Jugendliche mit Koffern auf dem Weg zu einer Jugendherberge (Archivbild)
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Jugendliche mit Koffern auf dem Weg zu einer Jugendherberge (Archivbild)

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Jugendherbergen in Bayern: Es geht wieder aufwärts

Drei Jahre nach Ausbruch der Corona-Pandemie zieht der bayerische Landesverband der Jugendherbergen Bilanz: Wie erging es den gemeinnützigen Unterkünften, und wie geht es weiter? Für Schüler und Azubis spielen Klassenfahrten eine wichtige Rolle.

"Für uns ist über Nacht alles zusammengebrochen", erinnert sich Donatus Maurer an den März 2020. "Wir hatten Januar und Februar noch normalen Betrieb, und dann wurde Mitte März plötzlich alles auf null runtergefahren". Damals hatte die Bundesregierung den Lockdown verkündet – und das Leben in den Jugendherbergen stand plötzlich still.

Herbergsleiter: "Große Existenzängste"

Wann können wir weitermachen? Werden Schulklassen überhaupt noch auf Klassenfahrt gehen dürfen? Trauen sich die Leute überhaupt noch, in einer Unterkunft zu übernachten? All diese Fragen gingen dem Leiter der Jugendherberge Max-Mannheimer-Haus in Dachau im März 2020 durch den Kopf: "Die Existenzängste waren bei vielen groß, auch bei uns."

Gemeinwohlorientierte Herbergen ohne Rücklagen

Corona traf die Jugendherbergen besonders hart. Denn: Sie sind gemeinwohl- statt gewinnorientiert und müssen jeden Überschuss, den sie erwirtschaften, in die Häuser reinvestieren. Entsprechend klein waren also die Rücklagen, als die Gäste im Frühjahr 2020 plötzlich wegblieben – und entsprechend schnell waren die Jugendherbergen auf staatliche Hilfen angewiesen.

Ein Quasi-Verbot für Klassenfahrten

Hinzu kommt: Das bayerische Kultusministerium hatte wegen Corona eine dringliche Warnung vor Klassenfahrten herausgegeben. "Die Schulen haben diese Warnung als Quasi-Verbot interpretiert", sagt Marko Junghänel, Pressesprecher des bayerischen Landesverbands vom Jugendherbergswerk.

Und damit brach den Jugendherbergen die größte Besuchergruppe weg. Von bayernweit über 1,2 Millionen Übernachtungen im Jahr 2019 sanken die Übernachtungszahlen auf jährlich unter 500.000 in den Jahren 2020 und 2021. Sechs Häuser mussten in den letzten drei Jahren schließen, 2022 gibt es nun noch 52 Jugendherbergen in Bayern. Die Zahlen erhob der Landesverband Bayern des Deutschen Jugendherbergswerks.

Die Jugendherbergen haben Corona überstanden

Jetzt, knapp drei Jahre nach dem ersten Lockdown, sind die gemeinnützigen Unterkünfte endlich wieder auf gutem Wege. "Dem Patienten geht es langsam besser", sagt Junghänel. Das Max-Mannheimer-Haus in Dachau beherbergt beispielsweise aktuell 80 Gäste. Bei insgesamt 115 Betten ist damit der Großteil der Kapazitäten ausgelastet. Man strebe im Max-Mannheimer-Haus eine Belegung von 20.000 Übernachtungen im Jahr 2023 an, das entspreche etwa 80 Prozent der Belegungszahlen vor Corona, so Herbergsleiter Maurer.

Vor allem Familien hätten die Jugendherbergen während Corona für sich entdeckt, erzählt Junghänel vom Bayerischen Landesverband des Jugendherbergswerks: "Die waren ja von den Reiseeinschränkungen betroffen oder konnten sich keinen teuren Urlaub ins Ausland leisten". Doch nach wie vor machten Schüler und Schülerinnen den Großteil der Besucher in den bayerischen Jugendherbergen aus.

Preise steigen auch in den Jugendherbergen

Allerdings führen Inflation und die Energiepreiskrise dazu, dass die Kosten in den Jugendherbergen – wie in vielen anderen Bereichen – steigen. Um zehn Prozent teurer wurden die Übernachtungspreise im Max-Mannheimer-Haus im letzten Jahr. Aufgrund der Inflation hat der bayerische Landesverband des Deutschen Jugendherbergswerks für 2023 und 2024 eine Preissteigerung von fünf Prozent vorgenommen.

Klassenfahrten und Ausflüge wichtig für Jugendliche

Junghänel fürchtet, dass es sich deswegen nicht mehr alle Familien leisten können, ihr Kind auf Klassenfahrt zu schicken. Dabei spielen solche Ausflüge bei Jugendlichen eine wichtige Rolle: "Einerseits hat man die Gruppendynamik, dieses Am-Abend-Zusammensein, das total wichtig für die Entwicklung der Schüler ist", sagt Lehrerin Iris Anger, die mit der 9a und 9c des Gymnasiums Kirchseeon gerade im Max-Mannheimer-Haus untergebracht ist. "Andererseits können sich die Schüler viel intensiver mit dem geschichtlichen Schwerpunkt auseinandersetzen, als würden sie nur einen Nachmittag nach Dachau kommen", fügt sie hinzu. Im Max-Mannheimer-Haus gibt es nämlich nicht nur Betten und eine große Kantine, sondern auch Seminarräume und ein umfassendes pädagogisches Angebot rund um die Themen Holocaust und Nationalsozialismus.

Staat soll das Angebot in Jugendherbergen unterstützen

Damit die Klassenfahrten bezahlbar für alle bleiben, fordert Junghänel, dass der Staat solche Fahrten unterstützt: "Die pädagogischen Angebote beispielsweise, damit die Kosten um 20 bis 25 Prozent runtergehen." Im Max-Mannheimer-Haus werden die Seminare bereits vom Freistaat Bayern, der Stadt Dachau und dem Landkreis Dachau finanziert – ein wichtiger Beitrag, damit die Jugendlichen auch weiterhin über den Holocaust Bescheid wissen.

Corona hat die bayerischen Jugendherbergen hart getroffen.
Bildrechte: BR

Corona hat die bayerischen Jugendherbergen hart getroffen.

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