendierten Oberbürgermeisters Joachim Wolbergs (SPD), Peter Witting aus München, der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, unzureichend ermittelt zu haben. Entstandene Lücken seien "durch bloße Spekulationen und Mutmaßungen" gefüllt worden, so Witting.
Ermittler folgten Arbeitshypothese
Die Ermittlungsbehörden seien lediglich der Arbeitshypothese "Korruption im Rathaus" gefolgt. Entgegenstehende Aspekte seien "entweder gar nicht erst ermittelt oder schlicht ausgeblendet worden", heißt es in einer schriftlichen Erklärung des Strafrechtlers. In diesem Zusammenhang wirft Witting der Staatsanwaltschaft auch vor, bei der Telefonüberwachung "verfassungsrechtlich geschützte Kernbereiche privater Lebensführung in inakzeptabler Weise missachtet" zu haben.
Anklage rechtlich fehlerhaft
Auch aus rechtlichen Gründen ist laut Witting die Anklage fehlerhaft. So habe die Staatsanwaltschaft eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2004 "nicht in gebotener Weise berücksichtigt". Damals habe der BGH eine wesentliche Einschränkung der Korruptionsdelikte im Zusammenhang mit der nicht nur erlaubten, sondern verfassungsrechtlich sogar "erwünschten Einwerbung von Wahlkampfspenden" vorgenommen.
Stellungnahmen werden geprüft
Die Stellungnahmen der Verteidigung werden jetzt geprüft. Da diese sehr umfangreich sind und über mehrere Hundert Seiten plus Anhänge verfügen, wird dies einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts unter Richterin Elke Escher muss nun entscheiden, ob die im Sommer erhobenen Anklagen gegen den suspendierten Oberbürgermeister Joachim Wolbergs, den Bauunternehmer Volker Tretzel und zwei weitere Beschuldigte zur Hauptverhandlung zugelassen werden. Wolbergs wirft die Staatsanwaltschaft unter anderem Bestechlichkeit vor.