Er wolle keine Panik verbreiten, sagte der SPD-Abgeordnete Florian von Brunn, aber mit dem Ergebnis habe er nicht gerechnet. "Mich hat sehr überrascht, dass es sehr viele Orte in Bayern gibt - vor allem Industriestandorte und Flughäfen - bei denen es doch eine sehr hohe Belastung von diesen per- und polyfluorierten Chemikalien gibt, die ja nicht ungefährlich sind."
Bayerisches Umweltministerium veröffentlicht Werte
PFC fällt bei der Herstellung von Imprägniermitteln an, der Stoff ist auch im Löschschaum von Feuerwehren enthalten. Die Werte über die Grenzüberschreitungen kommen vom bayerischen Umweltministerium, das auf eine Anfrage von SPD-Landtagsabgeordneten geantwortet hat.
Mehrere Säuren gehören zu den PFC. In der Gemeinde Neustadt an der Donau etwa ist der Schwellenwert für Perfluooctansäure (kurz: PFOA), eine der PFC-Säuren, im Grundwasser fast um das 100-fache überschritten. Schon bekannt ist die Belastung im Landkreis Altötting, wo Boden, Grundwasser und Oberflächengewässer massiv mit PFOA belastet sind.
Im Raum Landsberg am Lech sind Bodenwerte auffällig: Dort wird im Erdreich der Schwellenwert für Perfluorhexansulfonsäure um das 2.800-fache überschritten. Das Landesamt für Umwelt stellte klar, dass im Fall Landsberg nicht bei einer Grundwasser-, sondern einer Bodenprobe der Schwellenwert für Perfluorhexansulfonsäure um das 2.800-fache überschritten wurde. Was das Trinkwasser betreffe, seien die Gesundheitsbehörden zuständig, betonte das Landesamt.
In Bayern werden rund 20 Standorte untersucht
In weiteren Orten in Bayern besteht der Verdacht auf eine PFC-Belastung. Derzeit werden rund 20 Industriestandorte und Flugplätze untersucht. Das hat das Landesamt für Umwelt auf Anfrage des Bayerischen Rundfunks mitgeteilt. Der Verdacht auf Altlasten oder Verunreinigungen des Bodens mit PFC bestehe unter anderem bei den Verkehrsflughäfen in Nürnberg, Memmingen und München, bei den Militärflugplätzen in Manching, Grafenwöhr und Penzing bei Landsberg am Lech. Bei den Industriestandorten werden Gendorf, Ingolstadt, Neustadt an der Donau und Münchsmünster aufgelistet. Wo nötig, seien bereits Maßnahmen ergriffen worden, heißt es in der schriftlichen Antwort. Details wurden aber nicht genannt.
SPD fordert Maßnahmen
"Das Wichtigste, was man jetzt tun muss, ist Aufklärung betreiben. Wenn sich dann herausstellt: Von diesem Standort geht keine Gefahr aus, dann ist es ja auch gut. Aber zuerst müssen Information und Aufklärung sein", so Florian von Brunn. Die SPD fordert, an den betroffenen Orten Blut und Muttermilch von Bewohnern untersuchen zu lassen.
Hintergrund: Stoffe können schwere Krankheiten auslösen
PFOA ist ein Stoff, der in der Natur nicht vorkommt. Die Industriechemikalie wurde in den 1950er-Jahren in den USA entwickelt. Sie und verwandte Chemikalien dienen als sogenannter Hilfsstoff, wenn zum Beispiel fettabweisende Pfannen, schmutzabweisende Teppiche oder wasserdichte Funktionskleidung hergestellt werden. In der Pfanne selbst sollte sie eigentlich nicht mehr drin sein, können aber in Spuren vorkommen.
Auch bei der Herstellung von Schaum für Feuerlöscher, Skiwachse oder Pflanzenschutzmittel werden solche Stoffe eingesetzt. Das Problem: PFOA und manche Verwandten können ab einer gewissen Dosis krank machen. Forscher in den USA haben einen Zusammenhang unter anderem mit Nieren- und Hodenkrebs und chronischen Darmerkrankungen gefunden, das Bundesinstitut für Risiko-Bewertung untersucht derzeit, ob der Stoff die Leber angreift. Außerdem sind diese Chemikalien extrem langlebig und reichern sich in der Umwelt an. Das könnte die jetzt veröffentlichten hohen Werten erklären. (Autoren: Julia Zöller, Johannes Roßteuscher)