Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger
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Aiwanger fordert Gas-Notfallstufe 3 - Bundesnetzagentur dagegen

Der bayerische Wirtschafts- und Energieminister Aiwanger fordert die Bundesregierung auf, die letzte Eskalationsstufe des Notfallplans Gas auszurufen. Der Chef der Bundesnetzagentur sieht dagegen keine Notwendigkeit für diese Maßnahme.

Hubert Aiwanger (Freie Wähler), bayerischer Wirtschaftsminister, fordert, dass die Bundesregierung die letzte Eskalationsstufe des Notfallplans Gas ausruft. "Das Prinzip Hoffnung reicht nicht mehr aus, wir brauchen jetzt die Notfallstufe des Energiesicherungsgesetzes", sagte Aiwanger laut einer Mitteilung des bayerischen Wirtschaftsministeriums am Montagabend. "Das würde der Bundesregierung deutlich mehr Möglichkeiten geben, politisch in die kritische Versorgungslage einzugreifen."

Stufe drei: Abschalten von Industriekunden möglich

Für den Fall eines russischen Gas-Lieferstopps sorgt der Notfallplan Gas vor, der drei Stufen hat. Die erste, die Frühwarnstufe, wurde von der Bundesregierung bereits ausgerufen. In der letzten, der Notfallstufe, müsste der Staat einschreiten. Möglich wäre dann die Abschaltung von Industriekunden. Private Haushalte dagegen sind geschützt.

Bundeswirtschafts- und Energieminister Robert Habeck (Grüne) zögere, "das Energiesicherungsgesetz wirklich in voller Schärfe anzuwenden", bemängelte Aiwanger im Interview mit BR24 am Montagabend. Wenn man warte, bis deutlich weniger Gas zur Verfügung stehe, werde der Preis deutlich nach oben gehen, prognostizierte der bayerische Wirtschaftsminister. "Dann werden viele Wirtschaftsplayer aussteigen aus dem System und sagen: 'Ich kann die Kosten an meine Kunden nicht weitergeben, ich kann mir das nicht mehr leisten.' Ein anderer Teil wird versuchen, umzuswitchen, und ja, wir werden mit deutlich weniger Gas auskommen müssen."

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  • Bundesnetzagentur-Chef gegen Ausrufen der höchsten Gas-Notfallstufe

    Die Bundesnetzagentur sieht trotz gedrosselter Gas-Lieferungen aus Russland dagegen keine Notwendigkeit, die höchste Gas-Notfallstufe auszurufen. Präsident Klaus Müller sagte in der Bayern2-Radiowelt: "Ich werbe sehr dafür, sorgfältig zu prüfen, wann der richtige Zeitpunkt für die höchste Alarmstufe ist, weil das Marktkräfte freisetzen würde", so Müller. Und daher "drängelt mich nichts danach", die dritte Gas-Notfallstufe auszurufen. Würde man sofort die von Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger geforderte dritte und höchste Alarmstufe ausrufen, wäre dies eine "harte Entscheidung", man wäre "in einem Sprung in der höchsten Stufe angelangt".

    Es gebe aus guten Gründen drei Stufen, und seit März gelte die erste, die Frühwarnstufe. Zunächst sollten mildere Schritte gegangen werden. Der Chef der Bundesnetzagentur fügte aber auch an, wenn der Sommer vorbei sei, müsse jeder in Deutschland etwas tun, um Energie zu sparen.

    Netzagentur: Gasflüsse im Winter nicht garantiert

    Die Bundesnetzagentur sieht Fortschritte bei der Befüllung der Gasspeicher in Deutschland, fordert aber weitere Anstrengungen, um eine Gasmangellage im Winter zu vermeiden. "Wir sind bei der Befüllung jetzt bei über 57 Prozent", sagte Müller am Montag anlässlich einer Energiekonferenz in Essen. "Wir haben etwas aufgeholt." In zwölf Wochen beginne aber bereits die Heizsaison. Wichtig seien die Gasflüsse. Diese seien nicht garantiert. "Im Kern führt Russland einen Wirtschaftskrieg gegen Europa, insbesondere gegen Deutschland."

    Es gebe viele Unbekannte, die eine Rolle spielten. So habe der russische Präsident Wladimir Putin in der vergangenen Woche die Regeln geändert, sagte Müller mit Blick auf die Reduzierung der Liefermengen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1. Zudem stehe im Juli die Wartung der Pipeline an. Auch müsse der Sommer nicht so warm bleiben wie bislang.

    RWE stoppt Frühverrentung von Kohlemitarbeitern

    Angesichts gedrosselter russischer Gas-Lieferungen will Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Einsatz von Gas für die Stromerzeugung und Industrie senken. Dafür sollen mehr Kohlekraftwerke zum Einsatz kommen. Um die Braunkohle-Kraftwerke länger laufen lassen zu können, stoppt nun der Energiekonzern RWE die Frühverrentung von Mitarbeitern, die mit der Stilllegung von Braunkohle-Blöcken eigentlich in den Vorruhestand gehen sollten.

    "RWE Power wird ihre Personalplanung in Kraftwerken und Tagebauen an die neue Einsatzbereitschaft anpassen. Das umfasst mehrere hundert Stellen", sagte eine RWE-Sprecherin der "Rheinischen Post". "Der absehbar höhere Personalbedarf wird dadurch gedeckt, dass Mitarbeiter stellenweise erst später als bisher geplant in den vorgezogenen Ruhestand gehen können. Des Weiteren soll der Personalbedarf über Einstellung von Ausgebildeten und vom externen Arbeitsmarkt gedeckt werden."

    RWE Power verfügt über drei 300-Megawatt-Kraftwerksblöcke, die derzeit in der sogenannten Sicherheitsbereitschaft sind und auf Wunsch des Bundes wieder hochgefahren werden können: Niederaußem E und F sowie Neurath C.

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