Zapfenpflücker Werner Sennert bei der Arbeit oben in den Baumkronen in Leinach
Bildrechte: BR

Zapfenpflücker Werner Sennert beschreibt die Arbeit oben in den Baumkronen als "ein Gefühl wie in der Schiffschaukel. Und auch noch gratis".

  • Artikel mit Video-Inhalten

Hoch oben: Zapfenernte in Bayerns größtem Schwarzkieferbestand

In Leinach bei Würzburg schätzen nicht nur die Einheimischen ihren Gemeindewald. Auch Saatgut-Vermehrer haben den Wert der Schwarzkiefern dort erkannt. Zumal sich eines der Waldstücke mit einer Mittelmeer-Variante als sehr klimaresistent erweist.

Werner Sennert ist von Beruf Zapfenpflücker. Bis kommende Woche steigt er täglich in die Leinacher Baumwipfel, um die Samen gesunder Vertreter ihrer Art zu sichern. Das ist in mehrfacher Hinsicht schwierig. Zum einen, weil auch hier der Klimawandel bereits deutliche Spuren hinterlassen hat und nur noch rund ein Drittel der Kiefern gesund ist. Zum andern, weil die Zapfen weder aufgelesen noch geschüttelt werden, sondern aufwendig von Hand gepflückt. Für Werner Sennert ist das seit 40 Jahren Alltag. Deutschlandweit steigt der inzwischen 68-Jährige in die Baumkronen. In Leinach also in die der Schwarzkiefern.

Höchste Zeit für die Zapfenernte

Gerade einmal fünf bis zehn Kilogramm Zapfen erntet Sennert pro Baum. Das liege vor allem daran, dass die Saison dem Ende zugehe und die Zapfen mittlerweile recht trocken und daher leicht geworden seien. Und so werde es nun höchste Zeit für die Ernte, sagt Sennert. Denn in spätestens vier Wochen würden sich die Zapfen öffnen und ihre Samen in alle Winde verstreuen.

Arbeit in Baumkronen wie in der Schiffschaukel

Der Freiberufler klettert rund 20 Meter hoch – "ein Gefühl wie in der Schiffschaukel. Und auch noch gratis", beschreibt er begeistert die Arbeit dort oben. Zur Hälfte steigt er per Leiter hinauf, die seine Ehefrau am Boden sichert. Dann geht es mit Klettergeschirr von Ast zu Ast weiter. Die Zapfen befinden sich am höchsten Punkt, wo Sennert sie buchstäblich einsackt und dann als Bündel nach unten wirft. Natürlich nicht, ohne zuvor eine Probe entnommen zu haben.

Seine Frau teilt einen Zapfen senkrecht durch. Und nur, wenn er genügend Samen enthält, beginnt Sennert zu pflücken. Bis zu sieben Mal am Tag wiederholt sich dieses aufwendige Schauspiel. "Ich sorge in der Natur für den Nachwuchs der Natur. Was Schöneres gibt es nicht", ist sich Werner Sennert sicher.

Korsische Schwarzkiefer besonders klimaresistent

Auffällig besser als andere Waldstücke scheint der Standort "Am Trieb" mit den Folgen von Hitze und Trockenheit zurechtzukommen. Die hier vorherrschende Korsische Schwarzkiefer zeigt sich deutlich grüner und seltener vom Diplodia-Pilz befallen als ihre österreichischen Artgenossinnen.

Dass auch Zapfenpflücker Sennert diesen Eindruck bestätigt, freut Leinachs Zweiten Bürgermeister Walter Klüpfel besonders. Ihm liegt der Gemeindewald am Herzen. Er war es auch, der zusammen mit dem zuständigen Revierförster eine Genanalyse auf den Weg brachte, die zur Überraschung aller ergab, dass man vor Jahrzehnten in diesem einen Waldstück anderes Saatgut verwendet hatte als auf allen anderen Flächen in Leinach.

Korsische Variante als Rettung für den Leinacher Wald?

Klüpfel sieht mit Sorge, dass die Schwarzkiefer seit einigen Jahren schwächelt. Schließlich war sie seit über 100 Jahren die einzige Baumart, die sich auf den kargen und kalkhaltigen Hügeln rund um die Gemeinde langfristig halten konnte. Nun aber nehmen die Schäden dramatisch zu. Nur nicht "Am Trieb".

Die Gemeinde Leinach setzt daher große Hoffnungen auf die korsische Variante der Schwarzkiefer. Klüpfel möchte erreichen, dass diese Art als eigener Ernte-Bestand zertifiziert wird. Dann könnte vielleicht eines Tages der Leinacher Wald gezielt mit der mediterranen Unterart aufgeforstet werden. Das nötige Klima dazu entwickelt sich ja gerade immer mehr auch hierzulande.

Zapfenpflücker Sennert: Schon tausende Höhenmeter geklettert

An Werner Sennert jedenfalls soll es nicht scheitern. Solange seine Frau ihn unterstützt, sagt der drahtige Endsechziger, werde er weiter in die Bäume klettern. Gern auch immer wieder in dieselben. Denn die erkennt er auch Jahre später treffsicher wieder dank seines fotografischen Gedächtnisses. Zwar hat Werner Sennert nicht mitgezählt, wie viele Bäume er insgesamt während seines Berufslebens schon bestiegen hat, doch eines sei sicher: An Höhenmetern kletterte er den Mount Everest sicher mehr als einmal rauf und runter!

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!