So viele Geflüchtete wie im vergangenen Jahr kamen seit 2016 nicht mehr nach Deutschland. Rund 218.000 Menschen haben neu Asyl beantragt, hinzukamen mehr als eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Das bringt auch die Kommunen in Bayern zunehmend an ihre Grenzen. Sie schlagen Alarm und drängen auf Unterstützung.
Wie der Freistaat helfen kann und wo der Bund gefordert ist, darüber berät am Vormittag das bayerische Kabinett unter Ministerpräsident Markus Söder (CSU).
BR24 überträgt die Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung sowie eine Einordnung ab 12 Uhr live. Im Gespräch zu Gast sind Thomas Karmasin (CSU), Landrat aus Fürstenfeldbruck und Präsident des Bayerischen Landkreistags sowie der Fraktionschef der SPD, Florian von Brunn.
Unterkünfte für Geflüchtete in Bayern zu 93 Prozent ausgelastet
In staatlichen Einrichtungen ist immer weniger Platz für neue Geflüchtete. Auf Anfrage teilte das bayerische Innenministerium mit, dass die sogenannten Anker-Zentren und weitere Anschlussunterbringungen zu rund 93 Prozent ausgelastet sind.
Fürstenfeldbrucks Landrat Thomas Karmesin (CSU) sagte in einer Präsidiumssitzung des Bayerischen Landkreistags Anfang Februar: "Ohne eine spürbare Begrenzung des ungesteuerten Zugangs vor Ort wird die Integration auf kommunaler Ebene scheitern." BR24 sagte Karmesin: "Wir müssen jetzt handeln." Ein nötiger Schritt sei, dass die Kommunen die Liegenschaften des Bundes für die Unterbringung nutzen können. "Der Freistaat soll uns dahingehend unterstützen", so Karmasin.
Ruf nach Unterstützung durch Bundesregierung
Söder hatte vergangenen Freitag bei einer Pressekonferenz gefragt: "Wo ist eigentlich Frau Faeser?" Mit Fingerzeig auf Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) fordert Bayerns Ministerpräsident beim Thema Migration mehr Unterstützung vom Bund. Der stelle sich jedoch "komplett taub", so Söder.
Am Sonntag hatte Faeser angekündigt, noch im Februar einen weiteren Flüchtlingsgipfel abhalten zu wollen. Landrat Karmesin überzeugt das wenig: "So ein Flüchtlingsgipfel ist gern ein Trostpflaster. Es gab ja schon einen, da hat Frau Faeser 4.000 zusätzliche Plätze versprochen. Pro Monat kamen aber 1.000 Menschen zusätzlich." Aus Karmasins Sicht muss bei den Gesprächen auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit am Tisch sitzen.
Grüne fordern 500 Millionen Euro für Kommunen
Die bayerische Opposition nimmt die Berliner Ampel in Schutz und wirft der Staatsregierung vor, nicht genug zu unternehmen. Die Grünen fordern zusätzliche 500 Millionen Euro für die Kommunen zur Unterstützung. Gülseren Demirel, die Sprecherin für Integration, Asyl und Flucht, sagte BR24: "Es ist nicht nur die Unterbringung. Die Kommunen haben kein Geld für Beratung, Betreuung, Dolmetscherdienste."
SPD: Geflüchtete sollen schneller arbeiten dürfen - Freie Wähler sehen das ähnlich
Bayerns Sozialdemokraten plädieren dafür, Geflüchtete schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren. "Die Flüchtlinge, die arbeiten dürfen, müssen nicht mehr in zentralen Unterkünften wohnen. Sie können versuchen, kleine Wohnungen auf dem allgemeinen, freien Markt zu bekommen", so die asylpolitische Sprecherin, Alexandra Hiersemann.
Auch die Freien Wähler wollen, dass Geflüchtete schon in den Asylunterkünften und nicht erst am Ende des Asylverfahrens arbeiten dürfen. Da müssten die Freien Wähler bei ihrem Koalitionspartner CSU noch Überzeugungsarbeit leisten, sagte Alexander Hold, Sprecher für Asyl und Integration.
AfD drängt darauf, Ausreisepflichtige abzuschieben
In eine ganz andere Richtung gehen die Vorschläge der AfD. Fraktionschef Ulrich Singer forderte, dass rund 10.000 Ausreisepflichtige abgeschoben werden sollten. "Menschen, bei denen lange Verfahren stattgefunden haben, bei denen man festgestellt hat, sie haben hier im Land nichts verloren." Das nehme Druck von den Kommunen, so Singer.
Laut Landrat Karmesin müssen Menschen dagegen in der EU Schutz finden können, die vor Krieg und Verfolgung fliehen. "Menschen, die von vornherein keine Bleibeperspektive haben, müssen aber bereits an den EU-Außengrenzen abgewiesen werden", sagte Karmasin. Dafür müsse die Europäische Union ihre Außengrenzen wirksam sichern. Insgesamt könne man das Problem nur europäisch lösen, aber das dauere in der aktuellen Lage zu lange.
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