"Kein Kuscheltier": Aiwanger hält Zugriff auf Bären für möglich
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Trittsiegel eines Braunbären im Schnee im Landkreis Miesbach

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"Kein Kuscheltier": Aiwanger hält Zugriff auf Bären für möglich

Bayerns Vize-Ministerpräsident Aiwanger kündigt nach der Bären-Attacke auf Schafe ein konsequentes Vorgehen an. "Wir schließen nichts aus in puncto Zugriff", sagte er dem BR. Umweltminister Glauber verspricht Tierhaltern Hilfe, Grüne mahnen zur Ruhe.

Über dieses Thema berichtete BR24live am .

Bayerns Wirtschaftsminister und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger zeigt sich nach dem Angriff eines Bären auf Schafe im oberbayerischen Landkreis Rosenheim besorgt. "Natürlich gehen von Bären für Tiere und Menschen besondere Gefahren aus", sagte der Vize-Ministerpräsident dem BR. Tiere wie Schafe oder Weiderinder gehörten mit zu seinem bevorzugten Beutespektrum. "Wir haben es im Trentino gesehen, dass auch Menschen zu Tode kommen können, wenn sich einfach Bären zu sehr den Menschen nähern."

Gleichzeitig seien Bären durch das Bundesnaturschutzgesetz besonders streng geschützt. Dennoch sehe er Zugriffsmöglichkeiten, sagte Aiwanger. "Wenn Bären gefährlich sind, wenn sie wiederholt auf Tiere übergreifen in der Nähe der Menschen, dann ist ihr Verhalten als kritisch bis gefährlich einzustufen."

Im aktuellen Fall seien die Verhaltensmuster des Bären noch nicht bekannt. "Wenn hier zu erwarten ist, dass eine direkte Gefahr für Menschen ausgeht, dann wird er am Ende vielleicht auch entfernt werden. Ich wäre dafür, das zu tun."

Aiwanger: "Auf Nummer sicher gehen"

Die Vermehrung des Bären ist für Aiwanger Grund für "ernste Sorge". Es kämen Bären über den Balkan sowie aus Norditalien "in unsere Region", beklagte der Minister. "Und bereits ein einzelner Bär wird in der Regel Ärger verursachen." Es sei traurig, dass es erst zu Sicherheitsrisiken für den Menschen kommen müsse, "bevor zugegriffen werden kann". Aus bayerischer Sicht müsse alles getan werden, um Gefahren für die Menschen zu minimieren.

Aiwanger stellte klar: "Wir schließen jetzt nichts aus in puncto Zugriff." Die Staatsregierung müsse sich alle Optionen offenhalten. Bären dürften nicht erstmal per se als Kuscheltiere gesehen werden - und ein Zugriff erst erwogen werden, wenn ein Mensch getötet werde. "Wir müssen hier wirklich auf Nummer sicher gehen."

Glauber: Bayern gut vorbereitet

Auch Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) betonte im BR-Interview, der Schutz der Menschen stehe im Mittelpunkt. Er verwies auf den Aktionsplan "Große Beutegreifer", der je nach Gefahreneinschätzung ein abgestuftes Vorgehen vorsieht: von der "Schadensprävention" über "Vergrämen" bis hin zum "Entfernen". Glauber sieht den Freistaat daher gut vorbereitet. Jede Maßnahme müsse in Betracht gezogen werden.

Den landwirtschaftlichen Betrieben in der betroffenen Region sagte Glauber Unterstützung zu. Bayern stehe an der Seite der Bäuerinnen und Bauern. Es werde natürlich eine Entschädigung für die Tiere geben, zudem seien Experten vor Ort, um die geschädigte Familie zu unterstützen.

Die Bauern in der Region rief er dazu auf, ihre Tiere abends in die Ställe zu treiben. "Und wir haben im Landesamt für Umwelt natürlich entsprechendes Zaunmaterial, das man sich jetzt ausleihen kann, um am Ende den Herdenschutz tatsächlich proaktiv zu gestalten."

FW-Umweltexperte sieht Handlungsbedarf

Der Freie-Wähler-Umweltexperte im Landtag, Benno Zierer, sieht dagegen die Staatsregierung in der Pflicht, zusammen mit Juristen eine Lösung zu finden, um die Lage "einigermaßen in den Griff zu kriegen". Seiner Meinung nach wird es eine friedliche Koexistenz zwischen Wolf, Bär und Mensch nicht geben. "In Zukunft eher noch weniger, weil die Populationen wachsen werden und dadurch die Probleme größer werden." Es müsse dafür gesorgt werden, "dass die Populationen nicht überhandnehmen".

Letztlich stehe man aktuell vor der Entscheidung: "Überlassen wir die Berge, das Voralpenland, den wilden Tieren - oder wollen wir dort Freizeitnutzung?" Ohne ein Eingreifen drohe auch der Verlust der kleinteiligen Landwirtschaft im Voralpenland, weil "die Bauern natürlich ihre Schafe und Rinder nicht mehr austreiben, wenn sie wissen, sie kommen dezimiert im Herbst herunter". Die FW-Landtagsfraktion erklärte das Wildtier im Kreis Rosenheim per Pressemitteilung bereits zum "Problembären".

Grüne: Keine Gefahr für Menschen

Nach Meinung des Sprechers für Umweltpolitik und Tierschutz der Grünen-Fraktion, Christian Hierneis, ist es Aufgabe der Behörden, die Weidetierhalter vor Ort zu informieren, wie sie ihre Schafe besser schützen können. Für Menschen bestehe aktuell keine Gefahr. Der Bär sei bisher noch von niemandem gesehen worden, lebe offenbar zurückgezogen.

Die Staatsregierung müsse auch nichts Neues erfinden, denn es gebe den Bärenmanagementplan. "Da sind alle Handlungsoptionen, die notwendig sind, schon aufgeschrieben." Demnach sind keine Handlungen notwendig, wenn der Bär Schaden abseits von Menschen anrichte. "Aber man muss beobachten, wie sich der Bär in Zukunft verhält."

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Was tun, wenn...

Grundsätzlich gilt laut Hierneis: "Wir können in Bayern absolut Ruhe bewahren." Es sei sehr unwahrscheinlich, dass ein Bär dauerhaft im Freistaat bleibe. Dafür sei die Landschaft einfach nicht geeignet, sei viel zu zerschnitten. Der Tod eines Menschen durch eine Bärin im Trentino sei dramatisch, "hat aber mit unserem Bären nichts zu tun".

Es habe sich dort um eine Schwester des in Bayern erschossenen Bruno gehandelt. Beide seien von ihrer Mutter dazu erzogen worden, "sich in die Nähe von Menschen zu begeben und dort Futter zu suchen". Das seien Sonderfälle. "Wir haben circa 17.000 Bären in Europa, und es passiert so gut wie nie irgendetwas."

SPD sieht Wahlkampfmanöver

SPD-Fraktionschef Florian von Brunn warf der Staatsregierung vor, die Angst vor Wölfen und Bären für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen. Mit Blick auf die Ankündigung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), per Verordnung den Abschuss von Wölfen erleichtern zu wollen, sagte der SPD-Politiker: "Markus Söder will jetzt Wolf und Bär abschießen - ohne Rechtsgrundlage und für seinen Wahlkampf, um abzulenken von den nicht gebauten Wohnungen und Windrädern in Bayern. Darum geht es."

Das BR24live zum Bären in Bayern zum Nachschauen:

Schafe auf einer Weide
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Ein Bär hat in der Touristen-Region Oberaudorf drei Schafe gerissen

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