Sonnenuntergang über München (Symbolbild)
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Sonnenuntergang über München (Symbolbild)

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Hitzewellen in Bayern: Wie gefährlich ist Ozon?

Seit Wochen warnt Deutschlands bekanntester Meteorologe Jörg Kachelmann vor Ozon-Belastung. Bei Risikogruppen würden im schlimmsten Fall irreversible Schäden drohen. Stellt sich die Frage: Wie gefährlich ist Ozon? Und wie ist die Lage in Bayern?

Ozon ist eine tolle Sache. Zumindest weit oben in der Stratosphäre. Dort schützt es vor UV-Strahlung. Weiter unten ist es leider anders: Wenn die Sonne vom Himmel brennt, setzen sich chemische Prozesse in Gang, bei denen vor allem aus Stickstoffoxiden auch in Bodennähe Ozon gebildet wird.

Das ist schlecht, denn Ozon ist ein toxisches Gas. Zuletzt warnte der Meteorologe Jörg Kachelmann wiederholt vor hohen Ozon-Werten. Risikogruppen würden teils irreversible Schäden drohen:

Für Bayern überwacht das Landesamt für Umwelt in Augsburg (LfU) die Ozon-Werte. Es gibt zwei Grenzwerte: Bei 180 Mikrogramm pro Kubikmeter im Stundenmittel müssen die Behörden über den Wert informieren, bei 240 Mikrogramm pro Kubikmeter wird die Alarmschwelle überschritten.

So wirkt Ozon im Körper

Und das aus gutem Grund: Denn Ozon ist ein Reizgas. Symptome bei hohen Werten: Tränende Augen, Husten, Kopfschmerzen. Die Lungenfunktion wird schlechter, man ist nicht mehr so leistungsfähig. In der Regel normalisiert sich all das wieder, wenn die Ozon-Belastung vorüber ist, so das Umweltbundesamt.

Problematischer wird es, wenn Sport getrieben oder körperlich schwer gearbeitet wird. Denn bei einem erhöhten Atemvolumen kann Ozon tief in das Lungengewebe vordringen, "dort das Gewebe schädigen und Entzündungen hervorrufen. Und diese entzündlichen Reaktionen des Lungengewebes bilden sich nur teilweise zurück", so das Umweltbundesamt weiter. Entsprechend werden Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit hohen Ozonwerten in Verbindung gebracht. Es gibt zudem Hinweise darauf, dass das Allergiepotenzial verschiedener Pollenarten durch Ozon verstärkt wird und es steht im Verdacht, Krebs zu erregen.

Wer ist besonders gefährdet?

Zu den Risikogruppen gehören empfindliche oder vorgeschädigte Personen. Also Babys, kleinere Kinder, alte Menschen, Asthmatiker oder Menschen mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD). Ab dem Informationswert von 180 Mikrogramm/m³ sollten Risikogruppen vorsorglich ungewohnte und erhebliche körperliche Anstrengungen im Freien vermeiden. Spätestens ab dem Alarmwert von 240 Mikrogramm/m³ sollten sie möglichst im Haus bleiben und Sport nur in den Morgenstunden treiben, wenn die Belastung am niedrigsten ist.

Hinzu kommt, dass die durch Ozon verursachten Entzündungen für Allergien und Krankheitserreger anfälliger machen können, so das bayerische Landesamt für Gesundheit (LGL). Vor allem für Babys und Kleinkinder bestehe ein erhöhtes Risiko, da ihre Lungen noch nicht vollständig entwickelt sind und die eingeatmete Ozondosis aufgrund ihres geringeren Körpergewichts im Verhältnis höher ausfällt.

Wann und wo ist die Belastung tatsächlich am höchsten?

Die letzte Information veröffentlichte das LfU am 20. Juli für den Raum Nordbayern: Dort wurde an Messstellen in Aschaffenburg und Kleinwallstadt der Wert von 180 Mikrogramm/m³ im Stundenmittel überschritten. Der höchste gemessene Wert lag an diesem Tag bei 223 Mikrogramm/m³. Eine so flächendeckend hohe Belastung, wie Ende der zweiten Juli-Woche vor allem in Nordrhein-Westfalen oder Hessen, gab es in Bayern jedoch nicht.

Im Schnitt zeigt sich, dass die Werte tatsächlich in den frühen Morgenstunden am niedrigsten sind. Bei der Empfehlung des Landesamts, wonach Risikogruppen sich vor allem mittags und nachmittags im Haus aufhalten sollen, lohnt jedoch ein genauerer Blick. Oft werden Ozon-Höchststände erst am frühen Abend erreicht, in der jüngsten Hitzewelle waren auch in den späten Abendstunden die Temperaturen und Ozon-Werte örtlich hoch. Wer sicher gehen möchte, kann daher auf der Seite des LfU die aktuellen Werte aller Messstationen einsehen.

Im Wald wird es nicht besser

Wichtig ist zudem der Ort, an dem man wohnt oder Sport treiben möchte: "Leider bringt es nichts, den Sport vom Stadtpark in den Wald zu verlegen, denn die Ozonwerte sind außerhalb der Innenstädte oft deutlich höher", schreibt das Umweltbundesamt.

Entsprechend würden die höchsten Ozonwerte regelmäßig am Stadtrand und in den angrenzenden ländlichen Gebieten gemessen. Der Grund: Die Vorläuferstoffe des Ozons wie Stickstoffoxid werden durch Wind aus der Stadt transportiert, wo sie zu Ozon reagieren. Zudem befördern flüchtige organische Verbindungen in den Wäldern selbst die Ozon-Entstehung.

Anders sieht es paradoxerweise in den vielbefahrenen Innenstädten aus: Während die Stickstoffoxide aus den Auto-Abgasen grundsätzlich die Ozon-Entstehung befeuern, baut das zugleich ausgestoßene Stickstoffmonoxid vor Ort das Ozon ab. Deshalb ist die Ozonbelastung in Innenstädten, wo viele Autos fahren, deutlich niedriger. Das heißt freilich nicht, dass Verkehr hilfreich ist. Denn grundsätzlich sind Auto-Abgase ein Hauptgrund für Ozon.

Landesamt erkennt einen zunehmenden Trend

Bleibt die Frage, wie brisant das Thema Ozon ist? Meteorologe Kachelmann kritisiert, dass zuletzt zu selten auf die Gefahr durch Ozon hingewiesen wurde. Zunächst: Die ganz hohen Ozonspitzenwerte aus früherer Zeit hätten deutlich abgenommen, so das Umweltbundesamt. Die letzte Überschreitung der Alarmschwelle von 240 Mikrogramm/m³ wurde in Bayern 2003 gemessen, sagt das LfU.

Das ist jedoch nur auf den ersten Blick beruhigend. Denn die mittlere Belastung steige, so das Umweltbundesamt. In den vergangenen zehn Jahren gebe es bei der Ozon-Belastung in Bayern "einen signifikant zunehmenden Trend", so eine Studie des LfU aus dem vergangenen Jahr. Die größte Zunahme gab es am Rand der Stadt Kelheim, am Münchner Stachus und an der sehr ländlich geprägten und höhergelegenen Messstation Tiefenbach/Altenschneeberg - und damit in drei ganz verschiedenen Gebieten, was den grundsätzlichen Trend bestätigt.

Das ist problematisch, da schon geringe Mengen Ozon Menschen und Pflanzen schaden können. Und da die Gase keine Grenzen kennen, steigt die Ozonbelastung weltweit. Verschärft wird die Problematik durch die Klimakrise.

Was jeder Einzelne tun kann

Um dem Trend entgegenzuwirken, muss vor allem der weltweite Schadstoff-Ausstoß verringert werden, der sich letztlich in Ozon umwandelt. Eine politische Aufgabe. Aber auch jeder Einzelne kann etwas tun: Weniger Auto fahren. Und bei Farben, Lacken, Klebern oder Reinigungsmitteln möglichst lösemittelfreie Produkte kaufen. Denn auch Lösemittel lassen Ozon entstehen.

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