Der Synodale Weg, der Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland, kommt nicht aus den Schlagzeilen. Erneut haben die darin gehegten Reformwünsche einen Dämpfer aus Rom bekommen: Diesmal befördert durch fünf Bischöfe, vier davon aus Bayern. Das sorgt in deren Bistümern für Unmut, aber auch für Zuspruch.
Nichtgeweihtes Personal im neuen Leitungsgremium
Angestoßen wurde der Brief aus Rom durch fünf dezidiert konservative deutsche Bischöfe. Genauer: Kölns Kardinal Rainer Maria Woelki und vier bayerische Bischöfe, nämlich aus Augsburg, Eichstätt, Regensburg und Passau. Bischof Bertram Meier, Bischof Gregor Maria Hanke, Bischof Rudolf Voderholzer und Bischof Stefan Oster wollten von Rom wissen, ob sie dem hiesigen Reformprojekt Synodaler Weg helfen müssen, ein neues, dauerhaftes Leitungsorgan für die deutschen Bistümer zu etablieren, das auch nicht geweihtes Kirchenpersonal in entscheidenden Fragen wie kirchlichen Finanzen mitbestimmen lässt. Denn bislang hat in der katholischen Kirche der Bischof das letzte Wort. Wie nun bekannt wurde, ging der Brief der fünf Bischöfe schon Ende letzten Jahres nach Rom.
Vor wenigen Tagen bestätigte der Vatikan die Zweifel der Autoren. Und das sorgt für Unmut bei reformwilligen Geistlichen und Gläubigen, auch in den Diözesen der vier Bischöfe. Etwa bei Pfarrer Werner Konrad aus dem Bistum Regensburg: "Ich würde mich schon freuen, wenn man die Anregungen und vor allem den Gesprächsbedarf, der sich im Synodalen Weg zeigt, mehr aufgreifen würde – auch in unseren Diözesen."
Was die fünf Bischöfe motiviert hat diesen Brief zu schreiben? "Ich vermute, dass diese Opposition innerhalb des Synodalen Weges einfach eine Bestätigung aus Rom haben wollte, damit ihnen der Rücken gestärkt wird gegenüber der Mehrheitsfraktion beim Synodalen Weg", sagt Konrad.
Kohlberg: Geht für Bischöfe nur um Machterhalt
Auch Viola Kohlberger ist verärgert. Die 31-Jährige aus dem Bistum Augsburg gehört zu den jungen Vertreterinnen und Vertretern beim Synodalen Weg, mit dem Bischöfe und die oberste Laienvertretung, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), Reformen für die katholische Kirche auf den Weg bringen wollen. Dass ihr Bischof Bertram Meier nun zu den Bischöfen gehört, die von Rom ein weiteres Stoppsignal für den Reformprozess vom Zaun gebrochen haben, macht Kohlberger wütend. "Nach gemeinsam getroffenen Beschlüssen, wo mehr als zwei Drittel der Bischöfe zugestimmt haben, zu sagen, das passt mir jetzt doch nicht, zeigt, dass der Synodale Weg nicht ernstgenommen wird, dass die Gläubigen nicht ernstgenommen werden – und dass es einfach nur um Machterhalt geht", meint Kohlberger.
Konkret ging es um die Frage, ob der Synodale Weg die Bischöfe verpflichten kann, ein Gremium für die Bistümer auf den Weg zu bringen, in dem erstmals Klerus und Laien verbindlich über wichtige Fragen wie kirchliche Finanzen entscheiden. Die Bischöfe müssten dann deutlich an Macht abgegeben. Bei der Abstimmung auf dem Synodalen Weg befürworteten das mehr als zwei Drittel der Delegierten, sowohl bei den Laien als auch bei den Bischöfen.
Als katholischer Priester "Ja" zu den Strukturen gesagt
Ohne die Mitbrüder zu informieren, schrieben dann die Oberhirten aus Augsburg, Eichstätt, Regensburg und Passau unter Federführung des Kölner Kardinals Woelki an den Vatikan. Die jüngst bekanntgewordene Antwort des Vatikan war erneut ein Stoppsignal für den Synodalen Weg, der die bischöfliche Macht nicht beschränken dürfe.
Hinter seinem Bischof Stefan Oster steht Thomas Steinberger aus dem Bistum Passau. "Es soll ja ein neues Leitungsorgan installiert werden innerhalb der deutschen Kirche und als katholischer Priester hab ich irgendwann auch 'Ja' gesagt zur Struktur und zum Glauben, der uns überliefert ist", sagt Steinberger. "Von daher finde ich es gut, dass unser Bischof diesen Brief unterschrieben hat und diese Fragen mitgestellt hat. Er steht eben in der Verantwortung, was er als Bischof für seine Diözese tun muss, oder eben nicht tun kann", sagt der Pfarrer aus dem Bistum Passau.
Pfarrer Werner Konrad aus dem Bistum Regensburg ist dagegen wenig überrascht, dass ausgerechnet sein Bischof Rudolf Voderholzer die reformskeptischen Zeilen nach Rom mit unterschrieben hat. "Dass unser Bischof von Anfang an mit dem Synodalen Weg gefremdelt hat, das war uns immer schon klar, also passt sehr gut ins Bild."
Synodaler Ausschuss wäre Möglichkeit, an einem Strang zu ziehen
Christian Gärtner aus dem Bistum Eichstätt findet es schade, dass die fünf Bischöfe nicht mehr am gemeinsamen Weg, dem Synodalen Ausschuss, mitarbeiten wollen. "Ich denke, wir können nur miteinander darum ringen, wie wir als Kirche, als katholische Kirche in Deutschland aus der Situation, in der wir momentan sind, rauskommen, wie wir wieder glaubwürdig werden."
Gärtner betont hier eine Zusammenarbeit aller Gläubigen: Laien, Bischöfe und Priester. Seiner Meinung nach wäre diese Möglichkeit der Zusammenarbeit jetzt im Synodalen Ausschuss möglich. "Und wenn wir ehrlich sind, weiß auch kein Bischof, wie wir wieder an Glaubwürdigkeit gewinnen können, angesichts der Missbrauchskrise, in der wir stecken", glaubt Gärtner. "Vor dem Hintergrund finde ich es wichtig, dass alle miteinander an einem Strang ziehen."
Bayerische Bistümer zeigen sich zurückhaltend
Die vier bayerischen Bischöfe wollen auf BR-Anfrage nichts sagen. Aus Eichstätt heißt es, man gebe dazu keine Erklärung ab. Ähnlich macht es auch Regensburg. Die Pressestelle verweist lediglich auf die Pressemitteilung der deutschen Bischofskonferenz. Die Pressestelle des Bistums Passau bezieht sich darauf, dass alle "maßgeblichen Punkte" bereits genannt seien.
Ebenfalls zu dem Thema nicht äußern will sich der Münchner Kardinal Reinhard Marx, der den Synodalen Weg initiiert und lange maßgeblich geprägt hat. Einzig das Bistum Augsburg teilt über seine Pressestelle zur Motivation von Bischof Bertram Meier mit: "Letztlich geht es darum, ob der angedachte Synodale Rat, der durch den Synodalen Ausschuss vorbereitet werden soll, dem katholischen Kirchenverständnis entspricht." Eine darüber hinausgehende Stellungnahme sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, weil Bischof Bertram erst über Konsequenzen reflektieren müsse.
Was beim Synodalen Weg nun noch an Reformen beschlossen werden kann, entscheidet sich im März: Dann findet die letzte der insgesamt fünf Synodalversammlungen statt. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hat schon angekündigt, trotz des Stoppsignals aus dem Vatikan am Reformdialog festzuhalten.

Gegenwind für den "Synodalen Weg", das Reformprojekt der katholischen Kirche in Deutschland.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
Sie interessieren sich für Themen rund um Religion, Kirche, Spiritualität und ethische Fragestellungen? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter. Jeden Freitag die wichtigsten Meldungen der Woche direkt in Ihr Postfach. Hier geht's zur Anmeldung.