Laut eines Gutachtens, das die Landtagsgrünen in Auftrag gegeben hatten, wird in Bayern der Bedarf des Kiesabbaus rechtswidrig ermittelt.
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Laut eines Gutachtens, das die Landtagsgrünen in Auftrag gegeben hatten, wird in Bayern der Bedarf des Kiesabbaus rechtswidrig ermittelt.

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"Wildwuchs": Wie rechtswidrig ist der Kiesabbau in Bayern?

Offenbar wird in Bayern der Bedarf des Kiesabbaus rechtswidrig ermittelt. Das geht aus einem Gutachten hervor, das die Landtags-Grünen in Auftrag gegeben hatten. Das Wirtschaftsministerium will nichts ändern. Mehrere Klagen gegen Kiesabbau laufen.

Als Christian Hierneis, Vorsitzender vom Münchner Bund Naturschutz, durch ein Wäldchen stapft, rattern mehrere Transportfahrzeuge einer Kiesabbaufirma vorbei. Die Firma betreibt hier eine Kiesaufbereitungsanlage und will deshalb in unmittelbarer Nähe Kies abbauen, sagt Hierneis. Dafür soll das vier Hektar große Wäldchen im Süden von München gerodet werden.

"Ein wunderbarer Mischwald, artenreich, viele Amphibien, Klimaschutzwald", erklärt Hierneis. Doch der Schutzstatus des Wäldchens ist nicht hoch genug, bedauert Hierneis. Gegen die Rodung hat der Bund Naturschutz deshalb Klage beim Verwaltungsgericht München eingereicht.

Gutachten: Kiesabbau-Planung verstößt gegen geltendes Recht

Kies ist ein wichtiger Rohstoff für Zement und Beton. Doch wie viel Kies braucht man, um in Bayern alle Bauvorhaben zu realisieren? Das zu ermitteln, ist Aufgabe der 18 regionalen Planungsverbände. Sie sollen für ihre Region entscheiden, wie viel Kies benötigt wird und wo wie viel abgebaut werden kann - also zum Beispiel für die Region Main-Rhön, Südostoberbayern oder Westmittelfranken.

Doch nun zeigt ein Gutachten, welches die Landtags-Grünen bei der Frankfurter Kanzlei Philipp-Gerlach & Teßmer in Auftrag gegeben hatten und das dem BR vorliegt: Die Planungsverbände kommen ihrer Aufgabe nicht wirklich nach. Stattdessen würden Städte und Gemeinden Anträge genehmigen. Das bedeutet: Die Praxis der Bedarfsermittlung von Kies ist teilweise rechtswidrig.

Grüne: Rohstoffabbau in Bayern ist "Wildwuchs"

Laut Christian Zwanziger, Grünen-Sprecher für Landesentwicklung, führt diese Praxis zu einem "Wildwuchs" und zu unkontrolliertem, unökologischem Rohstoffabbau. "Dann findet halt Abbau dort statt, wo ein Antrag gestellt wird." Mit einer vorausschauenden Politik und mit Umweltschutz hat das nichts zu tun, so Zwanziger. Denn das Abwägungsgebot schreibt vor, dass der Bedarf "auf realistischen Annahmen" ermitteln werden soll. Auch müssen Alternativen geprüft werden, beispielsweise alten Rohstoff zu recyceln.

Grüne fordern konsequente Ausweisung von "Vorranggebieten"

Zwanziger fordert, dass nur noch in ganz bestimmten Gebieten Kies abgebaut werden darf. Nämlich in sogenannten Vorranggebieten - also Gebieten, wo vorrangig vor allen anderen Rohstoffen Kies abgebaut werden darf. Und es sollte geklärt werden: "Wo ist es aus Umweltgesichtspunkten unkritisch, und welchen regionalen Bedarf gibt es überhaupt?" Aktuell gibt es in Bayern laut Wirtschaftsministerium rund 28.000 Hektar solcher Vorranggebiete. Doch das Gutachten zeigt: Häufig wird außerhalb solcher Vorranggebiete abgebaut.

Dem Wirtschaftsministerium ist "Wildwuchs" beim Kiesabbau "nicht bekannt". Wenn der Kiesbedarf ermittelt ist, werde das ohnehin von den Bezirksregierungen geprüft. Außerdem müssten die regionalen Planungsverbände offenlegen, welche Folgen ein Abbau für bestimmte Gebiete hat und wie diese Gebiete anschließend genutzt werden.

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