Dicke Mauern, gute Bausubstanz – das Hohenzollernkarree besteht aus 230 Wohnungen, die rund um einen riesigen, begrünten Innenhof angeordnet sind. Jahrelang rissen sich Immobilienspekulanten um das Immobilienfiletstück mitten in Schwabing. Damit ist jetzt Schluss: Die Stadt kauft aus Mieterschutzgründen das gesamte Areal. Hier gibt es oft noch preiswerte Wohnungen für eine Kaltmiete von 11, 12 Euro pro Quadratmeter. Für Schwabing geradezu unschlagbar günstig.
Mieter wie Thomas Kubisch haben den Weiterverkauf des Geländes alle paar Jahre mit Sorge beobachtet. Der Drehbuchautor lebt hier seit 25 Jahren und ist sehr erleichtert. "München ist sicher ein sozialerer Vermieter als der bisherige, alle Mieter hoffen, dass jetzt Ruhe im Hohenzollernkarree einkehrt", sagt der 67-Jährige. Nun müsse er keine Angst mehr vor drastischen Mieterhöhungen haben, meint Kubisch.
125 Millionen Euro aus der Stadtkasse
Rund 125 Millionen Euro hat München für das Hohenzollernkarree bezahlt. Das klingt viel, ist aber tatsächlich ein Schnäppchen. Kurz zuvor wurde das Areal noch für 200 Millionen angeboten. Doch der Markt hat sich gedreht. Steigende Zinsen und stagnierende Preise haben die Käufer verscheucht. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) ist gewillt, hier und da in die Bresche zu springen. Im vergangenen Jahr hat die Landeshauptstadt einen Überschuss von rund einer halben Milliarde Euro erwirtschaftet.
Der Rathauschef verfügt über ein prall gefülltes Stadtsäckel. Weil die Interessenten jetzt fehlen und ein Verkauf an die Stadt obendrein auch noch ein positives Image bringt, kann sich der OB vor Angeboten kaum retten. Manchmal, so Reiter, fühle er sich schon fast wie ein Immobilienmakler: Es kämen fast täglich Kaufangebote rein, diese Entwicklung ist neu – noch vor ein, zwei Jahren war daran nicht mal annähernd zu denken, erläutert der SPD-Politiker. Er wolle die Gelegenheit nutzen und aus Mieterschutzgründen so viel kaufen wie nur möglich, sagt Reiter.
Mieterschutzbund unterstützt kommunale Kaufpläne
Mieterschützer sehen die Investitionspläne der Stadt positiv. Beatrix Zurek, die Vorsitzende des Münchner Mietervereins meint: "Zum einen vergrößert die Stadt so ihr Vermögen und zum anderen muss die Kommune ja keine Gewinne erzielen." Das bedeutete Erhaltung von Wohnraum statt Spekulation und sei deshalb ein guter Weg, so Zurek.
Rund 2.000 Wohnungsangebote liegen der Stadt gerade vor. Darunter auch ehemalige GBW-Wohnungen, die früher dem Freistaat gehört haben. Vor gut zehn Jahren hat die damalige Staatsregierung sie verkauft. Jetzt werden wohl Teile der privatisierten Immobilien mit Münchner Steuergeld zurückgekauft. Ein kurioser Vorgang.
OB Reiter: Ich will 100.000 stadteigene Wohnungen für München
Trotzdem sind nicht alle begeistert. Die FDP-Rathausfraktion weist daraufhin, dass durch die Ankäufe keine einzige neue Wohnung entstehe, aber München auch noch Geld für Neubauprojekte benötige. Oberbürgermeister Dieter Reiter stimmt dem grundsätzlich zu, will aber weiterhin vor allem die Gunst der Stunde nutzen: "Ich will für die Stadt 100.000 eigene Wohnungen, jetzt haben wir etwa 70.000 - das ist noch ein weiter Weg", sagt er.
Nach jahrelangen Rekorden bei den Münchner Immobilienpreisen bietet sich jetzt in der Rezessionsphase eine besondere Gelegenheit: Die Stadt kann sich selbst zurückkaufen. Die Mieter müssen hoffen, dass der Plan dieses Mal nachhaltig ist. In der Vergangenheit wurden immer wieder zehntausende Wohnungen aus dem Besitz der öffentlichen Hand einfach verkauft, wenn es die Lage gerade erforderte.
- Zum Artikel: Wohnen in München: Ringen um jeden Quadratmeter
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