Friedel Lahs mit ihrer Freundin Kitty Neustätter vor einem Bauernhof
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Friedel Lahs mit ihrer Freundin Kitty Neustätter vor einem Bauernhof

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Kitty Neustätter – verfolgt, deportiert, ermordet

Kitty Neustätter – verfolgt, deportiert, ermordet

Sie steht 1941 als eine von 1.000 Münchner Juden auf einer Deportationsliste. Für Kitty Neustätter ist es das Todesurteil. Doch die Filme, die ihr Mann Rupprecht gedreht hat, blieben erhalten und sind nun erstmals in Kontrovers - Die Story zu sehen.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Gabriele Heyde hütet das Erbe ihrer Mutter wie einen Schatz. Fotoalben, Zeitungsartikel und fast 100 Jahre alte Filme. Die meisten in schwarz-weiß gedreht, einige auch schon in Farbe. Darauf zu sehen: Friedel, die Mutter von Gabriele Heyde, gemeinsam mit deren bester Freundin Kitty Neustätter. Die beiden Frauen füttern Hühner, hüten Kühe und reiten gemeinsam aus. Kittys Ehemann hält die scheinbare Idylle im Süden von München Ende der 1930iger Jahre mit seiner Kamera fest. Es sind Alltagssituationen auf einem Bauernhof.

Doch Kitty und ihr Mann Rupprecht sind Juden. Sie werden zum Zeitpunkt der Aufnahmen bereits vom NS-Regime verfolgt. Kontakte zu Nicht-Juden sind längst unerwünscht. Aber Friedel Lahs kümmerte das offenbar nicht. "Meine Mutter hat sich da nicht reinreden lassen. Sie hat sich die Freundschaft zu Kitty und deren Mann nicht verbieten lassen," erklärt Gabriele Heyde in Kontrovers - Die Story.

"Freundin ihres Lebens"

Heyde ist mit den Geschichten der innigen Freundschaft ihrer Mutter zu Kitty aufgewachsen: "Kitty war einfach die Freundin ihres Lebens." Die Fotos und Filme der Neustätters hatte zunächst Friedel und später dann ihre Tochter über Jahrzehnte aufbewahrt. Es handelt sich dabei nicht nur um persönliche Erinnerungsstücke, sondern um wertvolle Dokumente der Zeitgeschichte. Denn private Fotos oder gar Filme von jüdischer Seite aus dieser Zeit sind kaum erhalten.

Im Video: Kontrovers - Die Story: Kitty Neustätter · Verfolgt, deportiert, ermordet

Erfolgreiche Turnierreiterin

Kitty Neustätter kam 1902 in Wien zur Welt, als Jugendliche zog sie mit ihren Eltern nach München. Sie studierte Nationalökonomie, ihre Leidenschaft galt aber den Pferden. Sie war sowohl als Spring- als auch als Dressurreiterin bei vielen Turnieren überaus erfolgreich. Veronika Heyde, die Enkeltochter von Friedel ist Historikern und begibt sich in Kontrovers - Die Story auf Spurensuche der Freundschaft ihrer Großmutter zu Kitty.

Eine Frage, die die Nachkommen seit jeher beschäftigte, ist, wie sich die beiden Frauen einst kennengelernt haben. Eine Spur dazu führt ins Bayerische Hauptstaatsarchiv. Hier findet Veronika Heyde die Gründungsurkunde des Bayerischen Reitvereins. "In dem Verzeichnis der Gründungsmitglieder sind eine Frau Neustätter aus München und ein Wilhelm Lahs, der damalige Mann meiner Großmutter, aufgelistet. Das ist also ein deutliches Indiz dafür, dass sich Kitty und meine Großmutter Friedel 1928 gekannt haben müssen."

Verfolgung und Deportation dokumentiert

Ende der 1920iger Jahre konnten die Neustätters in München noch ein unbeschwertes Leben führen. Doch mit der NS-Machtergreifung verschlechtern sich die Lebensbedingungen. Die Firma von Rupprechts Familie wird arisiert und Kitty und ihr Mann müssen ihre Wohnung in der Prinzregentenstraße verlassen.

Veronika Heyde vollzieht an Originalschauplätzen nach, wo die Verfolgung der Neustätters stattgefunden hat. Zum Beispiel am ehemaligen Bahnhof München-Milbertshofen: Von dort wurden am 20. November 1941 1.000 Jüdinnen und Juden aus München verschleppt. Ein Fotograf des NS-Regimes hat die Deportation fotografiert.

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Am 20. November 1941 werden 1.000 Münchner Juden vom Lager zum Bahnhof Milbertshofen geführt. Dort wartet ein Sonderzug auf sie.

Historiker Maximilian Strnad von der Stadt München erläutert Heyde dazu vor Ort: "Ich finde dieses Bild besonders bedrückend, denn das muss ja ganz kurz bevor der Zug weggefahren ist, aufgenommen worden sein. Und wir wissen ja, dass Kitty und Felix Rupprecht Neustätter in dem Zug saßen." Der Zug fuhr nach Kaunas in Litauen.

Veronika Heyde reist mehr als 80 Jahre später auch an den Ort, an dem die beste Freundin ihrer Großmutter brutal ermordet wurde, um die letzten Lebenstage von Kitty Neustätter nachzuvollziehen.

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