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Genossenschaftswohnungen in München.

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Günstiger Wohnraum in Gefahr

Wer in München eine Genossenschaftswohnung hat, kann sich glücklich schätzen. Auch in der Politik herrscht Einigkeit, dass man mit dieser Wohnform Spekulanten etwas entgegensetzen kann. Nun werden womöglich tausende Wohnungen der Bahn verkauft.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Die Aussicht auf günstige Mieten und lebenslanges Wohnrecht lässt die Bewerber bei Genossenschaften Schlange stehen. Wenn die Grundstücke, auf denen die Genossenschaften gebaut haben, dazu noch dem Bund gehören, ist man erst recht auf der sicheren Seite - denkt man. Falsch gedacht! Nun droht, dass tausende Genossenschaftswohnungen der Bahn verkauft werden. In München fürchten Mieter um ihre günstigen Wohnungen. 

Der Stadtteil Neuhausen im Münchner Zentrum zählt zu den teuren Wohnlagen der Landeshauptstadt. Doch die zwei Wohnblocks mit 500 Wohnungen der "Baugenossenschaft München West des Eisenbahnpersonals" sind wesentlich günstiger. Die Friseurin Petra Kozojed hat hier eine günstige Wohnung und ihren Laden gemietet. Sie lebt gerne hier.

"Jetzt steht ein riesengroßer Schatten überm Paradies. Ja leider. Wir versuchen uns gerade in einer kleinen Mieterinitiatve ein bisschen Gehör zu verschaffen. Das unser Paradies vielleicht noch ein bisschen erhalten bleibt." Petra Kozojed, Friseurin

Erbpachtverträge laufen aus

Bis zum Jahr 2025 sind die Mieten sicher. Doch dann enden die ersten Erbpachtverträge auf den staatlichen Eisenbahngrundstücken. Kein Einzelfall. In München gibt es sieben Eisenbahngenossenschaften mit insgesamt 3.500 Wohnungen. Eine ist die "Eisenbahnerbaugenossenschaft München Hauptbahnhof" - kurz ebm. Auch sie bietet günstige Mieten - noch. Doch der Vorstand der ebm, Klaus Schaffarczik, macht sich inzwischen große Sorgen.

"Die Stolpersteine sind unsere Pachtverträge. Wenn die Erbpachtverträge auslaufen sind wir gezwungen, entweder die Grundstücke zu kaufen oder wir verlieren diese Grundstücke. Kaufen heißt momentan in München sehr hohe Preise zu bezahlen und unser Erbpachtgeber ist momentan nicht bereit über Konditionen zu reden, zu denen wir wirtschaftlich das Objekt weiterführen können." Klaus Schaffarczik, Vorstand Eisenbahnerbaugenossenschaft München Hauptbahnhof eG  

Kauf der Wohnungen vom Bundesverkehrsministerium zu teuer

Bei den Wohnungen der "Baugenossenschaft München West des Eisenbahnpersonals“ in Neuhausen sind weder eine Verlängerung der Pacht noch der Kauf der Wohnungen für die Genossenschaft realistisch - beides zu teuer. Der Erbpachtgeber, das Bundesverkehrsministerium, verlangt den aktuellen Marktwert für die zwei Grundstücke - schlappe 126 Millionen Euro. Wenn die Genossenschaft nicht zahlen kann, könnten Investoren die 500 Wohnungen kaufen. Das will Petra Kozojed verhindern, zusammen mit anderen Mietern. Denn die Angst ist groß, dass sie ihre günstigen Wohnungen verlieren: In München zahlen Mieter von Wohnungsgenossenschaften im Durchschnitt 7,03 Euro pro Quadratmeter. Normalmieten liegen dagegen bei knapp 19 Euro, Kaltmiete. Wenn die Genossenschaften die Grundstücke zum Marktpreis kaufen würden, müssten auch sie die Mieten auf bis zu 18 Euro erhöhen.

Bisher darf das Verkehrsministerium die Grundstücke nur zum aktuellen Marktpreis verkaufen. Die Genossenschaft hat eine Kaufoption zu Marktpreiskonditionen unterschrieben. Doch genau hier liegt hier der Haken. Bei anderen staatlichen Grundstücken sind Preisnachlässe gesetzlich möglich. Warum nicht auch hier - das fragen sich die Mieter. Mit einer Petition versuchen sie eine gesetzliche Änderung zu bewirken. Ein heißes Thema, auch im Bundestag.

Diskussionen im Bundestag

"Ja wir hatten in der Tat im Bauausschuss eine heiße Debatte, ausgelöst durch den Fall der Eisenbahngenossenschaft in München. Die Oppositionsparteien waren sich alle einig, dass sich der Verkehrsminister bewegen muss. Leider war es jetzt in dem konkreten Fall in München etwas zu spät. Weil die Verträge schon unterschrieben sind. Aber auch da. Die Verträge können nachverhandelt werden, wenn sich Scheuer bewegt, ist da noch was zu retten." Daniel Föst MdB, FDP

Aus dem Bundesverkehrsministerium heißt es dazu:

"Die 503 Wohnungen sind nicht in Gefahr. Auch bei einem Auslaufen der Erbbaurechtsverträge bestehen die Wohnungsmietverträge unverändert weiter."

Und: Für eine Reduzierung des Kaufpreises gibt es laut Ministerium keinen gesetzlichen Spielraum mehr. 

"Wenn es Gesetze gibt, die werden von der Politik gemacht, also kann auch die Politik diese Gesetze wieder ändern." Mieter

Auf unsere Frage warum sich das Ministerium nicht um eine Gesetzesänderung bemüht, gab es keine Antwort. München hat die höchsten Bodenpreise in Deutschland. Gerade hier muss bezahlbarer Wohnraum erhalten werden!