Symbolbild Feldhamster
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Die Sorge um hungernde Feldhamster bei Bergrheinfeld könnte dafür sorgen, dass sich der Bau der geplanten Stromtrasse SuedLink verzögert.

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Hungernde Feldhamster könnten Stromtrassenbau verzögern

Eine Strafanzeige und die Sorge um hungernde Feldhamster bei Bergrheinfeld in Unterfranken könnten dafür sorgen, dass sich der Bau der geplanten Stromtrasse SuedLink verzögert. Diese soll Windstrom aus dem Norden nach Süddeutschland bringen.

Verzögern sich die Planungen und der Bau der geplanten Stromtrasse SuedLink wegen einer Strafanzeige? Die Bürgerinitiative Bergrheinfeld stellt diese aus Sorge gegen den Netzbetreiber Tennet im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für eine sogenannte Konverterstation in Bergrheinfeld im Landkreis Schweinfurt.

Bürgerinitiative: Anzeige wegen Feldhamstern

Der Bau des vermutlich rund 600 Millionen Euro teuren Bauprojekts auf einer Fläche von rund 25 Hektar auf dem Gelände des ehemaligen Aussiedlerhofes Felsenhof bei Bergrheinfeld hat noch gar nicht begonnen. Dennoch habe Tennet aus Sicht der Bürgerinitiative bereits im Vorfeld gegen das "naturschutzrechtliche Tötungsverbot zum Schutz von Feldhamstern" verstoßen, wie Wolfgang Baumann, der Rechtsanwalt der Bürgerinitiative, BR24 sagte. So soll das Unternehmen auf dem geplanten Baugelände mögliche Feldhamsterpopulationen bereits vergrämt haben – "ohne dass benachbarte Felder für eine Umsiedlung vorbereitet worden sind", so Baumann.

Hungernde Hamster durch abgeerntete Felder?

Konkret heiße das, dass mögliche Feldhamster nun verhungern könnten, weil sie keine Nahrung fänden. Die Feldfrüchte auf den Äckern hätte Tennet laut Baumann bewusst stehen lassen müssen, damit ausreichend Futter für die Feldhamster vorhanden ist. Die Landwirte haben ihre Felder jedoch nach Angaben des Anwalts abgeerntet, nachdem ihnen die Pacht gekündigt wurde – dabei hätte Tennet eigentlich mit den Landwirten vereinbaren müssen, dass die Felder als Nahrungsquelle für die vom Aussterben bedrohten Feldhamster nicht abgeerntet werden dürfen.

Anzeige könnte Inbetriebnahme der Stromtrasse verzögern

Grundlage für die Strafanzeige sind Baumann zufolge Artenschutzvorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes. Die Anzeige könne nun dazu führen, dass sich das Genehmigungsverfahren für die Konverterstation bei Bergrheinfeld und damit auch die Inbetriebnahme von Suedlink verzögere.

Immer wieder "Hamsteralarm in Deutschland"

In Unterfranken hat es vor zwanzig Jahren schon einmal große Aufregung um die kleinen Tierchen gegeben: "Zwei Dutzend Feldhamster nagen seit Monaten an den Nerven der Ikea-Bauplaner", schrieb der Merkur im Januar 2003. Nach Protesten von Naturschützern wurde ein geplantes Ikea-Zentrallager bei Seligenstadt im Landkreis Würzburg letztendlich verlagert – die bedrohten Feldhamster durften ihren Lebensraum behalten.

Kein Einzelfall: Laut einem Artikel der Süddeutschen Zeitung hat es zwischen 1998 und 2005 gleich "24 Mal Hamsteralarm in Deutschland" gegeben. So sei wegen Feldhamstern der Bau der A71 bei Erfurt kurzzeitig gestoppt worden und auch der Bau einer Umgehungsstraße bei Mainz habe sich verzögert. Erst vor vier Jahren hat der Bund Naturschutz in Würzburg mehr Schutz für Feldhamster bei geplanten Baugebieten gefordert.

Konverterstation für Stromtrasse notwendig

Die geplante Stromtrasse SuedLink soll mit einer Kapazität von zwei Gigawatt Windstrom aus dem Norden in den Süden Deutschlands bringen. Derzeit läuft noch die sogenannte Bundesfachplanung, bei der geprüft wird, welcher Korridor die umweltverträglichste und sinnvollste Lösung für den späteren Leitungsverlauf darstellt. Von Thüringen kommend soll die Trasse nach jetzigem Stand bei Mellrichstadt im Landkreis Rhön-Grabfeld nach Bayern führen und dann etwa entlang der A71 bis Bergrheinfeld gehen.

Die dort geplante Konverterstation ist laut Tennet erforderlich, um Gleichstrom in Wechselstrom umzuwandeln und diesen dann über ein bereits fertiggestelltes und rund 100 Millionen Euro teures Umspannwerk weiter zu transportieren. Nach bisherigen Planungen sollte 2028 – wenn die Leitungen komplett errichtet sind – auch die Konverterstation in Bergrheinfeld einsatzbereit sein.

Bürgerinitiative: Energiewende vor Ort statt "Dinosaurierleitungen"

Wenn es nach der Bürgerinitiative Bergrheinfeld geht, wird die teure Konverterstation am besten gar nicht erst gebaut. Aus ihrer Sicht ist es "absolut unvertretbar, dass nunmehr zu den 170 Strommasten auch noch eine Groß-Konverterstation auf dem Gemeindegebiet errichtet werden soll." Die Bürgerinitiative will nach Angaben ihres Rechtsanwalts Natur und Landschaft vor überdimensionierten Infrastrukturvorhaben schützen und lehnt daher sowohl das Vorhaben SuedLink als auch den Bau eines Konverters dafür strikt ab.

Der Vorsitzende der Bürgerinitiative, Norbert Kolb, sagte kürzlich, dass die "halbe Milliarde für aktuell dringend erforderliche Maßnahmen der erneuerbaren Energien besser angelegt" sei. Es brauche keine "Dinosaurierleitungen", wenn die Energiewende dezentral und vor Ort umgesetzt werde. Dies diene am Ende nicht nur der Versorgungssicherheit, sondern auch einer bürgerfreundlichen, umweltfreundlichen und wirtschaftlich vernünftigen Energieversorgung und schaffe Wertschöpfung in der Region. "Deswegen brauchen wir auch SuedLink als Stromautobahn nicht", hieß es von Kolb zuletzt.

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