Baby in einem Handtuch eingewickelt
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Am Klinikum Altmühlfranken kommen 750 Kinder pro Jahr auf die Welt. Nun will einer der Frauenärzte in Rente gehen - und findet keinen Nachfolger.

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Geburtshilfe in Weißenburg: Nachfolger vergeblich gesucht

Die Geburtsstation am Klinikum Altmühlfranken läuft gut: Rund 750 Kinder kommen hier pro Jahr auf die Welt. Drei Frauenärzte kümmern sich um die werdenden Mütter. Nun will einer in Rente gehen – und es findet sich kein Nachfolger.

Der Gynäkologe Rudolf Löschel aus Weißenburg kommt aus dem OP. Gerade hat er die kleine Leni mit einem Kaiserschnitt entbunden. Sie konnte sich nicht in die richtige Geburtsposition drehen. Die OP war auch für den erfahrenen Mediziner nicht alltäglich – aber es ist alles gut gegangen. "Das ist für alle immer ein schöner Augenblick, wenn die Kinder gesund sind, wenn sie rauskommen. Wenn sie schreien und das macht auch den Reiz an der Geburtshilfe aus", sagt Löschel. Auch Lisa, die Mama der kleinen Leni, ist froh, dass alles gut gegangen ist und sie so wohnortnah entbinden konnte. "Die nächste Entbindungsstation wäre ja dann erst in Ingolstadt oder Nürnberg und das ist dann zum Fahren schon weit", sagt sie.

7.000 Kinder entbunden

Rudolf Löschel ist seit 35 Jahren Belegarzt am Klinikum Altmühlfranken in Weißenburg. In dieser Zeit hat er 7.000 Kindern auf die Welt geholfen, sagt er. Zusammen mit zwei Kollegen und neun Hebammen betreut Löschel pro Jahr ungefähr 750 Geburten. Noch - denn der Gynäkologe würde eigentlich gerne in Rente gehen. Im Oktober wird er 70 Jahre alt. Es findet sich aber niemand für seine Nachfolge. Mittlerweile sucht Löschel zusammen mit dem Klinikum Altmühlfranken und mit Headhuntern nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger. Bisher ohne Erfolg.

Politik habe gegen Ärztemangel nichts unternommen

Die Gründe dafür sind vielschichtig, erklärt der Arzt. Belegarzt zu sein bedeutet auch, Rufbereitschaften rund um die Uhr 365 Tage im Jahr. Viele junge Gynäkologen seien dazu nicht mehr bereit. Denn wenn ein Arzt Bereitschaft hat, muss er innerhalb von zehn Minuten im Krankenhaus sein. Außerdem werde immer wieder vom Berufsrisiko gesprochen, so Löschel. Aber der Weißenburger macht auch der Politik einen Vorwurf: "Seit zirka 25 Jahren ist bekannt, dass die ganze Bundesrepublik ein Defizit an Ärzten von rund 30 Prozent hat. Also ein echter Ärztemangel. Von daher war die Situation absehbar. Von Seiten der Politik wurde jedoch nichts unternommen."

Klinikum setzt sich für Geburtsstation ein

Das Klinikum Altmühlfranken unterstützt die Belegärzte wo es nur kann. Für Klinikchef Christoph Schneidewin gehört eine Geburtsstation mit zur Grundversorgung der Bevölkerung. "Es wäre schon schade, wenn in unserem Kreis keine Kinder mehr geboren würden", sagt Schneidewin. Würde der Kreißsaal in Weißenburg schließen müssten werdende Mütter 40 Kilometer und mehr fahren, um ihre Kinder auf die Welt zu bringen. Für Susanne Rottler unvorstellbar. Sie hat vor zwei Tagen ihre Tochter Clara zur Welt gebracht. "Ich war schon sehr froh, dass ich nur drei Minuten mit dem Auto ins Krankenhaus hatte zur Entbindung. Ich glaube, ich hätte es nicht bis nach Roth, Ansbach oder Nürnberg mit meinen Wehen ausgehalten", sagt die junge Mutter.

Immer mehr Geburtsstationen schließen

Doch insgesamt stehen die Zeichen in der Geburtshilfe auf Zentralisierung. Immer mehr Geburtsstationen schließen, weil das Personal fehlt. Zuletzt die in Eichstätt. Kösching soll folgen, heißt es. Wenn nun Rudolf Löschel keinen Nachfolger findet, wird die personelle Besetzung in Weißenburg schwierig. Denn zwei Ärzte können die Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft auf Dauer nicht stemmen. Dagegen steht der Trend, dass wieder mehr Kinder geboren werden. 2021 sind dem Landesamt für Statistik in Bayern so viele Babys auf die Welt gekommen, wie seit 50 Jahren nicht.

Familiäre Atmosphäre im Kreißsaal

Wo an anderen Häusern dazu noch die Hebammen fehlen, steht es um die Geburtshelferinnen am Klinkum Altmühlfranken nicht kritisch. Ein Team von neun Hebammen kümmert sich um die Frauen. Und dem Frauenarzt Löschel zufolge kommen bald weitere dazu. Das Geburtshilfeteam am Klinkum Altmühlfranken arbeitet gut zusammen. Die Atmosphäre im Kreißsaal und auf der Geburtsstation ist familiär. Dennoch will Rudolf Löschel Ende des Jahres in Rente gehen und nur noch vertretungsweise arbeiten. "Wenn sich langfristig im Rahmen von zwei bis drei Jahren nichts findet, muss über die Existenz der Abteilung nachgedacht werden", sagt Rudolf Löschel. Alle Beteiligten hoffen, dass es soweit nicht kommen wird und es mit der Geburtshilfe in Weißenburg weitergeht.

Die Geburtstation des Klinikum Altmühlfrankens sucht dringend eine ärztliche Nachfolge.
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Arzt für Geburtshilfe vergeblich gesucht

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