Als die Schweinfurter Erstaufnahme-Einrichtung zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise mit mehr als 2.000 Flüchlingen überbelegt war, blieb es dort weitgehend friedlich. Umso überraschender für die Verantwortlichen, dass es derzeit mehrfach zu teils gewalttätigen Zwischenfällen in der ehemaligen US-Kaserne kam. Knapp 750 Menschen haben dort eine vorübergehende Bleibe gefunden. Vor einer Woche eskalierte die Situation. Als Polizeibeamte wegen des Verdachts auf Fahrraddiebstahl ermittelten, wurden sie unvermittelt von rund 40 Mitgliedern einer syrischen Großfamilie angegriffen. Selbst Kinder bewarfen die Polizisten mit Steinen, Schuhen oder Fahrradteilen. Ein Kind stach gar mit einem Messer zu. Acht Beamte wurden verletzt, die Familie wurde inzwischen verlegt.
"Für die Beamte war das ein absolut außergewöhnliches Ereignis von elf- bis 13-jährigen Kindern angegriffen zu werden." Polizei-Pressesprecher Enrico Ball
Menschen aus verschiedenen Herkunftsländern treffen aufeinander
Zuletzt hatte es mehrere Vorfälle gegeben, die einen Großeinsatz der Polizei oder gar der Feuerwehr wegen des Auslösens von Feueralarm notwendig machten. Einen der Gründe sieht
die unterfränkische Regierung in der veränderten Zusammensetzung der Bewohner. "Früher hatten wir Afghanen und Syrer", sagt Pressesprecher Johannes Hardenacke. Inzwischen gebe es dort Menschen aus Algerien, Armenien, der Elfenbeinküste und Somalia. Das aber seien Herkunftsländer, aus denen Bewerber meist nur schlechte Bleibeperspektiven hätten. Zudem seien sich manche Volksgruppen auch nicht grün.
"Das sorgt für große Unsicherheit. Auch Alkohol spielt eine Rolle. Allerdings nur außerhalb der Einrichtung. Drin ist Alkohol verboten." Johannes Hardenacke, Pressesprecher Regierung von Unterfranken
Dass die große Unsicherheit der Menschen über ihre Zukunft einer der Hauptgründe für die Aggressivität sei, bestätigt auch Christine Steinmüller, die Leiterin der Asylsozialberatung der Schweinfurter Caritas. Dazu komme die Langeweile beim Warten auf die Bearbeitung der Asylanträge.
"Es ist auch eine Frage der Mentalität. Während man sich bei uns eher raus hält, steht man hier dem Landsmann bei. So entzünden sich aus Kleinigkeiten große Aufläufe und am Ende weiß keiner mehr, worum es eigentlich ging." Christine Steinmüller, Caritas Schweinfurt
Kein Grund für die Vorfälle sei die Einrichtung selbst, betonen die Verantwortlichen. Die Anlagen seien topp und würden auch weiterentwickelt. So sei jüngst ein Frauenhaus eröffnet worden und in einem deutschlandweit einmaligen Pilotprojekt bieten "Ärzte ohne Grenzen" in Kooperation mit dem Schweinfurter St. Josefs-Krankenhaus eine psychotherapeuthische Beratung an. Trotz der Vorfälle sagt Caritas-Beraterin Christine Steinmüller: "Es gibt kein Gewaltproblem in der Einrichtung. Unsere vier Mitarbeiterinnen dort haben auch keine Angst." Auch Polizei-Pressesprecher Ball bestätigt: "Die Schweinfurter brauchen sich keine Sorgen machen. Sie sind sicher."