Jeden Tag um halb zehn: Zur großen Pause steuern Schülerinnen und Schüler den Hühnerstall neben dem Schulhof an. Sie kümmern sich um den Hahn "Günter" und die vier Hennen. Mit allem, was dazu gehört: Füttern, für frisches Wasser sorgen, ausmisten, gelegte Eier einsammeln. Ein Projekt, das es so oder so ähnlich nicht nur an der Jacob-Curio-Realschule im unterfränkischen Hofheim gibt. Verantwortliche erhoffen sich verschiedene positive Effekte.
Tiere versorgen – verantwortungsvolle Aufgabe für Schüler
Die Jacob-Curio-Realschule in Hofheim ist mit etwa 275 Schülerinnen und Schülern die kleinste staatliche Realschule in Bayern. Um die Hühner dort kümmern sich überwiegend Schülerinnen, Kinder und Jugendliche von der fünften bis zur zehnten Klasse. Es gehört für alle dazu, sich auch in den Ferien, an den Wochenenden und an Feiertagen um die Hühner zu kümmern. Für die täglich anfallenden Arbeiten im Hühnerstall teilen sich die Schülerinnen und Schüler selbständig ein.
"Gut, dass die Schüler lernen, mit den Tieren umzugehen"
Leonie und Xenia sind fast in jeder Pause am Stall. Sie freuen sich über das tierische Projekt der Schule, Leonie beispielsweise berichtet, dass ihre Oma selbst Hühner hat. "Und ich mag die Freundschaft mit Hühnern und füttere sie gerne", so die Schülerin. Xenia fügt hinzu: "Mir ist es auch wichtig, dass es den Hühnern gut geht und dass sie hier eine Art 'schönes Leben' haben."
Auch die beiden Zehntklässlerinnen Anna und Alina machen den "Hühnerdienst" an der Realschule. Die beiden lieben die Beschäftigung mit den Tieren: "Ich finde, das ist eine gute Alternative zu dem ganzen Schulzeug die ganze Zeit", sagt Anna und Alina ergänzt: "Und es ist auf jeden Fall gut, dass die Schüler lernen, mit den Tieren umzugehen."
Schuldirektor: Tägliches Leben ging die vergangenen Jahre verloren
Sandra Wöhning, Schulsekretärin der Jacob-Curio-Realschule, hält selbst in ihrem Garten Hühner. Ihre Erfahrung war, dass das unproblematisch ist und so das Verantwortungsbewusstsein bei den Schülerinnen und Schülern fördern könnte: "Das echte Tier einmal anzulangen, auch bei schlechtem Wetter in den Hühnerstall rauszugehen, auch zu sehen, dass ein Huhn nicht immer gesund ist. Und dass ein Huhn nicht immer nur gut gelaunt ist, dass es da auch Probleme gibt. Das fand ich einfach schön, wenn Kinder das mal wieder sehen können", sagt sie.
Stefan Wittmann, der Direktor der Jacob-Curio-Realschule in Hofheim, war von der Idee seiner Mitarbeiterin Sandra Wöhning von Anfang begeistert und ließ schließlich ein Hühnergehege bauen. "Ich finde das total Klasse, weil in den letzten Jahren hieß es immer nur: Digitalisierung, Digitalisierung. Wir waren an der Schule der Meinung, dass das tägliche Leben verloren ging", sagt Wittmann.
Defizite an Schulen in den Corona-Jahren
Schulen stellen bundesweit fest, dass während der Corona-Pandemie Wissenslücken und Lernrückstände entstanden sind. Verschiedene Faktoren, die mit der Pandemie zusammenhängen, belasten Kinder und Jugendliche. Im Juli diesen Jahres warnte etwa auch der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, vor coronabedingten dauerhaften Bildungsrückständen bei Schülern. Die Defizite, die sich durch Unterrichtsausfall und Fernunterricht in den Corona-Jahren bei vielen Schülern angestaut hätten, seien noch immer erheblich. Und mit Bildungsrückständen steigt häufig auch der Druck auf Schülerinnen und Schüler.
Mehr Wertschätzung durch Umgang mit Natur und Lebewesen
Projekte wie das der Jacob-Curio-Realschule können Abwechslung und Ablenkung für die Schüler bringen und ihnen gleichzeitig Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein vermitteln – so die Erfahrungen der Schule. Die Kinder und Jugendlichen bringen sich gerne bei der Hühnerpflege ein, wie sie BR24 berichten.
Mit dieser tierischen Idee ist die unterfränkische Realschule nicht allein in Bayern. Auch an der Grund- und Mittelschule Teisnach sind Hühner in den Schulalltag integriert. Die Kinder dort empfinden die Schulhühner als willkommene Abwechslung zum Lernen und alles andere als langweilig. Dort im Bayerischen Wald kam die Idee von Schulleiterin Irene Luber: "Weil viele Kinder gar nicht wissen, wo die Lebensmittel herkommen." Luber will bei den Kindern auch die Wertschätzung für Natur und Lebewesen fördern oder zeigen, wie lang es eigentlich braucht, bis ein Ei gelegt ist.
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