Grünen-Chefin Lang mit den Spitzenkandidaten Schulze und Hartmann
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Grünen-Chefin Lang: Söder ist Risiko für Bayerns Wirtschaft

Zum Abschluss ihres Parteitags haben Bayerns Grüne ihr Wahlprogramm beschlossen. Bundeschefin Lang rief dazu auf, die Landtagswahl zur Abstimmung über die Klimapolitik zu machen. Zugleich versprach sie eine Verbesserung des Heizungsgesetzes.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Nach dem Willen der Grünen-Bundesvorsitzenden Ricarda Lang sollte die bayerische Landtagswahl im Oktober zur Zukunftsentscheidung über die Energie- und Klimapolitik werden. Im Landtagswahlkampf müsse darüber gesprochen werden, wie Bayerns Energiezukunft aussehen werde, wie sich Klimaneutralität erreichen und der Standort sichern lasse, sagte Lang in einer umjubelten Rede auf dem Grünen-Landesparteitag in Erlangen.

Aus Berlin heraus sei man manchmal überrascht darüber, dass die Grünen über diese Themen oft allein redeten. Die politischen Mitbewerber, allen voran Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Vize Hubert Aiwanger (Freie Wähler), sprächen über alles, nur "nicht über das, was relevant ist". Die jüngsten Flutkatastrophen in Italien und im Kongo sowie die Wasserknappheit in Südfrankreich zeigten, dass die Klimakrise schon da sei. Wenn gleichzeitig CDU-Chef Friedrich Merz verlange, beim Klimaschutz langsamer zu machen, sei es "schlichtweg absurd".

Lang: Staatsregierung hat Ausbau der Erneuerbaren verschlafen

International gebe es längst einen Wettstreit um grüne Technologien und zukunftsfähige Jobs, China investiere Milliarden. "Und wir wollen, dass die Europäische Union bei diesem Wettrennen nicht am Rand steht", betonte Lang. Die bayerische Staatsregierung habe über Jahre hinweg den Ausbau der erneuerbaren Energien verschlafen, die Wasserkraft "verscherbelt" und die Strom-Netze nicht ausgebaut. Wer wie Söder lieber Kulturkampfdebatten führe und sich mehr Sorgen ums Gendern mache als um die Arbeitsplätze im Freistaat, "der ist ein Standortrisiko für die bayerische Wirtschaft".

Laut der Grünen-Chefin muss dafür gesorgt werden, "dass wir hier in Deutschland ein Energiesystem haben, das wir mit gutem Gewissen auch mal unseren Enkeln übergeben können". Das sei freilich nicht einfach. "Wenn es einfach wäre, dann könnten wir Sie auch Markus Söder machen lassen."

Fossile Politik "gescheitert"

Im vergangenen Jahr habe Deutschland "das fulminante Scheitern der fossilen Politik von SPD, CDU und CSU gesehen", betonte die Grünen-Chefin. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) arbeite Tag für Tag daran, "dass unser Land endlich unabhängig wird von Diktatoren" werde und bezahlbare Energie aus Sonne und Wind erhalte. Dazu trage jedes neue Windrad, jede neu eingebaute Wärmepumpe und jedes Solarpanel auf einem Dach hier in Deutschland bei.

Die Zeit von billigem russischem Gas sei unwiederbringlich vorbei, sagte Lang weiter. Öl und Gas würden immer teurer. Deshalb sei die Wärmewende nicht nur für den Klimaschutz wichtig, sondern sorge auch dafür, dass es in Zukunft für alle bezahlbare Wärme geben werde. Wer heute den Menschen noch sage, dass sie sich eine Öl- oder Gasheizung einbauen sollen, betreibe "aktive Verbrauchertäuschung".

Grünen-Chefin: Heizungsgesetz wird verbessert

Lang sieht daher keine Alternative zum umstrittenen Gebäudeenergiegesetz. Sie stellte aber klar, dass über Verbesserungsmöglichkeiten diskutierte werde. "Wenn von euch aus Bayern der Appell kommt, dass wir ins Holz noch mal ran müssen: Ja, natürlich, dann gucken wir es doch an, ob wir hier eine bessere Lösung finden." Wenn ältere Menschen Angst vor kurzem Übergangsfristen hätten, dann werde nach einem besseren Schutz für sie gesucht. Die Grünen wollten einen sozialen Ausgleich, eine Förderung für Menschen mit geringem Einkommen.

Indirekte Kritik an der FDP

Indirekt kritisiere Lang auch den Koalitionspartner im Bund, die FDP. Sie sei überrascht, dass es gerade jene Parteien seien, "die sich am größten Wirtschaftskompetenz auf die Fahne schreiben", die jetzt vor allem auf einen Sparkurs setzten. "Wenn wir jetzt einen Industriestrompreis einführen, dann kostet das Geld. Wenn wir es nicht tun, kostet es im Zweifelsfall unsere Industrie und damit die Grundlage für unseren Wohlstand." Aus Zeiten einer angebotsgetrieben Inflation mit steigen Energiepreisen könne Deutschland sich "nicht heraussparen". Vielmehr müsse jetzt in die Zukunft zu investiert werden.

Auch die Debatte über die Kindergrundsicherung erinnere manchmal an eine Zahlenschlacht. Wenn die Kindergrundsicherung dafür sorgen solle, dass es armen Kindern besser geht, dann koste auch das Geld. "Aber er gibt es wahrscheinlich kaum besser investiertes Geld als das, was wir in unsere Kinder investieren."

Grüne wollen in die Regierung

Zum Abschluss des dreitägigen Parteitags beschlossen die rund 350 Delegierten das Programm für die Landtagswahl. Die Grünen nennen es selbstbewusst Regierungsprogramm: Die Spitzenkandidaten Katharina Schulze und Ludwig Hartmann bekräftigten in Erlangen das Ziel, ab dem Herbst mitzuregieren in Bayern.

Der jüngste BR24 BayernTrend sah die Partei allerdings nur bei 16 Prozent, während CSU und Freien Wähler bei der Sonntagsfrage zusammen auf 51 Prozent kamen. Beobachter machen für das Minus der Grünen in erster Linie die kontroverse Debatte über des umstrittene Heizungsgesetz sowie der Wirbel um die Personalpolitik im Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) verantwortlich.

Windrad-Anteil für jedes Baby

Großen Raum in dem 86-seitigen Wahlprogramm nimmt in die Energiewende ein. Die Grünen wollen ein öffentliches Energieunternehmen für den Freistaat: die Bayern-Energie. Sie soll in Solarenergie-Anlagen auf staatlichen Flächen bauen, Windräder in den Staatsforsten errichten, in Geothermie investieren. Die Wasserkraftwerke an Donau, Isar, Lech und Main sollen zurückgekauft werden, damit alle Bürger von den Einnahmen profitieren.

Kinder im Freistaat sollen nach dem Willen von Schulze künftig zur Geburt einen Eigentumsanteil an Windrädern geschenkt bekommen. Jedes Baby solle einen 3.000-Euro-Anteil an den Windrädern in den Staatswäldern bekommen, und zum 18. Geburtstag dann eine Rendite.

Ein weiterer wichtiger Bereich im Wahlprogramm ist Hartmann zufolge der "Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen". Insbesondere solle der Gewässerschutz in Bayern deutlich gestärkt werden. Zudem wollten die Grünen die Interessen der Kinder in den Fokus der Politik rücken.

FDP: Staat ist nicht der bessere Unternehmer

Der bayerische FDP-Landeschef und -Spitzenkandidat Martin Hagen kritisierte die Forderungen der Grünen: "Für die Energiewende brauchen wir nicht mehr Staatswirtschaft, sondern bessere Rahmenbedingungen für private und kommunale Investoren", sagte der FDP-Politiker. Dazu gehörten schnellere Genehmigungsverfahren und weniger bürokratische Hürden. "Söders gescheiterte Wohnungsbaugesellschaft 'Bayernheim' sollte uns eine Mahnung sein: Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer."

Das BR24-Interview mit den Spitzenkandidaten Schulze und Hartmann:

Spitzenduo der bayerischen Grünen: Ludwig Hartmann und Katharina Schulze. Bild: picture alliance/dpa | Daniel Karmann
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Spitzenduo der bayerischen Grünen: Ludwig Hartmann und Katharina Schulze.

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