Zebuhalterin Ramona Hauff streichelt ein weißes Zeburind.
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Zwergzebus: kleine Rinder, großer Nutzen

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Kleine Rinder, großer Nutzen: Neu-Ulm und seine Zwergzebus

Kleine Rinder, großer Nutzen: Neu-Ulm und seine Zwergzebus

Zwergzebus sind widerstandsfähig, wehrhaft und nehmen es sogar mit dem Wolf auf, ihr Fleisch wird von Gourmets geschätzt. Die kleinen Rinder haben noch andere Stärken – und spielen diese nun in Neu-Ulm aus. Zeit für einen Ortsbesuch.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Sandra Lützel steht auf einer Wiese in Neu-Ulm – zusammen mit gut einem Dutzend gemütlich grasender Zwergzebus, die in diesem Moment die andernfalls dringend benötigte elektrische Mähmaschine ersetzen. "Schön für uns", sagt Lützel, Pressesprecherin der Stadt Neu-Ulm. Schließlich spare man dank der Tiere nicht nur Kosten. "Die Zwergzebus sind auch gut für den Boden."

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Das Gewicht der Rinder sei kein Problem für den Boden, ergänzt Ramona Hauff, die Halterin der Zebus. Sie sagt: Auch wenn es auf der Wiese feuchter werde, habe man kaum Trittschäden. Die Tiere würden kaum einsinken.

Leichtgewicht unter den Rindern

Dabei kommt den Zebus (und auch der Stadt Neu-Ulm) das geringe Gewicht der Tiere zugute: Sie sind deutlich kleiner als gewöhnliche Rinder und werden am Widerrist – dem Übergang vom Hals zum Rücken – nur etwa 80 bis 130 Zentimeter groß. Außerdem sind sie wesentlich leichter. Zebu-Bullen wiegen rund 450 Kilogramm, die Kühe etwa 300 Kilo, damit sind sie rund halb so schwer wie die uns vertrauteren Hausrinder.

Hauff streichelt den Tieren über den markanten Buckel – eine Art Markenzeichen der ursprünglich in Südostasien beheimateten Zebus. Er besteht überwiegend aus Muskelfleisch, anders als etwa in den Höckern von Kamelen ist darin kein Fett gespeichert. Bei den Bullen ist der Buckel stärker ausgebildet als bei den weiblichen.

Ortswechsel. Im nahe gelegenen Ballendorf steht Erwin Mayer vor seinen Bullen, von denen zwei gerade miteinander rangeln. Mayer züchtet Zebus, seit 13 Jahren schon. "Schockverliebt" sei er damals gewesen von dieser Rasse, "die nicht jeder hat" und die eine spannende Entwicklung durchlaufe. Mayer spielt damit unter anderem auf die Fellfarbe an. Während Kälber häufig ein rot-weißes Fell haben, sind bei den ausgewachsenen Tieren schwarz, braun und weiß die dominierenden Töne.

Gourmets schätzen Zebufleisch

Zebus gelten als genügsam, robust und orientierungsstark. Nicht jedes Tier eignet sich jedoch für den Einsatz auf Wiesen und Höfen, wie Experte Mayer erläutert: Wenn ein Zebu Verhaltensauffälligkeiten zeige, wolle er es nicht an andere Landwirte weiterverkaufen – vielmehr werde es geschlachtet. Der kleine Kühlraum auf seinem Hof ist gefüllt mit Würsten. Das dunkle und überwiegend magere Fleisch der Zebus gilt als Delikatesse. Der intensive Geschmack ähnelt Mayer zufolge demjenigen von Wildtieren.

Die exotischen Rinder sind außerdem sehr wehrhaft. Züchter Mayer erzählt von einem Bekannten, dem ein Wolf binnen eines Vierteljahres gleich drei Kälber Fleckvieh gerissen und der sich daraufhin Zebus angeschafft habe. Sogleich hätten nahezu alle Herdenschutzhunde bei einem "Test" die Flucht ergriffen, der letzte sei vom Zebu-Bullen von der Weide verjagt worden. Seither tauche der Wolf nicht mehr auf, sagt Mayer. Obwohl ein ganzes Wolfsrudel in einem nah gelegenen Wald lebe.

Zebufleisch – bald auch im Discounter?

Stehen Zebus angesichts all dieser Stärken hierzulande nun vor einer großen Zukunft?

Erika Sauer, Vorsitzende des Fleischrinderverbands Bayern, sagt: Es habe immer wieder gewisse Trends gegeben. Als Beispiele nennt sie schottische Hochlandrinder, Galloways oder Dexter – zuletzt vermehrt auch heimische Rassen wie Pinzgauer, weil diese vom Freistaat gefördert würden. Ein Massenprodukt für den Discounter seien solche Rassen eher nicht, denn die Kälber blieben mehrere Monate bei den Kühen "und so gibt es keine Milch". Zudem fällt auch weniger Fleisch ab als bei herkömmlichen Rindern, noch dazu ist es teurer.

Verbandschefin Sauer wünscht sich hier einerseits ein bewussteres Konsumverhalten ("Der Wunsch nach mehr Tierwohl spiegelt sich nicht immer im Kaufverhalten der Kunden"), andererseits mehr Flexibilität vonseiten des Lebenshandels. Die Supermärkte wollen gleichbleibende Produkte, "nicht einmal Zebu und dann wieder eine andere Rinderrasse". Doch das könnten die kleinen Höfe nur schwer liefern; viele würden deshalb ihre Waren oft über Hofläden verkaufen.

Dornen auf dem Speiseplan

Zurück nach Neu-Ulm. Dort drängt sich noch eine Frage auf: Warum hat man nicht einfach Schafe auf die Wiese gestellt? Diese seien wählerisch und würden viele Pflanzen nicht mögen, sagt Neu-Ulms Pressesprecherin Sandra Lützel. Man müsste also viele Tiere auf die Fläche bringen, damit diese gut abgegrast werde. Die Zebus hingegen würden sogar Dornengestrüpp fressen, mit ihrer "Mähleistung" ist die Stadt mehr als zufrieden. Hinzu komme: In Natur- und Landschaftsschutzgebieten sorgen die Tiere sogar dafür, dass Feuchtwiesen nicht "verbuschen" und ein artenreicher Lebensraum erhalten werden kann.

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