- Zum aktuelle Artikel: Fünf Galeria-Filialen gerettet – zwei davon in Bayern
Bei der geplanten harten Sanierung des insolventen Kaufhaus-Konzerns Galeria Karstadt Kaufhof sollen auch zehn Standorte in Bayern geschlossen werden. Bereits Ende Juni will das Unternehmen die Häuser in Coburg, Erlangen, München am Hauptbahnhof, Nürnberg-Königstraße, Nürnberg-Langwasser und Regensburg-Neupfarrplatz schließen, wie die Geschäftsleitung am Montag mitteilte. Ende Januar 2024 sollen dann auch die Kaufhäuser in Bayreuth, Schweinfurt, Kempten und Rosenheim zugemacht werden.

Galeria Karstadt Kaufhof schließt zehn Standorte in Bayern
Verdi will kämpfen - "um jeden Standort und jeden Beschäftigten"
Eine Entscheidung, die in Bayern auf viel Kritik stößt und die auch die Gewerkschaft Verdi nicht widerspruchslos hinnehmen will. "Wir sehen diese Schließungsliste nicht als final an. Wir werden um jede Filiale und jeden Beschäftigten kämpfen", sagte Gewerkschaftssekretärin Jaana Hampel in Nürnberg.
Die Gewerkschaft kritisierte weiter, Beschäftigte hätten in den vergangenen Jahren massiv auf Gehalt verzichtet, damit in ihre Zukunft investiert werde. Hunderte Millionen Euro an Steuergeldern seien in das Unternehmen geflossen. "Und nun sollen wir akzeptieren, dass Tausende Beschäftigte ihre Existenz verlieren, etliche Innenstädte veröden und Hunderttausende Stammkunden die kalte Schulter gezeigt wird?", sagte Verdi-Fachbereichsleiter Hubert Thiermeyer. Er bezeichnete Galeria-Eigner René Benko als "verantwortungslosen Milliardär", der seine Pflicht zum Investieren verweigere. "Wir finden uns mit dieser Fehlentscheidung nicht ab", fügte er hinzu.
Handelsverband Bayern: "Hoffnungen enttäuscht"
Auch der Geschäftsführer des Handelsverbandes Bayern, Bernd Ohlmann, kritisierte den Eigentümer der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof. Benko habe die in ihn gesetzten Hoffnungen enttäuscht, so Ohlmann im Interview mit BR24. Dem Geschäftsführer des Handelsverbandes Bayern zufolge werden die Filialschließungen in Städten wie Rosenheim, Kempten oder Coburg zu Problemen führen. Denn es sei vielerorts schwierig, für die Gebäude in zentraler Innenstadtlage eine geeignete Nachnutzung zu finden. Innenstädte könnten veröden, einigen Häusern der Abriss drohen.
Rosenheimer Oberbürgermeister überrascht und verärgert
Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März (CSU) zeigt sich von der Schließung des Rosenheimer Standorts von Galeria Karstadt Kaufhof ebenfalls überrascht und verärgert. Er kritisierte, Rosenheim hätte mit seiner Lage in der Region und der hohen Kaufkraft eine weitere Chance verdient gehabt. "Die Entscheidung der Essener Konzernzentrale ist vor diesem Hintergrund ein Schlag ins Gesicht und nicht nachvollziehbar." Seine Gedanken seien bei den betroffenen Beschäftigten der Rosenheimer Filiale. Aber der heimische Arbeitsmarkt sei aufnahmefähig genug, um den Beschäftigten neue zukunftsfähige Arbeitsplätze zu bieten. Mit den Eigentümern der Immobilie wolle er rasch über die künftige Nutzung sprechen.
Nürnberg will Schließungen nicht hinnehmen
Der Nürnberger Oberbürgermeister Marcus König (CSU) sagte, auch die Stadt wolle die angekündigte Schließung von zwei der drei Filialen nicht hinnehmen. "Warum gerade Nürnberg mit seiner seit Jahren wachsenden Bevölkerung auf der Streichliste steht, lässt sich nur schwer nachvollziehen." Mit den 370 Beschäftigten "werden wir deshalb für den Verbleib aller Nürnberger Filialen und Arbeitsplätze kämpfen."
Für Kempten ein "herber Verlust"
Für die Stadt Kempten sei die geplante Schließung ein "herber Verlust", so Andreas Gärtner vom Handelsverband Schwaben auf Anfrage des BR. Galeria-Kaufhof sei an seinen Standorten nach wie vor ein "großer Kundenmagnet". Wenn ein so großer Anziehungspunkt verloren gehe, würden sich auch die Kundenströme verändern, so Handelsexperte Gärtner.
Die Konzernleitung habe über viele Jahre hinweg "nicht die richtigen Konzepte gefunden". Auch die Kundengruppe sei schmaler geworden: "Kaufhaus war natürlich immer ein ein Ort, wo man sich teilweise einfach auch mit Basics eingedeckt hat, der klassischen Unterhose oder Socken und so weiter. Und da ist natürlich die Online-Konkurrenz extrem stark." Aus seiner Sicht müsse Galeria daran arbeiten, ein klares Profil zu finden.
Gleichzeitig müsse man aber auch sehen, dass die Gläubigerversammlung dem Ganzen am 27. März erst noch zustimmen müsse. "Dann werden die Karten wieder komplett neu gemischt."
Verdi sieht in Oberfranken Versagen des Managements
Zwei der insgesamt drei oberfränkischen Standorte von Galeria Karstadt Kaufhof stehen vor dem Aus. Der stellvertretende Verdi-Bezirksgeschäftsführer Oberfranken-Ost, Paul Lehmann, sprach von einem "rabenschwarzen Tag" für die Beschäftigten der beiden oberfränkischen Standorte. "Die Häuser wären aus unserer Sicht zukunftsfähig gewesen – bei entsprechenden Investitionen und auch, wenn der Wille dazu da gewesen wäre", so Lehmann. Hier zeige sich ein klares Versagen des Managements, das die Beschäftigten nun ausbaden müssten.
"Die Hoffnung stirbt zuletzt"
Bayreuths Oberbürgermeister Ebersberger (CSU) will die Hoffnung noch nicht aufgeben. Wie Ebersberger dem BR sagte, stehe die Stadt mit Vertretern des Konzerns in Verbindung. Zwar sei man sich der Notwendigkeiten, die ein solches Insolvenzverfahren mit sich bringe, bewusst. Aber: "In den nächsten Tage wird noch einmal diskutiert werden." Über die Aussichten, dass sich die Bayreuther Filiale in letzter Minute doch noch retten lässt, sagte Ebersberger: "Die Hoffnung stirbt zuletzt."
Verdi: Regensburg braucht neue, zukunftsfähige Konzepte
Auch in Regensburg wird eine Kaufhof-Filiale geschlossen. Es wird geschätzt, dass etwa 50 bis 80 vor allem ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Die Oberpfälzer Verdi-Gewerkschaftssekretärin Christin Rappl zeigte sich auf BR-Anfrage empört: "Wir sind bestürzt über die Nachricht, dass die Filiale am Neupfarrplatz geschlossen wird. Wir geben dem Management die Schuld daran. Die Zukunftsfähigkeit der Häuser wäre schon gegeben, wenn man entsprechend den Willen zur Investition hätte."
Man werde versuchen, Bündnispartner, die Stadt Regensburg und die Politik mit ins Boot zu holen, mit denen gemeinsam man dann den Kampf aufnehmen wolle. Es sei auch im Interesse der Stadt, dass die Innenstadt nicht ausbluten dürfe. Rappl fordert, sich zukunftsfähige Konzepte zu überlegen, die durchaus vorstellbar seien, dazu seien aber Investitionen notwendig.
Zwölf Filialen in Bayern dürfen bleiben
Eine Zukunft sieht der Konzern jedoch nur noch für zwölf Häuser in Bayern: Neben vier Standorten in München - Marienplatz, OEZ, Rotkreuzplatz und Schwabing - sind das die Häuser Würzburg, Nürnberg-Lorenzkirche, Regensburg, Landshut, Memmingen, Aschaffenburg, Augsburg und Bamberg. Sie sollen in den kommenden drei Jahren umfassend modernisiert und das Sortiment stärker auf die lokalen und regionalen Bedürfnisse ausgerichtet werden.
Der Konzern hatte Ende Oktober zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren suchen müssen. Als Grund nennt das Unternehmen eine Mischung aus Corona-Krise, Ukraine-Krieg, Inflation und nachlassender Konsumfreude. Bundesweit sollen 52 Filialen schließen. 77 bleiben erhalten. Von den Schließungen sind nach Unternehmensangaben 4.000 Mitarbeiter betroffen. Zudem fallen in der Zentrale und bei Servicefunktionen 300 Jobs weg. Für die betroffenen Mitarbeiter soll es eine Transfergesellschaft geben.
Mit Informationen von dpa

Für den Handelsforscher Thomas Roeb ist mit den Schließungen das Grundproblem bei Karstadt und Galerie Kaufhof nicht gelöst.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!