Ein Landwirt fährt mit Traktor über einen Acker.
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Will der Hofnachfolger den Betrieb anders bewirtschaften als die Vorgeneration, kann das Konflikte bedeuten.

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Hofnachfolge in der Landwirtschaft: Was, wenn es Streit gibt?

Gut 80.000 Bauernhöfe gibt es noch in Bayern. Die allermeisten davon sind Familienbetriebe, die von einer Generation an die nächste übergeben werden. Was einfach klingt, ist oft ein konfliktreicher Prozess.

Seit zwei Wochen sind Josef und Brigitte Bissinger nicht mehr die Bauern auf dem Biohöfle in Mertingen bei Donauwörth. Sie haben den Milchvieh- und Ackerbetrieb an ihre Tochter Anna-Maria übergeben. Sie ist 26, frischgebackene Absolventin im Fach Ökologische Landwirtschaft und soll nun das weiterführen, was ihre Eltern jahrzehntelang aufgebaut haben und wofür ihre Großeltern einst den Grundstein legten.

Vertrag zur Hofübergabe für die Familie

Sie alle leben weiterhin auf dem Hof – die Eigentumsrechte haben sie aber an Anna-Maria abgegeben. "Das ist schon ein Schritt, der viel von Vertrauen abhängt", sagt Brigitte Bissinger. Daher steht hinter der Hofübergabe ein innerfamiliärer Vertrag, der das Zusammenleben der Familie bis ins kleinste Detail regelt. Festgeschrieben sind nicht nur lebenslanges und kostenfreies Wohnrecht. "Da steht auch drin, dass ich meinen Gemüsegarten behalten kann", sagt Brigitte Bissinger.

Landwirtschaft: Leben und Beruf unter einem Dach

Im Fall von Tod oder Streit seien so alle Familienmitglieder abgesichert. Denn, so betont sie, in der Landwirtschaft sind die eigene Existenz und der Beruf so untrennbar miteinander verwoben wie sonst in kaum einer Branche.

Laut einer Studie der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf finden Hofnachfolgen fast ausschließlich innerhalb der eigenen Familie statt: 95 Prozent der befragten Landwirte, bei denen die Übergabe ansteht, geben ihren Bauernhof an die eigenen Kinder ab.

Bäuerliche Familienberatung hilft bei Konflikten

Das birgt reichlich Potenzial für Konflikte, weiß Christine Beuer. Sie ist Beraterin bei der Bäuerlichen Familienberatung in der Diözese Augsburg. Sie hat schon viele Familien bei der Hofübergabe begleitet und sagt: "Es ist gut, wenn man viel miteinander redet, respektvoll miteinander umgeht." Oft steckten hinter Konflikten unausgesprochene Ängste und Erwartungen. Wichtig sei, eine offene Gesprächsatmosphäre zu schaffen und allen Familienmitgliedern Zeit zu geben, ihren Weg zu finden.

Wenn ein Streit eskaliert, steht für viele die Hofnachfolge auf dem Spiel und damit das Überleben des landwirtschaftlichen Betriebes. Denn noch immer, so moniert Beraterin Beuer, ist eine Hofnachfolge außerhalb der eigenen Familie ein Tabu. "Da spielen vor allem Traditionen und Werte eine Rolle", sagt Beuer. Viele Landwirtsfamilien hätten ihren Betrieb über Generationen geführt. Wenn dann plötzlich der Nachfolger fehlt, es Streit gibt oder die Kinder kein Interesse haben, steht der Betrieb oft vor dem Aus. "Das ist dann ein Stück Trauerarbeit", meint Beuer.

Hofübergabe an Fremde?

Die Bäuerliche Familienberatung bietet deshalb gezielte Begleitung an, wie auch eine Weitergabe von landwirtschaftlichen Betrieben an externe Familien gelingen kann.

Bei Familie Bissinger vom Biohöfle in Mertingen bei Donauwörth war das nicht nötig – Tochter Anna-Maria hatte schon früh den Wunsch geäußert, den Hof übernehmen zu wollen. Ihre drei Geschwister hatten daran kein Interesse und sind schon vom Betrieb weggezogen.

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