Tuning-Szene Augsburg

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Illegale Autorennen: So denkt die Tuning-Szene

Autos weg, ganz legal: Nach einem illegalen Autorennen in Augsburg sind die Boliden drei junger Männer beschlagnahmt worden. Sie sind wohl die ersten, die die neue Härte zu spüren bekommen. Nun diskutiert die Tuning-Szene. Von Andreas Herz

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Als es dunkel wird, röhren die ersten Boliden auf Sportfelgen die Auffahrt hinauf. Bald ist die Tankstelle im Augsburger Norden vollgeparkt mit hochglanzpolierten Autos. Junge Männer und ein paar Frauen quatschen und rauchen. Laut wummert Musik aus einem Auto. Die Szene der Region ist unter sich.

Von hier aus starten jüngst drei jungen Männer auf die angrenzende B17. Es geht Richtung Süden, quer durch die Stadt. Immer wieder bremsen sie ab, um dann Vollgas zu geben. Immer wieder überholen sie sich gegenseitig. Typisch für ein illegales Autorennen. Was die drei nicht wissen: Hinter ihnen fährt eine Zivilstreife.

Die aktuelle Version: 570 Pferdestärken

Ein Audi TT RS, ein BMW 335i, sowie ein Nissan GT-R werden sichergestellt und beschlagnahmt. Letzterer bringt in der aktuellen Version 570 PS auf die Straße. Seit illegale Autorennen als Straftat gewertet werden, können die Behörden die Boliden einziehen. Bis zu zehn Jahre Haft sind vorgesehen, wenn bei einem Rennen Menschen sterben. In den letzten Jahren ist dies immer wieder passiert, beispielsweise in Köln oder Berlin.

An der Tankstelle sind die drei Raser Gesprächsthema Nummer eins. Auch weil sie bundesweit wohl die ersten sind, die die neue Härte des Gesetzes zu spüren bekommen. Ein junger Mann mit Basecap will sie schon einmal in einem Video gesehen haben. Ein anderer berichtet, dass sie ihre Autos inzwischen wieder zurück bekommen hätten. Das ist nicht der Fall.

"Das sind Schwanzvergleiche"

Das Mitleid mit den Dreien hält sich in Grenzen. Durch solche Aktionen stehe die ganze Szene in einem schlechten Licht, heißt es von vielen. Die Tuner fühlen sich unter Generalverdacht gestellt. Dominik, ein gelernter Koch mit einem tiefergelegten VW-Golf, räumt ein, auf der Autobahn gerne Gas zu geben. Von Rennen halte er aber gar nichts, für ihn seien das „nichts anderes als Schwanzvergleiche“.„Nur weil ich mein Auto tune, heißt das nicht, dass ich rase oder was Illegales mache. Mir geht es darum, dass das Auto gut aussieht. Das ist mir wichtig.“

Dass das Gesetz verschärft wurde, finden er und seine Freunde in Ordnung: „Diejenigen, die Rennen machen, machen das nur, um sich zu beweisen. Wenn dann dabei Menschen sterben die nichts dafür können, vielleicht jemand der nur gerade mit seiner Freundin spazieren geht, dann finde ich die schärferen Gesetze richtig“, sagt Dominik.

Die Polizei zeigt Härte - und Verständnis

„Uns geht es nicht darum, die Tuning-Szene in Misskredit zu bringen“, sagt Polizeisprecher Manfred Gottschalk. Ihm sei bewusst, dass es vielen um Technik-Tüftelei gehe und nicht um Raserei. Tatsächlich sind oft geleaste Edelkarossen an Straßenrennen beteiligt, nicht unbedingt getunte Mittelklasse-Autos mit Spoiler und Unterboden-Licht.

Trotzdem wird die Polizei die Szene weiter im Auge behalten. Denn freilich geht es nicht allen nur um Technik und gutes Aussehen. Manche wollen zeigen, was sie unter der Motorhaube haben. Illegale Rennen werde man weiter konsequent verfolgen, betont Polizeisprecher Gottschalk. Ein Problem für die Beamten: Die Rennen entstehen meist spontan, selten geplant.

Den Rasern drohen Haftstrafen

Von der Gesetzesverschärfung erwartet man sich auch eine abschreckende Wirkung. Womöglich hält die Gefahr, dass heißgeliebte Auto nun verlieren zu können, tatsächlich einige von illegalen Rennen ab. Es ist nicht selten, dass zehntausende Euro ins Fahrzeug investiert werden. Alles andere steht hinten an.

Den drei erwischten Augsburger Rasern drohen nun Haftstrafen. Und wenn sie Pech haben, sehen sie ihre Boliden nicht mehr wieder, weil sie die Polizei als Beweismittel einbehält. Dann geht es nicht mehr mit Vollgas zur Tanke, sondern bestenfalls zu Fuß.