Ein weißer Roboter steht auf einer Schulbank in einem Klassenzimmer.
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Telepräsenz-Roboter "AV1" geht für den erkrankten Felix zur Schule. Mit ihm ist der 13-Jährige im Unterricht dabei.

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Gunzenhausen: Roboter geht für kranken Felix zur Schule

Wenn ein Schulkind für längere Zeit erkrankt, fehlt schnell der inhaltliche Anschluss an den Unterricht. In Gunzenhausen soll ein neuer Roboter diese Lücke erst gar nicht entstehen lassen. Mit "AV1" ist Felix Gutmann im Unterricht dabei.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Franken am .

Er ist etwa 30 Zentimeter hoch, glänzend weiß, kann sich um 360 Grad drehen und mit den animierten, digitalen Augen Emotionen ausdrücken. Einen richtigen Namen hat er nicht. Der Telepräsenz-Roboter heißt schlicht und einfach "AV1". An der Stephani-Mittelschule in Gunzenhausen ist er seit Oktober im Dienst, und das durchaus erfolgreich. Er hilft Schülern, wenn sie länger im Unterricht fehlen.

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Felix ist schwerkrank, sein Platz in der Klasse frei

Mathematikunterricht in der Klasse 7cM. Das "M" steht für Mittlere Reife, die die Schülerinnen und Schüler schaffen wollen. Auf dem Stundenplan stehen dieses Mal Sachaufgaben. Ein Platz ist frei. Felix Gutmann fehlt. Schon seit August. Im Sommer bekam der 13-jährige Gunzenhäuser die niederschmetternde Diagnose Leukämie. Eine Odyssee aus Arztterminen und Krankenhausaufenthalten beginnt. Den Unterrichtsstoff nicht komplett verpassen ist eine schwierige Aufgabe. Aber Felix bekommt digitale Unterstützung von seiner Schule. Auf Felix' Platz in der ersten Reihe, bzw. vielmehr auf dem Tisch, steht seit Anfang Oktober der Telepräsenz-Roboter.

Mathe per Roboter-Livestream

Er ist ein kleiner, kompakter Roboter mit eingebauter Kamera, Mikrophon und verblüffend guter Sprachausgabe. Der "AV1" überträgt per Livestream das Unterrichtsgeschehen in Echtzeit auf Felix' Tablet. Der Schüler kann den Roboter von zu Hause aus mit Pfeilen auf seinem Bildschirm steuern, die Blickrichtung des Geräts wechseln, sogar melden kann sich Felix per Roboter, Fragen stellen und Antworten geben.

Mit "AV1" ist Felix im Unterricht dabei

Am Anfang war es schon ein wenig komisch, sagt Felix. Die Mitschüler feixten, "Alexa, spiel mal Musik". Das habe sich schnell gelegt. Heute ist der Telepräsenz-Roboter normaler Bestandteil des Unterrichts. Klassenleiterin Katharina Adelmann bezieht den Roboter aktiv mit ins Geschehen ein, besser gesagt Felix, fragt nach Lösungen der Rechenaufgaben, und Felix hat sogar die richtige Antwort zu Hause am Schreibtisch parat. Klingt nach einer gelungenen Kompromisslösung, wenn auch nicht perfekt: Felix würde sich wünschen, der Avatar könnte auch fahren, dann wäre er noch flexibler einsetzbar, auch wenn es an der Tafel mal spiegele, könne er nicht alles gut lesen. Das seien aber nur kleine Makel. Im Großen und Ganzen komme er sehr gut mit seinem digitalen Stellvertreter zurecht. Auch seine Klassenkameraden Noah und Finn finden AV1 gut. "Ich find das cool, weil sonst verpasst er viel", meint Noah. Beide vermissen Felix dennoch. Die Freunde müssen sich gedulden, bis Felix wieder neben ihnen sitzt. Die Leukämie-Behandlung dauert voraussichtlich eineinhalb Jahre.

Schul-Roboter "AV1" kostete 4700 Euro

Die Rektorin der Gunzenhäuser Stephani-Mittelschule, Sandra Wißgott, zieht nach nur wenigen Wochen positive Bilanz. Sowohl Schüler als auch Lehrer hätten sich binnen kürzester Zeit an den Roboter gewöhnt. Die Handhabung sei einfach und effektiv. 4700 Euro hat der Telepräsenz-Roboter gekostet, eine Anschaffung, die sich schon jetzt gelohnt habe. Die Stephani-Mittelschule in Gunzenhausen ist auch sogenannte Referenzschule für Medienbildung, technischen Innovationen gegenüber also mehr als aufgeschlossen und sieht sich auch in einer digitalen Verantwortung und Vorreiterrolle. Da der Roboter immer aber nur einem Tablet und somit einem Schüler zugeordnet sei, könne der Avatar keine richtige Lösung sein, falls durch Corona erneut der Präsenzunterricht pausiere. Dafür müssten dann nämlich mehrere Roboter angeschafft werden, was schlichtweg zu teuer ist.

Andere Schulen sind interessiert am Roboter

Mehrere Schulen hätten sich bereits nach den Erfahrungen mit dem Roboter erkundigt, berichtet der Lehrer und Datenschutzbeauftragte der Schule, Stefan Schaller. Natürlich hätten alle Eltern ihr Einverständnis geben müssen, dass der Roboter aus dem Klassenzimmer streamen dürfe, wobei die Bilder und Töne nur auf Felix' Tablet landen.

Die Klasse 7cM wünscht sich Felix zurück

Die Zusammenarbeit mit dem digitalen Helfer funktioniert insgesamt gut, dennoch ist der Wunsch in Klasse 7cM in Gunzenhausen groß, dass der Roboter bald wieder verschwindet und Felix zurückkommt. Denn der ist eben durch nichts und niemanden zu ersetzen.

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