Chemiefabrik Fibres in Kelheim
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Knappes Erdgas: Chemie-Unternehmen muss wieder auf Öl setzen

Kelheim Fibres hat einen hohen Energiebedarf. Der wird aktuell mit Erdgas gedeckt. Nun ist die Gas-Versorgung bedroht und damit die Produktion: "Ohne Energie müssten wir sofort abstellen", so der Chef. Deshalb geht es nun zurück zum Öl - widerwillig.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Niederbayern am .

Eigentlich war das Kapitel Öl bei Kelheim Fibres schon abgeschlossen: Es ist noch nicht lange her, da wurde die Energieversorgung des Standorts auf Erdgas umgestellt. Die alten, weniger effizienten und noch klimaschädlicheren Heizöl-Anlagen zur Wärme und Stromerzeugung waren Geschichte - so dachten die Verantwortlichen.

Unternehmen ohne Energie in großen Schwierigkeiten

Doch die Situation ist mittlerweile eine andere. Russland ist kein zuverlässiger Gas-Lieferant mehr, die Preise gehen durch die Decke und am schlimmsten: Die Versorgungssicherheit ist bedroht. Unternehmen wie Kelheim Fibres bringt das in enorme Bedrängnis und zurück zum Öl.

Kelheim Fibres stellt chemisch bearbeitete Spezial-Fasern her, zum Beispiel Viskose für Tampons, Damenbinden oder feuchte Wischtücher. Als Ausgangsstoff dient Zellulose, die aus Holz gewonnen wird. Nach eigenen Angaben ist die Firma der drittgrößte Energieverbraucher Bayerns.

Der Standort verbrauche in etwa so viel Strom und Wärmeenergie wie die komplette Stadt Regensburg, sagt Geschäftsführer Craig Barker. Erdgas sei für das Unternehmen daher essenziell. "Ohne Energie können wir unsere Prozesse nicht fahren. Wir müssten sofort abstellen", so der gebürtige US-Amerikaner.

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Viskose-Fasern für die Herstellung von Tampons

Umrüstung kostet eine Million Euro

Schnelle Einsparungen seien zudem kaum möglich. Bei der Effizienz sei man bereits am Limit. Das Kesselhaus zur Strom- und Dampfwärme-Erzeugung sei dank Erdgas "hocheffizienz", sagt Barker, und arbeite mit einem Wirkungsgrad von weit über 90 Prozent. Doch das hilft wenig, sollte Erdgas in den nächsten Monaten knapp werden.

Gut für das Unternehmen: Der Reserve-Kraftwerkskessel kann mit verschiedenen Brennstoffen gefahren werden. Deshalb könne jetzt mit relativ wenig Aufwand wieder auf Öl zurück gerüstet werden, sagt Barker. Die Kosten liegen trotzdem bei rund einer Million Euro. Und ähnliche Überlegungen gebe es derzeit bei vielen Unternehmen in der Branche, betont Barker.

Widerwillig zurück zum Öl

Man merkt ihm an, gerne geht er diesen Schritt nicht, auch aus Klimaschutz-Gründen. Das Unternehmen sehe sich als einen wichtigen Teil des europäischen "Green New Deals", sagt der Geschäftsführer. Doch bei einem Gas-Stopp bliebe sonst nur die Option, die Firma und die ebenfalls angeschlossenen Nachbarbetriebe am Standort mit zusammen rund 700 Mitarbeitenden vorübergehend zu schließen. Auch die Kunden würden das bald zu spüren bekommen. In rund 80 Prozent aller weltweit produzierten Damen-Hygieneprodukte befinden sich laut dem Unternehmen Fasern aus Kelheim.

Mittelfristig will Kelheim Fibres deshalb auch ganz von fossilen Energieträgern wegkommen, um die Abhängigkeit zu verringern. Schon heute decke beispielsweise die Schwefelsäure-Produktionsanlage am Standort mit ihrer Abwärme etwa 15 Prozent des Energiebedarfs, und das klimaneutral. Es gibt Überlegungen, das noch auszubauen, sagt Craig Barker. Doch bei dem enormen Energiebedarf von monatlich 60.000 Megawattstunden bei Kelheim Fibres müssen zusätzlich noch andere Lösungen her.

Wasserstoff noch nicht ausreichend vorhanden

Das Unternehmen denkt deshalb auch an Bio- und Holzgas. Außerdem unterstützt es die Initiative der Stadt Kelheim, einen großen Standort für grünen Wasserstoff aufzubauen. Doch bis das geplante Zentrum tatsächlich Wasserstoff bereitstellen kann, werden noch Jahre vergehen. Auch ist noch unklar, ob die Mengen dann reichen werden, um auch einen Großverbraucher wie Fibres versorgen zu können. Das alles zusammen lässt mittelfristig nur eine Alternative zu: Öl. Das sei immerhin weltweit ausreichend vorhanden, heißt es bei Kelheim Fibres.

Die Zukunft für die energieintensive chemische Industrie im Land sieht Barker kritisch. Die Unternehmen bräuchten Unterstützung, ansonsten würden die betroffenen Industriezweige irgendwann abwandern müssen. Es sei dem Klima aber nicht geholfen, wenn die Produkte von Kelheim Fibres künftig von Konkurrenten in Asien produziert werden, die ihren Energiebedarf noch mit Braunkohle decken, so Barker. "Wir unterstützen die Umstellung auf CO2-neutrale Brennstoffe voll. Aber wir brauchen dafür Zeit und diese Zeit muss uns die Politik geben", sagt Barker.

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Industrieanlagen bei Kelheim Fibres

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