Rainer Krischkes Wohnhaus befindet sich im Wasserschutzgebiet. Normalerweise darf dort ja gar nicht gebaut werden – aber in Hohenschwangau waren die Häuser zuerst da.
"Durch das Wasserschutzgebiet wird mein Gebäude und mein Grundstück massiv entwertet. Ich glaube nicht, dass man verkaufen darf oder was am Gebäude ändern kann." Rainer Krischke, Anwohner Hohenschwangau
Wasserschutzgebiete seit 2016
Das Wasserschutzgebiet der Stadt Füssen liegt erst seit 2016 auf dem Grund der Nachbargemeinde. Aufgrund neuer Messungen musste das Landratsamt das Gebiet verlegen, erklärt der Füssener Bürgermeister Paul Iacob.
"Wir haben in der Vergangenheit an verschiedenen Orten in der direkten Umgebung geprüft, nachgeschaut: Welche Möglichkeiten gibt es. Das war alles für die Stadt Füssen ergebnislos. Auf Füssener Grund haben wir keine Möglichkeit, Wasser zu holen." Paul Iacob, Bürgermeister Füssen
Hohenschwangau hat Zweifel.
"Nach Aussage der Fachleute ist im Bereich Tal, also Weißensee bei Füssen, wohl Möglichkeiten gegeben, dass das Wasser gewonnen werden könnte. Das aber nicht mehr aktuell untersucht worden ist, sondern auf Ergebnisse der 80er Jahre aufgebaut worden ist." Klaus Lang von der Gemeinde Hohenschwangau
Streit zwischen Stadt und Gemeinde
Stadt und Gemeinde sind sich uneins – ausbaden müssen die Sache die Betroffenen in Hohenschwangau. Wer im Wasserschutzgebiet lebt, muss sich an Auflagen halten, klagt Ludwig Wacker.
"Zum Beispiel Überprüfung der Öltanks. Es dürfen keine Sickerschächte mehr bei den Häusern sein, also das Wasser muss oberflächlich versickert werden. Das bedeutet für uns sehr hohe Aufwendungen, das Ganze umzubauen. Und auch die regelmäßige Drucküberprüfung der Leitungen ist ein sehr hoher Aufwand. Hier fallen einfach laufend in kürzeren Abständen immer wieder Kosten an. Das Ganze läuft über 30, 40 Jahre und das summiert sich einfach auf." Ludwig Wacker
Bürgerinitiative verklagt Freistaat Bayern
Kosten, die die Hohenschwangauer nicht tragen wollen. Etwa 90 Betroffene haben sich zu einer Bürgerinitiative zusammengetan und den Freistaat Bayern verklagt. Was sie besonders ärgert: Landwirte, die wegen eines Wasserschutzgebiets Ertragseinbußen haben, bekommen laut Gesetz eine Entschädigung. Hauseigentümer und Firmen aber nicht. Otto Hünnerkopf, CSU-Politiker und Mitglied im Umweltausschuss des Bayerischen Landtags, sieht darin kein Problem.
"Es ist ja unser Gemeinwohlinteresse, dass wir grundsätzlich dafür sorgen, dass jedermann beiträgt, dass wir dieses gesunde, gute Wasser haben. Und dann geht es darum, dass ist die Sozialpflicht, dass ich nach meinen Möglichkeiten auch eine geringe Belastung hinnehmen muss, um dazu beizutragen." Otto Hünnerkopf, CSU
Hünnerkopfs Umweltausschuss-Kollege von den Grünen, Christian Magerl, ist anderer Meinung.
"Das empfinde ich als ungerecht, die einen bekommen was, die anderen nur bei besonderer Härte, das Gesetz muss an dem Punkt geändert werden." Christian Magerl, Grüne
Streit geht vor Gericht
Die Hohenschwangauer können sich zwar jetzt schon auf eine Härtefallregelung berufen. Aber die müssen sie sich juristisch erstreiten. Ludwig Wacker hält das für einen sehr mühsamen Weg.
"Der Bürger wird sehr stark gefordert und muss über Jahre hin dafür kämpfen, das er sein Recht bekommt. Es wird massiv ins private Eigentum eingegriffen. Es kommt einfach von oben herab die Verordnung, die wird drüber gestülpt – und der Bürger muss dagegen vorgehen." Ludwig Wacker
Die Bürgerinitiative hofft jetzt, dass ihre Klage Erfolg hat.
"Dass vielleicht doch irgendwas geschieht, das uns entschädigt, auf irgendeine Art und Weise. Oder dass die Stadt Füssen doch gezwungen wird, ein anderes Wassergebiet zu finden." Rainer Krischke, Anwohner Hohenschwangau
Schwangau hat sich hinter seine Bürger gestellt und ebenfalls geklagt. Klaus Lang von der Gemeinde befürchtet, dass das Wasserschutzgebiet die Entwicklung des Ortes behindern könnte. Es geht aber auch ums Prinzip.
"In der Regel sollte ja jede Kommune für sich selbst das Wasserschutzgebiet auf seiner eigenen Gemarkung versuchen, sicherzustellen und nicht das Problem auf die Nachbargemeinde und auf die Bürger abwälzen." Klaus Lang von der Gemeinde Hohenschwangau
Wie der Streit ausgeht, müssen nun die Richter entscheiden.