Grüne fordern bayernweit klimaneutrale Gebäude bis 2040 Hier wird eine Außenwand mit Styropor gedämmt. Derzeit ist ein regelrechter Run auf neue Heizungen und energetische Sanierungen. Energieberater fehlen
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Armin Weigel

Hier wird eine Außenwand mit Styropor gedämmt.

  • Artikel mit Audio-Inhalten

Gebäude energetisch sanieren: Was man beachten sollte

Steigende Energiepreise als Folge des Ukraine-Kriegs, die Angst vor einem Energieembargo oder einer Gassperre - viele Menschen wollen jetzt alte Heizungen austauschen oder Altbauten sanieren. Aber wie? Energieberater sind schwer zu bekommen.

Momentan ist die Unsicherheit sehr groß, bei Haus- und Wohnungseigentümern wie bei Mietern. Allein schon aus Angst vor einem Energieembargo oder einer Gassperre durch Russland. Derzeit wollen viele Menschen alte Heizungen austauschen oder Altbauten energetisch sanieren. Die Umsetzung ist allerdings schwierig, und Energieberater sind schwer zu bekommen.

Keine Termine für Energieberater von der Verbraucherzentrale

Nur online oder telefonisch bietet die Verbraucherzentrale Bayern derzeit ihre Energieberatung an. Die Nachfrage sei derzeit so hoch, dass keine Hausbesuche möglich sind. Auch andere Institutionen melden längere Wartezeiten, wenn es darum geht, sich das Haus detailliert überprüfen zu lassen, um die richtige Entscheidung zu treffen.

Diese kleineren Maßnahmen können schon helfen

Die meisten Anfragen beziehen sich auf einen Austausch der Heizungen, sagt Gisela Kienzle. Sie berät für die Verbraucherzentrale Bayern in Energiefragen. Dabei könne man mit Dämmung und richtigem Lüften auch schon einiges erreichen, bevor man an einen Heizungstausch denke.

Gisela Kienzle rät, egal ob Eigentümern oder Mietern, zu kleinen Maßnahmen: richtig heizen und lüften; bei leer stehenden Dachgeschossen empfiehlt die Architektin, die obere Decke zu dämmen. Dafür reichen Platten aus dem Baustoffhandel, die man auslegt. Dann habe man sich nichts verbaut und könne auch später handeln. Jedenfalls sei der Heizbedarf damit schon reduziert.

20 Prozent Förderung für Dämm-Maßnahmen

Die Preise für moderne Heizkessel sind stark angestiegen, genauso wie die Baupreise. Und Wärmepumpen oder Solaranlagen sind nicht für jedes Haus möglich. Die Ratlosigkeit ist groß, es gibt aber Förderung, wenn bestimmte Einsparziele erreicht werden: Dann gibt es 20 Prozent Zuschuss für solche Dämmmaßnahmen oder den Einbau einer Lüftung, auch Heizungsoptimierungen liegen bei 20 Prozent, "und wenn sie beispielsweise eine Holz-Pellet-Heizung einbauen statt einer Ölheizung, gibt es 50 Prozent", sagt Gisela Kienzle.

Derzeit fordern Verbraucherorganisationen, dass Dämm-Maßnahmen stärker gefördert werden sollen. Die Bundesregierung hat für den Sommer ein neues Förderprogramm angekündigt. Deshalb kann es sich auch lohnen, noch zu warten.

Isolierung von Heizungsrohren im Keller spart Energie

Schon die Isolierung von Leitungen und Heizungsanlage mit Ventilen kann fünf Prozent Gas einsparen, sagt Thomas Graber. Sein mittelständisches Unternehmen aus Rimsting macht Isolierungen und Dämmungen. Auf kleinere Arbeiten muss man derzeit vier bis sechs Wochen warten, sagt er, bei größeren etwa drei Monate.

Graber warnt davor, sich bei Investitionen ausschließlich an Zuschüssen zu orientieren. Um die zu bekommen, müsse ein ganzer Katalog von Kriterien zu 100 Prozent erfüllt sein. Das könne zu unnötigen Ausgaben verleiten, warnt er. "Was dann die Förderung ad absurdum stellt: Ich muss Investitionen tätigen, die ich vielleicht gar nicht brauche, nur um geschenktes Geld zu kriegen." Der Unternehmer hofft auf ein Förderprogramm, das unbürokratisch ist, und "uns klimatechnisch und energetisch in die richtige Richtung bringt".

Mieterverein warnt vor Mieterhöhungen und höheren Heizkosten

Weil die Baukosten so stark gestiegen sind, bekommen Mieter hohe Kosten für Sanierungen, an denen sie beteiligt werden, durch die Ersparnis bei den Heizkosten möglicherweise gar nicht herein, warnt Anja Franz vom Mieterverein München. Es kann sein, dass Mieter mit einer Erhöhung von 150 bis 200 Euro pro Monat rechnen müssen, denn 8 Prozent der Investitionssumme können eben auf die Miete umgelegt werden.

Ein Nachteil, auf den der Mieterverein immer wieder hinweist, ist, dass die erhöhte Miete eben nicht wieder gesenkt werden muss, wenn sich die Investition gelohnt hat. Anja Franz hält es für möglich, dass durch die steigenden Energiekosten auch da keine echte Ersparnis kommt – weil die böse Überraschung mit doppelt so hohen Heizkosten im nächsten Jahr kommen kann. Jedenfalls raten Mieterverein München und Haus und Grund München unisono Mietern dazu, auf jeden Fall Geld zurückzulegen - für die nächste Nebenkostenabrechnung.

Hausbesitzer-Verein empfiehlt ein Gesamtkonzept

Rudolf Stürzer vom Haubesitzer-Verein rät seinen Mitgliedern, jetzt nicht in Panik zu verfallen. Wenn die energetische Sanierung eines Hauses erwogen wird, sollte wirklich ein individuelles Sanierungskonzept erstellt werden. Jedes Haus sei anders. Stürzer erinnert an Probleme mit besonders dichten neuen Fenstern in einem älteren Gebäude, die gleichzeitig den Einbau einer automatischen Lüftungsanlage erfordern können, um Feuchtigkeits- und Schimmelschäden zu vermeiden.

Wer mit dem Gedanken spielt, eine Wärmepumpe statt der bestehenden Ölheizung einzubauen, der brauche eine genaue Analyse, denn der Betrieb der Wärmepumpe braucht entsprechend Strom. Das kann schnell unwirtschaftlich werden. Grundsätzlich könnten sich Investitionen in Heizung und Dämmung, sprich eine energetische Sanierung, schneller amortisieren, denn Heizen wird in jedem Fall teurer. Das große Problem sind aber die ebenfalls gestiegenen Baukosten. Auch Rudolf Stürzer warnt seine Mitglieder davor, Investitionsentscheidungen von Zuschüssen abhängig zu machen.

"Keinesfalls sollten sich Hauseigentümer, die jetzt keinen Termin bekommen beim Energieberater, von irgendeiner Firma Maßnahmen aufschwätzen lassen, die möglicherweise nicht auf das Gebäude abgestimmt sind. Hier heißt es einfach Geduld haben, abwarten, die Energieberater können zur Zeit einfach nicht mehr als arbeiten." Rechtsanwalt Rudolf Stürzer, Vorsitzender von Haus und Grund München

Differenzierte Gutachten eines Energieberaters sind aber nötig, um Investitionen abschätzen zu können, und für mögliche Zuschüsse. Das wird auch so bleiben, wenn die Bundesregierung wie angekündigt im Sommer neue Fördermöglichkeiten schafft.

Eine interaktive Liste von Energieeffizienz-Experten, die Gutachten erstellen, findet sich im Netz, hier können Bürger nach Postleitzahl Energieberater finden.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!