Das Jahr 2018 in Bayern
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Das Jahr 2018 in Bayern

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Jahresrückblick: Bayern 2018 - Keine Ruhe, nirgends

Irgendwie waren in Bayern 2018 alle auf der Straße: Vom Sturm verwehte Bäume, staufreudige Last-Minute-Dieselfahrer, Supersommerflaneure, Demonstrationen gegen dies und das und Wechselwähler auf dem Weg zur Stimmabgabe. Unser Rückblick.

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Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

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"Ruhe auf den billigen Plätze!" - schleuderte Gloria Fürstin von Thurn und Taxis einigen Besuchern ihres Schloss-Weihnachtsmarktes entgegen, als die ihren Ehrengast Markus Söder auszubuhen begannen. Mal abgesehen davon, dass die Formulierung "billige Plätze" bei einem Eintrittspreis von 9,50 Euro zweifelhaft ist: von Ruhe konnte in Bayern anno 2018 wirklich nicht die Rede sein.

Der Landtagswahlkampf 2018 brachte etliche schon bisher hitzig geführte Debatten nah an den Siedepunkt. Und das lag nicht daran, dass 2018 neue Extremwerte in Sachen Höchsttemperatur und Trockenheit brachte. Wobei in Bayern, anders als im größten Teil der Republik, die Rekordwerte des Jahres 2003 nicht übertroffen wurden.

Nicht nur manche Bauern klagten lauter als früher, sondern auch Dieselfahrer, Wohnungssuchende, Flächenfraßverächter und Glyphosatübersättigte; außerdem wahlweise über zu wenige, zu berittene oder vermeintlich zügellose Polizisten besorgte Bürger aller Couleur. Nachdem in den Jahren zuvor die Migrationsdebatte alle anderen Themen überlagert hatte, lagen jetzt - scheinbar plötzlich - noch ganz andere Probleme auf der Straße. Manchmal sogar im wörtlichen Sinn.

Baustellen und Staustellen

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"Wir bauen für Sie"

Immerhin: die Bayern durften nach der bayreuthartig langen Aufführung im Berliner Koalitionsanbahnungstheater auch 2018 wieder einen der ihren (also: von der CSU) als Bundesverkehrsminister nach Berlin entsenden. Und anders als immer mehr Großstadtbewohner im Rest Deutschlands konnten sie noch mal nach Herzenslust durch sämtliche Städte dieseln; wobei dem Wort "noch" hier eine schwer abzuschätzende Bedeutung zukommt.

Eilig haben durften sie es allerdings nicht. Wer sich bisher über "Blow Ups" und marode Brücken mokiert hatte, konnte jetzt über Großbaustellen und Dauerstau schimpfen. Von der A8 München-Salzburg bis zur Ortsumfahrung Plattling - fast überall im Freistaat wurde 2018 gebuddelt, was die Staatskasse hergab. In München etwa - das seit diesem Jahr damit angeben kann, den Stuttgartern mit beachtlichem Stehvermögen den Titel "Deutsche Stauhauptstadt" abgetrotzt zu haben - ließ sich der zähe Verkehrsbrei in der Innenstadt nicht mal mehr auf der A99 umfahren, wo jetzt Bagger und Betonmischer das Tempo vorgeben. Zahl der Unfälle hier pro Monat: 120.

Shooting-Star in Sachen Stillstand war allerdings Regensburg, wo der sechsspurige Ausbau der A3 den beliebten Freitagsstau zum Dauervergnügen machte. Über- nun ja: stehen lässt sich das wohl nur mit Optimismus, wie es Schweinfurt mit seinem "Baustellenmarketing" schon 2017 vormachte. Der Slogan dazu: "Wir schippen - sie schoppen".

Leben Sie schon - oder suchen Sie noch eine Wohnung?

Von anderen Baustellen, etwa für bezahlbare Wohnungen, hätten 2018 viele gern mehr gesehen. Im Wahlkampf führte das längst auch in kleineren Städten wie Coburg, Kempten, Weiden, Fürth und Günzburg beheimatete Problem zu einem etwas improvisierten Ideenwettlauf der Politik, bei dem sich die SPD so morgenfrisch an den Start stellte, als hätte sie wie in München auch in Berlin seit Jahrzehnten nicht regiert. Ex-CSU-Finanzminister Söder wiederum bemühte sich, den Verkauf von 33.000 GBW-Wohnungen durch Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft namens "Bayernheim" vergessen zu machen, die bis 2025 bis zu 10.000 Wohnungen bauen könnte. FW-Chef Aiwanger wiederum plädierte für geschickte Problemverlagerung: Menschen aus der Stadt aufs flache Land locken (und so Wohnungssuchende in Autopendler verwandeln; siehe oben).

Neuer Zulauf für den Auflauf

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Laute Töne am Königsplatz

Wirklich neu 2018: Zum 100. Jubiläum der Revolution von 1918 gingen im alten Freistaat nicht nur die "üblichen Verdächtigen" auf die Straße. Auf einmal demonstrierten Omas aus Freilassing gemeinsam mit Münchner Werbegrafik-Azubis und Allgäuer Bauern. An manchen Tagen sah es so aus, als hätten die Bayern kollektiv ihre zu teuren Wohnungen verlassen oder wären alle gleichzeitig aus ihren Stau-Autos ausgestiegen, um gemeinsam spazieren zu gehen. Zehntausende protestierten bayernweit gegen das neue bayerische Polizeiaufgabengesetz (#noPAG) und gegen politische Hetze (#ausgehetzt) oder für bezahlbare Wohnungen (#ausspekuliert) und naturfreundliche Landwirtschaft ("Mia ham's satt"). Der Beginn einer neuen Protestkultur?

Trendfarbe des Jahres: Schwarzorange

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Koalition am dünnen Faden?

Um noch einmal die Schlossherrin Gloria Fürstin von Thurn und Taxis zu zitieren: Sie habe nicht das Gefühl, "dass die Politik auf uns kleine Leute hört". Letztere haben sich bei der Landtagswahl Gehör verschafft. Und das Ergebnis fiel farbenfroh aus: Die Grünen lassen die Roten verblassen. Die Blauen tragen auf ihre Art dafür Sorge, dass Bayern auch im Landtag bunt wird. Auch die Gelben haben es wieder in den sichtbaren Bereich geschafft. Vor allem aber: das seit Menschengedenken quasi flächendeckende Schwarz hat seit dem 14. Oktober 2018 orange Streifen. Keine Revolution, aber chic - zumindest fürs Auge.

Sonst noch? Ach jaaa ...

Der Rest der Republik staunte über Hubert Aiwangers rustikale Metaphern ("Wenn die CSU mit uns Schlitten fahren will ...") und seine dunkelorange Sprachfärbung. Wir hier in Bayern wundern uns schon nicht mehr: Bei uns dahoam ist Aiwangers markante A-Aussprache ja altbekannt und allseits anerkannt. Weshalb uns 2018 sogar noch etwas Zeit blieb, über andere, wirklich wichtige Dinge zu staunen. Über eine tonnenweise besten Apfelsaft versprechende Rekordapfelernte etwa, einen tonnenrunden Theaterneubau in Coburg, über den Grundgesetzexperten Uli Hoeneß und Deutschlands erstes Dackelmuseum in Passau.

Mehr dazu - und noch viele weitere Bilder - in unseren sieben Regionalrückblicken ...