Norbert Preller diskutiert über Politik und schaut sich seine Wahlunterlagen an.
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Norbert Preller diskutiert über Politik und schaut sich seine Wahlunterlagen an.

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Inklusives Wahlrecht für Menschen in Betreuung

Die Kreuzchen setzen - für viele Deutsche ist das selbstverständlich. Für Norbert Preller war es das lange nicht: Er wird in einer Einrichtung betreut und darf heuer zum ersten Mal bei einer Bundestagswahl seine Stimme abgeben.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Die anstehende Bundestagswahl ist für den 50-jährigen Norbert Preller natürlich nicht die erste - aber die erste, bei der er mitwählen darf. Voll Vorfreude hat er sich schon die Briefwahlunterlagen zuschicken lassen. Preller lebt im St. Josefs-Stift in Eisingen, einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderung.

Bis vor kurzem wurde er "in allen Angelegenheiten" voll betreut. Damit war er einer von 20.000 Menschen bayernweit, die nicht zur Wahl gehen durften, deutschlandweit sogar 85.000 Menschen. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Januar 2019 den Ausschluss vom Wahlrecht für diese Menschen als verfassungswidrig eingestuft.

Norbert Preller: "Wahlrecht ist Mitspracherecht"

Dabei ist der 50-Jährige politisch sehr interessiert! Er will verantwortungsvoll von seinem Stimmrecht Gebrauch machen. Seine Stimme abgeben zu dürfen, ist ihm "schon ziemlich wichtig. Wer wählt, hat Mitspracherecht", sagt er. Jedes Fernseh-Triell hat er gespannt verfolgt - dabei weiß er eigentlich schon, wem er seine Stimme geben wird.

Klimaschutz steht für ihn ganz oben

Besonders wichtig ist ihm der Klimaschutz. "Wir haben nur die eine Erde. Wenn die Küsten absaufen, sieht es schlecht aus, Stichwort Klimaflüchtlinge. Wenn die Halligen absaufen: Die Deiche können wir nicht ewig hochbauen. Dann können die in Hamburg schnorcheln gehen." Wegen ihres Einsatzes ist Greta Thunberg sein großes Vorbild.

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Norbert Preller weiß schon genau, wem er seine Stimme geben wird.

Geheime Wahl trotz Assistenz

Mit seiner Betreuerin oder Wohngruppenleiterin sitzt Preller eine Woche vor der Wahl über den Briefwahlunterlagen. Der 50-Jährige hat eine Sehschwäche und kann die kleine Schrift auf dem Stimmzettel nicht so gut lesen. Hier springt die Betreuerin ein, liest ihm die Namen und Parteien vor und zeigt, wo auf dem Stimmzettel sie stehen. "Damit ich nicht woanders hin gerate, als wo ich hin will", sagt Preller. Sie hilft auch dann, wenn er letztlich sein Kreuzchen setzt. Seine Wahl zählt dann trotzdem als geheim. Die Gefahr, dass der Wahlschein eines Menschen mit Behinderung, der voll betreut wird, manipuliert wird, sieht er nicht: "Die helfen uns ja nur, damit ich die Partei finde, die ich wählen will."

Wahlrecht für alle Menschen, ob mit oder ohne Behinderung

Dafür gebe es ja schließlich Wahlhelfer, sagt er. Denn bei der Wahl Hilfe zu brauchen, ist ja ein Thema, das viele Menschen betrifft: Blinde oder alte Menschen etwa, oder Menschen, die gelähmt sind. Der Meinung ist auch Julian Wendel, Behindertenbeauftragter der Stadt Würzburg: "Jeder Mensch hat einen anderen Assistenzbedarf. Darauf muss man individuell reagieren. Der Assistent hat darauf zu achten, dass der Wählerwille durchgesetzt wird." Laut UN-Behindertenrechtskonvention müsse jeder Mensch, ob mit oder ohne Behinderung, wählen dürfen, betont Wendel. "Das Wahlrecht ist ja ein Grundbaustein unserer Demokratie. Deshalb ist es für mich unvorstellbar, warum jemand dieses Recht nicht haben sollte."

Stimmrecht ist Teilhabe

Auch Norbert Preller macht heuer von seinem Grundrecht Gebrauch. Darauf hat er sich lange gefreut. Und wenn am Wahlabend die ersten Hochrechnungen im Fernsehen gezeigt werden, weiß er: Eine dieser Stimmen ist von mir.

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