Bildrechte: Peter Müller, Chef des Kemptener Jobcenters, in seinem Büro

BR/Viktoria Wagensommer

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Jobcenter Kempten: Besserer Schutz für Mitarbeiter

Aktuell die Geiselnahme im Pfaffenhofener Landratsamt, 2012 eine tödliche Attacke im Jobcenter in Neuss in Nordrhein-Westfalen: Im Jobcenter in Kempten sind jetzt Maßnahmen ergriffen worden, die Mitarbeitern mehr Sicherheit geben sollen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

"Das war eine Beratungssituation, wo es um die gesundheitliche Lage ging. Ein Wort gab das andere. Auf einen Schlag ist der Kunde explodiert. Er ist ins Nachbarbüro gerannt und hat den Kunden meiner Kollegin zusammengeschlagen." Beraterin im Jobcenter Kempten

Die 29-jährige Arbeitsvermittlerin hatte damals Glück, nicht selbst angegriffen worden zu sein. Noch heute will sie aber anonym bleiben. Der Fall sitzt ihr noch immer in den Knochen:

"Da ist man zuerst schon ganz schön aufgewühlt. Wenn dann die Polizei nachmittags noch anruft und sagt, man lässt ihn wieder laufen, und wir sollen das Jobcenter doch bitte zuschließen, weil es könnte sein, er kommt noch mal. Dann hat man natürlich kein gutes Gefühl. Auch auf dem Nachhauseweg nicht." Beraterin im Jobcenter Kempten

Sicherheitsdienst bei schwierigen Kunden mit im Büro

Sie ist froh, dass sich an ihrem Arbeitsplatz seit diesem Fall einiges getan hat. Ihr Chef Peter Müller ( hat einen Sicherheitsdienst eingerichtet, der während der Öffnungszeiten für den Schutz der knapp 50 Mitarbeiter und der Kunden sorgt:

"Das sind zwei Personen, die sich primär im sogenannten Wartebereich aufhalten, die aber immer unregelmäßig durch die Gänge patrouillieren. Wenn Mitarbeiterinnen Kunden einladen, bei denen sie ein ungutes Gefühl haben, dann steht gegebenenfalls der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes im Büro." Peter Müller, Chef des Jobcenters

Beraterin: Situation kann von jetzt auf gleich eskalieren

Unberechenbar sind laut Müller zum Beispiel Kunden mit psychischen Krankheiten, wenn nicht sicher ist, ob sie ihre Medikamente genommen haben. Dasselbe gilt für manche Straftäter, wenn sie nach der Haft wieder eingegliedert werden sollen. In solchen kritischen Fällen braucht es für Aggression nicht viel sagt die Arbeitsvermittlerin: 

"Das ergibt sich aus dem Gespräch dann manchmal – wenn Sanktionen ein Thema sind, wenn gewisse Pflichtverstöße Thema sind, die zu weniger Geld führen, dann sind Existenzängste bestimmt auch mit im Spiel, und dann geht das ganz schnell." Beraterin im Jobcenter Kempten

L-Stellung des Schreibtischs als Barriere

Damit die Mitarbeiter dann nicht so leicht zur Zielscheibe werden können, hat der Jobcenter-Leiter die Büros beim Umzug der Behörde im Juni 2016 speziell gestalten und einrichten lassen:

"Die L-Form der Schreibtische ist so gewählt, dass ein Kunde nicht unmittelbar Zugang hat zum Mitarbeiter, zur Mitarbeiterin. Er müsste, wenn er körperlich bös zusetzen wollte, um den Schreibtisch herum laufen oder auf den Schreibtisch hüpfen." Peter Müller, Chef des Jobcenters

Fluchttüren für die Mitarbeiter

Fluchttüren direkt hinter dem Mitarbeiter bringen zusätzliche Sicherheit. Seit es im Kemptener Jobcenter den Sicherheitsdienst und die neue Einrichtung gibt, waren keine Polizeieinsätze mehr nötig, sagt Müller. Die Mitarbeiter fühlen sich jetzt wieder wohler und statt sich vor aggressiven Einzelfällen zu fürchten, können sie sich wieder auf den Kern ihrer Arbeit konzentrieren. Die weit überwiegende Zahl der Kunden ist laut Müller dankbar für die Hilfe und würde niemals aggressiv werden.