"Ich habe Chorea Huntington seit ich 28 Jahre alt bin, da geht langsam das Gehirn kaputt und ich hab Gleichgewichtsstörungen", erzählt Dani. Er weiß, dass Betroffene nach der Diagnose durchschnittlich meist noch 15 Jahre leben. Doch fast genauso schlimm ist der Umgang mancher Mitmenschen mit seiner Krankheit. "Viele glauben, ich wäre betrunken oder würde Drogen nehmen, weil ich beim Gehen schwanke", sagt Dani. Obwohl das natürlich nicht so ist, hatten ihn Polizeibeamte deshalb schon mehrfach kontrolliert.
"Unvorstellbare" Klickzahlen
Es sind Geschichten wie diese, mit der die "Barrierebrecher" mehr Verständnis für Menschen mit Behinderung schaffen wollen. Auf Instagram haben die Kurzvideos des Social-Media-Teams, auch Reels genannt, großen Erfolg. 27.000 Menschen haben den Kanal abonniert, einige der Videos kommen auf sechsstellige Abrufe, eines hat sogar drei Millionen: "Das sind Zahlen, die sind unvorstellbar. Es ist schön, zu sehen, da ist eine Nische und in die haben wir unsere Kerbe reingeschlagen," sagt Marcel, einer der vier Barrierebrecher.
Aufklären mit Augenzwinkern
Das Geheimnis des Erfolgs: Es wird nicht, wie so oft, nur über Menschen mit Behinderung gesprochen. Sie kommen selbst zu Wort. Madga erzählt beispielsweise von ihrer spinalen Muskelatrophie, durch die sie im Rollstuhl sitzen muss. Sie wünscht sich, mit anderen Menschen offener über ihre Beeinträchtigung sprechen zu können. Madga hebt dabei aber nicht den mahnenden Zeigefinger, sondern scherzt: "In Österreich sagt man, ich bin eine Art von Schwochhaxn."
"Barrierebrecher" drehen selbst
Wöchentlich treffen sich die "Barrierebrecher" zur Redaktionskonferenz und überlegen, welche Themen sie als nächstes angehen wollen. Helmut, Bibi, Marcel und Sebastian haben selbst alle eine Beeinträchtigung und leben im Dominikus-Ringeisen-Werk in Ursberg. Doch ihr Handicap hält sie nicht davon ab, selbst Videos zu drehen und auch selbst zu schneiden. Unterstützt werden sie von Sozialwirt Michael Stadler, der ihnen gezeigt hat, wie alles funktioniert: "Über den Instagramkanal weisen wir auch gegenüber der Politik auf Missstände hin. Und mit so einer großen Gemeinschaft hat man natürlich ein ganz anderes Auftreten und wird ernster genommen."
Influencer mit Anspruch
Es ist gerade auch die Diskriminierung im Alltag, die viele Menschen mit Behinderung bedrückt. Helmut erzählt von einem Vorfall in Berlin, als er in einer langen Warteschlange stand: "Dann rief die Frau an der Kasse ganz laut, so dass es alle hören konnten, einmal normal und einmal behindert.“ Manchmal stehen auch unter den Videos blöde Kommentare, aber die anderen Nutzer zeigen den Motzern ihre Schranken auf, erzählt Marcel.
Eine Reportage über barrierefreie Spielplätze ist schon gedreht – als nächstes folgt das Thema "Liebe und Behinderung". Die "Barrierebrecher" zeigen, wie man Selbstbewusstsein tanken kann. "Wir werden auf der Straße erkannt und das ist schon ein schönes Gefühl", sagt Sebastian und Bibi ergänzt: "Die sagen, das ist toll, was ihr produziert. Da ist man motiviert weiterzumachen und es macht sehr viel Spaß."
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