Die Helfer in Bad Königshofen (Lkr. Rhön-Grabfeld) sind mit Betreuung der afghanischen Ortskräfte überfordert.
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Die Helfer in Bad Königshofen (Lkr. Rhön-Grabfeld) sind mit Betreuung der afghanischen Ortskräfte überfordert.

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Helfer mit Betreuung afghanischer Ortskräfte überfordert

Seit einem Jahr finden afghanische Ortskräfte in Deutschland eine Zuflucht. Ehrenamtliche unterstützen sie hier in ihrem Alltag. Doch immer öfter, etwa im unterfränkischen Bad Königshofen, fühlen sich Helferinnen und Helfer überfordert.

"Die Arbeit macht Spaß, aber wir sind überfordert. So gehts nicht weiter!", sagt Frank Helmerich. Er investiert bis zu zehn Stunde pro Woche in sein Ehrenamt und das neben seinem Job als Lehrer. Helmerich hilft afghanischen Ortskräften und deren Familien in Bad Königshofen im Landkreis Rhön-Grabfeld.

Rund 50 Personen betreuen er und fünf weitere Ehrenamtliche derzeit in einer Gemeinschaftsunterkunft. Die Helferinnen und Helfer unterstützen sie unter anderem beim Besorgen von Materialien und Möbeln. Außerdem stehen sie bei Anträgen und Behördengängen zur Seite. "Diese vielen Anträge, die wir stellen müssen für Schulen, Kindergeld und Jobcenter sind ein Fass ohne Boden", sagt er.

Wohnraum dringend gesucht

Doch auch viele andere würden helfen, erzählt Helmerich. Die Volkshochschule beispielsweise gebe Sprachkurse, die Schulen würden sich "liebevoll um die Kids" kümmern. Aber die meiste Arbeit bleibe an ihm und den anderen im Helferkreis hängen. Besonders dringend benötigen die Ortskräfte mit ihren Familien Wohnungen, in die sie von der Gemeinschaftsunterkunft ziehen können. Laut Helmerich sind derzeit zu wenige Wohnungen übrig, da auch die ukrainischen Flüchtlinge untergebracht werden mussten. Darüber hinaus rechnet er damit, dass noch weitere afghanische Ortskräfte mit ihren Familien im Landkreis ankommen werden.

Wegen Zusammenarbeit mit Deutschen in Lebensgefahr

Die ersten afghanischen Ortskräfte kamen am 21. Dezember 2021 nach Bad Königshofen. Zuvor hatten sie unter anderem deutschen Soldaten in Afghanistan geholfen, beispielweise beim Dolmetschen oder Organisieren. Seit der Machtübernahme der Taliban müssen sie wegen ihrer Zusammenarbeit mit den Deutschen um ihr Leben fürchten. In Deutschland fanden sie deshalb mit ihren Familien eine Zuflucht.

Knapp 3.200 afghanische Ortskräfte mit Familien in Bayern

Nach Angaben des Bayerischen Innenministerium sind in Bayern derzeit knapp 3.200 afghanische Ortskräfte mit Familien untergebracht. Es sollen noch circa 700 weitere dazukommen. In Unterfranken leben rund 450. Für deren Unterbringung ist die Regierung von Unterfranken zuständig. Maria-Antonette Graber ist dort die Leiterin des Sachgebiets Flüchtlingsunterbringung und Integration. Nach ihren Angaben sind für die soziale Betreuung die Wohlfahrtsverbände, Landkreise und kreisfreien Städte zuständig. Ehrenamtliche leisteten eine sehr wertvolle Unterstützung, so Graber. "Denn die hauptamtlichen Kräfte könnten aufgrund der Vielzahl der Geflüchteten das gar nicht alles leisten", ergänzt sie. Zudem würde es auch den derzeitigen finanziellen Rahmen sprengen, weitere Hauptamtliche einzustellen.

Helfer wünscht sich hauptamtliche Kraft zur Entlastung

Frank Helmerich hilft nun schon seit einem Jahr. BR24 erzählt er: "Wenn wir die Arbeit nicht machen, dann macht sie keiner und ohne uns hätten die afghanischen Ortskräfte und deren Familien hier wirklich große Schwierigkeiten zurechtzukommen". Helmerich wünscht sich für eine Entlastung eine hauptamtliche Kraft, die möglichst jeden Tag in der Gemeinschaftsunterkunft in Bad Königshofen ist. Die Person solle sich mit der Bürokratie auskennen und der "Knotenpunkt zwischen den Behörden" sein.

Podiumsdiskussion um auf Not der Ehrenamtlichen hinzuweisen

Um auf ihre Not aufmerksam zu machen, veranstalten die Ehrenamtlichen am Freitag, den 9. Dezember, eine Podiumsdiskussion in Bad Königshofen, im Kulturhaus "Alte Darre". Dazu sind auch Politiker und Politikerinnen eingeladen. Der Fokus der Podiumsdiskussion liegt darauf, öffentliches Bewusstsein für die alltäglichen Schwierigkeiten der Afghanen zu schaffen. Helmerich ergänzt: "Außerdem soll auch die Rolle der Ehrenamtlichen diskutiert werden, die sich oft mit einer Vielzahl bürokratischer Abläufe auseinandersetzen müssen, obwohl für diese Arbeiten eigentlich Behörden zuständig sind." Auch andere Helferkreise im Landkreis Rhön-Grabfeld seien überfordert. Dies habe Helmerich im Austausch mit anderen Ehrenamtlichen immer wieder zu hören bekommen.

Kurzfilm über Unterdrückung der Frauen durch Taliban

Unter den afghanischen Ortskräften ist auch der Filmemacher Ali Mardani. Vor der Podiumsdiskussion zeigt er seinen Kurzfilm "The Dark Future". Dieser handelt von der Machtübernahme der Taliban. Zudem thematisiert der Film auch die Unterdrückung der afghanischen Frauen durch die Taliban. Laut Helmerich gewann der Kurzfilm bei einem internationalen italienischen Filmfestival einen Preis. An der Veranstaltung darf jeder teilnehmen. Sie beginnt um 19.00 Uhr.

Frank Helmerich hilft zwei afghanischen Familienvätern bei Anträgen. Er sitzt mit ihnen an einem Tisch.
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Frank Helmerich (rechts im Bild) hilft zwei afghanischen Familienvätern bei Anträgen.

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