Diese hundert Jahre alten Kinderzeichnungen sind jetzt Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes.
Die Kinderzeichnungen aus der Weimarer Republik, rund 4.500 Originale, gehören nun zum "Gedächtnis der Menschheit". Gemalt haben sie Schülerinnen und Schüler der Steiner Volksschule in Mittelfranken in den Jahren 1924 bis 1929. Diese Zeichnungen lagern im Nürnberger Schulmuseum der Friedrich-Alexander-Universität. Jetzt sind sie Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes.
Farben, Linien, Papier – alles ist bestens erhalten. Darauf zu sehen sind zum Beispiel bunte Vögel, minutiös gezeichnete Blumenkränze, Weihnachtskrippen mit Engeln, kurz: alles, was Kinder auch heute noch gerne malen.
Kinderzeichnungen als Dokumente der Nachkriegszeit
Reformpädagoge Wilhelm Daiber, einst Lehrer der Steiner Volksschule, wollte für nachfolgende Generationen festhalten, wie Kinder der 1920er-Jahre ihre Welt wahrnahmen. Das Jahrzehnt war noch immer geprägt von den Leiden des Ersten Weltkriegs. Hochwertige Malutensilien waren für die meisten Kinder unzugänglich, Daiber investierte deshalb für seine Schülerinnen und Schüler. Die stammten überwiegend aus Arbeiterfamilien. Nach dem Unterricht mussten die meisten helfen, den Lebensunterhalt mit zu erwirtschaften. Es war eine Zeit der Entbehrungen, in der die Förderung kindlicher Kunst alles andere als selbstverständlich war.
Wilhelm Daiber, Förderer und Reformpädagoge
Wilhelm Daiber ermutigte und förderte seine Schützlinge über Jahre zum Zeichnen. Der Reformpädagoge setzte auf freie Entfaltung, verbesserte die Kinder nicht und ließ sie fantasievoll wirken. Daiber sammelte die Bilder, sortierte, kategorisierte und publizierte seine Beobachtungen. Die Schülerzeichnungen wurden ein wichtiger Bestand der Schulgeschichtlichen Sammlung des Schulmuseums Nürnberg.
Aufnahme in UNESCO-Liste: "Paukenschlag" und "großartiger Erfolg"
Nach einer siebenjährigen Bewerbungsphase stuft die UNESCO 4.500 Zeichnungen als Weltdokumentenerbe ein, gemeinsam mit 17 weiteren Sammlungen aus aller Welt. Mathias Rösch, der Leiter des Nürnberger Schulmuseums, spricht von einem "Paukenschlag, dass historische Kinderzeichnungen diesen Status erhalten".
Die Aufnahme der Kinderzeichnungen aus der Weimarer Republik in das UNESCO-Weltdokumentenerbe sei die Belohnung für intensive, konsequente Arbeit und ein "großartiger Erfolg für die historischen Sammlungen der Universität", so der Präsident der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Joachim Hornegger. "Dass man vor 50 Jahren schon eine Sammlung pflegte, deren späterer Wert so nicht absehbar war, freut uns umso mehr."
Nürnbergs drittes UNESCO-Weltdokumentenerbe
Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König betonte in diesem Zusammenhang, dass Nürnbergs Status als Bildungsmetropole durch diese Auszeichnung unterstrichen werde. Es seien eben nicht nur Kinderzeichnungen, sondern viel mehr - und die UNESCO habe das erkannt. Aller guter Dinge seien zudem drei, so König wieter. Nürnberg freue sich damit über nunmehr drei Weltdokumentenerbe: die Goldene Bulle, den Behaim Globus und jetzt die herausragende schulgeschichtliche Sammlung 100 Jahre alter Kinderzeichnungen.
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