- Direkt zum aktuellen Artikel "Urteil: Fotografieren von Falschparkern ist erlaubt"
Darüber ärgern sich Viele: ein Auto mitten auf dem Radweg, in zweiter Reihe geparkt oder in der Feuerwehrzufahrt. Während es die meisten Leute wohl bei einem Kopfschütteln belassen, gibt es auch Menschen, die solche Falschparker fotografieren und bei der Polizei zur Anzeige bringen. Doch wie die Fälle zweier Männer aus München zeigen, ist das schwieriger als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Die beiden haben vom Landesamt für Datenschutzaufsicht eine Verwarnung bekommen und sollen nun je 100 Euro bezahlen. Dagegen klagen die beiden Männer nun vor dem Verwaltungsgericht in Ansbach. Das Gericht hat mit Blick auf den Datenschutz eine Grundsatzentscheidung angekündigt.
Falschparker in München fotografiert und der Polizei gemeldet
Heiner Fuhrmann und Andreas S. hatten in der Landeshauptstadt in sechs bzw. 17 Fällen Falschparker fotografiert und der Polizei gemeldet. Bei der Verhandlung am Verwaltungsgericht in Ansbach sagte Heiner Fuhrmann, er fahre seit vielen Jahren in München mit dem Rad zur Arbeit und sehe regelmäßig Falschparker. Über die Jahre habe er sechs Fälle zur Anzeige gebracht, über die er sich "besonders geärgert" habe. Er sei aber niemand, der in seinem Umfeld akribisch nach Fehlverhalten suche, so Fuhrmann. Außerdem obliege die Beurteilung der Polizei, ob bei den gemeldeten Falschparkern tatsächlich ein Fehlverhalten vorliege.
Verstoßen Fotos von Falschparkern gegen den Datenschutz?
Anfang des Jahres hatte Heiner Fuhrmann dann vom Landesamt für Datenschutzaufsicht eine Verwarnung bekommen. Er soll 100 Euro bezahlen. Die Behörde wirft ihm vor, personenbezogene Daten rechtswidrig verarbeitet zu haben. Im Fall von Andreas S. ist es ähnlich. Beide Männer wollen das nicht hinnehmen und zogen vor Gericht.
In der Verhandlung am Verwaltungsgericht in Ansbach schilderte eine Vertreterin des Landesamtes die Sichtweise der Behörde. Demnach seien auf den Fotos quasi immer gewisse Zusatzinformationen enthalten. Mal seien es andere Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer. Selbst ein Schaden an einem Auto oder ein darauf angebrachter Aufkleber könnten aber eine solche "Zusatzinformation" darstellen, so die Mitarbeiterin des Landesamtes. Wenn man einen Falschparker melden wolle, reiche es aus datenschutzrechtlicher Sicht aus, der Polizei den Ort, das KFZ-Kennzeichen und die Uhrzeit mitzuteilen.
Wie weit geht unser Datenschutz?
In der Realität reiche ein reiner Anruf bei der Polizei ohne jegliche Beweise aber wohl nicht aus, damit die Behörden ein Bußgeld gegen einen Falschparker verhängen, so Fuhrmanns Anwalt Remo Klinger. Seiner Meinung nach dürfe der Datenschutz auch nicht dazu führen, dass Bürgerinnen und Bürger das Fotografieren von Falschparkern unterlassen. "Das kann auch ganz grundsätzlich nicht richtig sein. Denn stellen Sie sich vor, Sie würden Zeuge einer Straftat werden bei der jemand verletzt wird. Und Sie dürften in diesem Moment, weil Sie ja nicht selber der Verletzte sind (…) kein Foto machen. Weil das wäre eine unberechtigte Datenverarbeitung", so Klinger. Im Fall der Falschparker hätten Bußgelder auch einen gewissen "erzieherischen Effekt". Es gehe also auch darum, künftige Fälle zu verhindern, so der Anwalt.
Kernfrage dreht sich um "berechtigtes Interesse"
Die Hauptfrage für das Gericht sei, ob es im Rahmen der Datenschutzgrundverordnung ein "berechtigtes Interesse" am Verarbeiten der Daten aus den Fotos gebe oder nicht, so Gerichtssprecher Timm Waldmann. Die Kammer müsse entscheiden, wie sich ein "berechtigtes Interesse" in diesem Fall definiert, "ob ich dafür eine persönliche Betroffenheit brauche oder ob es insgesamt schon im Interesse der Allgemeinheit liegt, wenn ich hier solche Verstöße melde", so Waldmann.
Nach der Verhandlung am gestrigen Mittwoch will das Verwaltungsgericht Ansbach am heutigen Donnerstag zunächst die Verfahrensbeteiligten über seine Entscheidung informieren – und dann auch die Öffentlichkeit.
Dieser Artikel wurde am 03.11.2022 aktualisiert.
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