RSV, die aktuelle Grippewelle, Corona – seit Wochen gehen Meldungen von vollen Kinderarztpraxen und -kliniken durch die Medien. Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hatte ein rasches Vorgehen gegen die angespannte Situation in Bayerns überfüllten Kinderkliniken angekündigt. Auch an Kitas und Schulen macht sich die aktuelle Krankheitswelle seit einiger Zeit bemerkbar.
Kinder- und Jugendärzte aus dem unterfränkischen Raum Main-Rhön haben jetzt über die Versorgungslage in der Region aufmerksam gemacht. Während der momentanen Infektionswelle könne die Versorgung der Kinder nicht mehr ausreichend gewährleistet werden.
Kinder- und Jugendärzte an der Kapazitätsgrenze
Deswegen haben die Mediziner eine "Überlastungsanzeige" formuliert. Die geht einerseits an das Bayerische Gesundheitsministerium, den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen und die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns. Außerdem bekommen das Papier die Rathäuser und Landratsämter der betroffenen Region – also Schweinfurt, Bad Kissingen, Haßfurt/Haßberge und Rhön-Grabfeld.
Die Kinderärzte berichten, dass es für sie sehr belastend sei, tagtäglich Familien unter Verweis auf Kapazitätsgrenzen abweisen zu müssen. "Uns sind mehr als 800 Patienten bekannt, die ab dem 1.1.2023 neue Kinderärzte suchen und in der Region 'Main-Rhön' keine finden werden", heißt es in dem Schreiben der Mediziner.
Problem ist Verteilung der Fachkräfte
In vielen Regionen in Bayern werden Haus- und Fachärzte händeringend gesucht. Laut Versorgungsatlas der Kassenärztliche Vereinigung Bayerns gibt es zwar in Unterfranken 117 Kinder- und Jugendärzte (Stand August 2022). Ein Problem scheint speziell aber die Verteilung der Fachkräfte. In ihrer "Überlastungsanzeige" schreiben die Mediziner, dass laut der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns beispielsweise Schweinfurt mit Kinderärzten überversorgt sei. Dem widersprechen die Ärzte: "Eine Überversorgung besteht schon lange nur auf dem Papier", schreiben sie.
Weniger Praxen und mehr zu versorgende Kinder
Die Anzahl der zu versorgenden Kinder sei in den letzten zehn Jahren stetig größer geworden. So habe es in Stadt und Landkreis Schweinfurt 2017 acht Kinderarztpraxen gegeben. 2022 seien es noch sieben. Weil zudem eine weitere Praxis zum Jahresende schließe, könnten ab dem nächsten Jahr nur noch sechs Kinderarztpraxen etwa 1.000 Kinder versorgen.
Mit den kinderärztlichen Notdiensten an Wochenenden und Feiertagen würde künftig auch die Belastung für die Mediziner noch höher. "Für immer mehr Familien wird die Bereitschaftsdienstpraxis eine primäre Anlaufstelle werden, wenn ihnen kein regulärer Kinderarzt mehr zu Verfügung steht." In zunehmendem Maße betreffe dies auch die Kinderklinik, die bereits seit langem unter Personalknappheit leide. "Dann wird eine zeitnahe Versorgung im Bereitschaftsdienst unmöglich werden", heißt es von den Kinderärztinnen und Kinderärzten.
Mediziner fordern bessere Strukturen
Die Mediziner richten sich nun an die mit dem Sicherstellungsauftrag der Gesundheitsversorgung der Kinder betrauten kassenärztliche Vereinigung und die Kommunen. Sie fordern rasch geeignete Strukturen zu schaffen. Die Mediziner denken hier an spezielle Medizinische Versorgungszentren. "Die Politik ist aufgefordert, sowohl die Studierendenzahlen im Fach Medizin deutlich zu erhöhen und auch die Ausbildungs- und Rahmenbedingungen in Kliniken und Arztpraxen deutlich zu verbessern", schreiben die Kinderärztinnen und Kinderärzte.
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