Zehn Filialen des insolventen Kaufhaus-Konzerns Galeria Karstadt Kaufhof schließen in Bayern - und zwar schon ab diesen Sommer. Hunderte bayerische Angestellte verlieren ihren Job und viele Innenstädte eine zentrale Einkaufsadresse.
Bereits Ende Juni will das Unternehmen die Häuser in Coburg, Erlangen, München am Hauptbahnhof, Nürnberg-Königstraße, Nürnberg-Langwasser und Regensburg-Neupfarrplatz schließen. Ende Januar 2024 sollen dann neben Bayreuth auch die Kaufhäuser Schweinfurt, Kempten und Rosenheim zugemacht werden.
Nürnberg: "Wir werden kämpfen"
Nürnberg ist von der Schließung der Galeria-Karstadt-Kaufhof-Filialen besonders betroffen. Zwei von drei Häusern in der Stadt stehen auf der Streichliste, und das schon für diesen Sommer. Damit wolle man sich nicht abfinden, sagt Katharina Lorenz, Betriebsratsvorsitzende der betroffenen Filiale in Nürnberg-Langwasser. "Ich bin immer noch fassungslos. Eins wissen wir aber, wir werden kämpfen, wir werden laut werden", so Lorenz gegenüber BR24.
In der Innenstadt soll zudem der Kaufhof in der Königstraße schließen. Er gehört der Signa-Gruppe und damit dem österreichischen Milliardär René Benko. Diesmal seien auffällig viele Filialen auf der Streichliste, die dem Investor direkt gehören, sagt der Betriebsratsvorsitzende des Kaufhofs, Robert Firtzlaff.

Nürnberg will um Galeria-Filialen kämpfen
Standorte mit mehr als einer Filiale werden häufiger geschlossen
Warum ausgerechnet der Kaufhof in der Nürnberger Innenstadt schließen soll, wurde den Beschäftigten noch nicht mitgeteilt. Angeblich seien die Perspektiven von Karstadt an der Lorenzkirche besser, so der Betriebsratsvorsitzende. Die beiden Filialen liegen in der Innenstadt nur wenige Meter voneinander entfernt. Die Streichliste zeige: Fast alle Standorte in Deutschland mit mehr als einer Filiale sind betroffen.
Auch die Stadt Nürnberg will wieder für den Erhalt der Kaufhäuser kämpfen. Vor knapp drei Jahren standen der Karstadt in Langwasser und an der Lorenzkirche vor dem Aus. Die Schließung konnte aber abgewendet werden. "Wir sind eine Einkaufsstadt, und wir werden an der Seite der Mitarbeiter kämpfen", verspricht Oberbürgermeister Marcus König (CSU). Die Stadt werde nun erneut den Kontakt zum Management suchen.
Nicht nur Nürnberg ist in Mittelfranken betroffen, sondern auch Erlangen. Insgesamt stehen die Existenzen von rund 250 Mitarbeitern in der Region auf dem Spiel.
Nach 100 Jahren: In Regensburg endet eine Kaufhaus-Ära
In Regensburg endet mit der geplanten Schließung diesen Sommer eine Ära, denn der dortige Standort wird seit über 100 Jahren als Kaufhaus genutzt, wie die Stadt mitteilte. Aus den 1920er-Jahren stammt die Redewendung "Ich gehe noch zum Schocken", die sich auf die Zeit bezieht, als das Warenhaus von den Gebrüdern Schoggen geführt wurde. In Regensburg sei dies heute noch vielen alteingesessenen Bürgern bekannt.
Für Regensburgs Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD) hat die Schließung zwei Seiten: "Die Altstadt verliert einen wichtigen Magneten, der bis zuletzt für Frequenz in der Regensburger Altstadt sorgte. Andererseits ergibt sich daraus auch eine Chance für einen Neuanfang in dieser erstklassigen Lage im Herzen der Altstadt", so Maltz-Schwarzfischer.
Der zuständige Bezirksgeschäftsführer des Handelsverbands Bayern, Günter Hölzl, kritisierte den Umgang des Kaufhaus-Konzerns mit den Mitarbeitenden: "Die wurden über Monate hingehalten, hatten Hoffnung und das hat sich gestern zum großen Teil zerschlagen." Am Standort Neupfarrplatz in Regensburg arbeiten schätzungsweise 50 bis 80 vor allem ältere Mitarbeiter. Wie es mit der 13.000 Quadratmeter großen Verkaufsfläche in der Innenstadt weitergeht, hänge auch mit der Frage zusammen, ob das Konzept "Kaufhaus" eine Zukunft habe. Die Stadtverwaltung suche dafür bereits nach einem nachhaltigen, langfristigen Konzept.
Stadt Bayreuth will Karstadt-Schließung verhindern
In Bayreuth herrscht währenddessen vorsichtiger Optimismus. Im Januar 2024 soll die dortige Karstadt-Filiale schließen. Oberbürgermeister Thomas Ebersberger (CSU) hofft allerdings, dass die Entscheidung noch revidiert wird. Die Stadt sei gerade in Gesprächen mit allen Beteiligten. Ein Bestehen des Standortes und somit ein Umdenken von Seiten des Warenhauskonzerns sei nach Ansicht des Oberbürgermeisters "durchaus denkbar", so Ebersberger gegenüber BR24.
In Bayreuth arbeiten aktuell 60 Mitarbeiter bei Galeria Karstadt Kaufhof. Das Gebäude, das zentral in der Bayreuther Innenstadt liegt, gehört einem Investor. "Wir gehen davon aus, dass dieser Investor es weiterhin behalten wird", so Ebersberger weiter.
Unterfranken: Zwei Filialen bleiben
Auch im unterfränkischen Schweinfurt sind die Tage des letzten großen Kaufhauses der Stadt gezählt. Ende Januar 2024 soll die Galeria Kaufhof-Filiale dort geschlossen werden. Die Filialen in Würzburg und Aschaffenburg bleiben dagegen noch bestehen. Wenn die Pläne wirklich umgesetzt werden, verlieren in Schweinfurt damit rund 60 Menschen ihre Jobs. Die Entscheidung treffe die Stadt hart, hieß es am Dienstag von Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU). "Galeria Kaufhof war ein fester und wichtiger Anlaufpunkt in der Schweinfurter Innenstadt", so Remelé.
Die Zukunft des Gebäudes, das dann zum Januar 2024 leerstehen wird, ist noch unklar. "Wir brauchen jetzt für diese exponierte Lage ein gutes und attraktives Gesamtkonzept, wie wir das Areal am Jägersbrunnen zukunftsfähig gestalten können", heißt es von Thomas Herrmann, Wirtschaftsförderer und Citymanager der Stadt Schweinfurt. Dazu gebe es bereits Gespräche mit dem Eigentümer. Auch Passanten befürchten eine "tote Ecke" in der Innenstadt: "Es ist traurig, aber wenn wir nur über das Internet einkaufen, dann werden bald auch die kleinen Geschäfte kaputt gehen", befürchten sie.
Galeria in Kempten: Klare Kommunikation gefordert
Bei der Belegschaft von Galeria Kaufhof in Kempten sitzt der Schock tief, denn zum 31. Januar 2024 wird auch diese Filiale geschlossen. Wie Manuela Karn von Verdi Allgäu gegenüber BR24 berichtet, hatten viele bei der Betriebsversammlung am Vormittag "Tränen in den Augen".
Das Unverständnis sei weiterhin groß und die nicht vorhandenen Informationen über die Gründe, die zur Schließung führen, sorgen für Unsicherheit und auch Wut. Weil den Betriebsräten noch keine Infos vorliegen, wie es für die Mitarbeitenden nun weitergeht, werde man vehement eine transparentere Kommunikation einfordern. Mit Oberbürgermeister Thomas Kiechle (CSU) und dem Stadtrat wolle man über mögliche Unterstützung sprechen. Für den 23. März ist so auch eine große Kundgebung mit allen Mitarbeitenden vor dem Kaufhaus geplant.
Rosenheim und seine Zukunft als Einkaufsstadt
Weil Anfang des kommenden Jahres auch die Filiale in Rosenheim schließen soll, hatte die dortige SPD-Fraktion noch am Montagabend einen Eilantrag eingereicht und den Oberbürgermeister aufgefordert, eine Sondersitzung einzuberufen. In Rosenheim ist noch ein anderes Kaufhaus von der Schließung bedroht, denn Peek und Cloppenburg hat ebenfalls ein Insolvenzverfahren angekündigt.
Rosenheims Konzept als Einkaufsstadt stehe damit auf dem Prüfstand, erklärt Oberbürgermeister Andreas März (CSU): "Ich glaube, dass schon auch Handel betrieben werden soll und muss. Ich denke, dass das immer mehr verschwimmen wird: Einzelhandel, Kulturgastronomie - es geht darum, Erlebniswelten in den Innenstädten zu schaffen, wo alles stattfindet. Eine Mischung aus allem ist ein nachhaltiges Konzept."
Trotz der geplanten Schließung hat Rosenheims Bürgermeister Andreas März mit der Galeria-Filiale nicht abgeschlossen. "Ich bin nach wie vor noch nicht ganz sicher, ob wirklich aller Tage Abend ist für den Standort. Die Hoffnung stirbt immer zuletzt", sagte März dem BR am Dienstag. Die Schließung zum 31. Januar nächsten Jahres sei zunächst beschlossen, aber falls sich in den nächsten Wochen noch eine Einigung abzeichne, könne man den Beschluss auch wieder ändern, sagt März.
So geht es jetzt weiter
Am Donnerstag wird es im nordrhein-westfälischen Essen eine Gesamtbetriebsratssitzung aller betroffenen Standorte geben. Das offizielle Aus der jeweiligen Standorte wird demnach erst am 27. März auf der Gläubigerversammlung beschlossen. Bis dahin wollen einige Belegschaften der verschiedenen Filialen Unterschriften sammeln. Zudem sind vielerorts Betriebsversammlungen angekündigt, sobald mehr über die Abwicklung der Häuser bekannt ist.

Das denken die Menschen in Rosenheim über die Schließung der dortigen Karstadt-Filiale.
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