Auf Schloss Elmau wird in den kommenden Tagen der G7-Gipfel stattfinden.
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Auf Schloss Elmau wird in den kommenden Tagen der G7-Gipfel stattfinden.

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G7-Gipfel: Nerventest für Anwohner, Autofahrer und Polizei

Politik und Polizei haben bereits über das großdimensionierte Sicherheitskonzept für den G7-Gipfel in Elmau informiert. Ein Überblick zu den geplanten Maßnahmen - und welche Auswirkungen sie auf die Region haben werden.

Der Brandanschlag auf acht Polizeibusse, die in München auf ihren Einsatz beim G7-Gipfel gewartet hatten, hat es noch einmal deutlich gemacht: Das weltpolitische Gipfeltreffen in Elmau wird auch in der zweiten Auflage eine Herausforderung für Organisatoren und Sicherheitskräfte - vielleicht noch mehr als 2015, wie Anton Speer (FW), Landrat von Garmisch-Partenkirchen, auf einer Pressekonferenz deutlich machte.

Ein Gipfeltreffen in Zeiten von Krieg und Krise

Damals, so der Landrat, habe es noch keinen Krieg in der Ukraine gegeben, keine Corona-Krise, keine größeren Klimaproteste - und nicht zeitgleich die Passionsspiele in Oberammergau. Nicht weniger als 17 Demonstrations- und Kundgebungsanfragen sind bis zur Stunde eingetroffen, die das Landratsamt teilweise gebündelt noch heute, jedenfalls aber zeitnah beantworten will.

Intensivster Aktionstag dürfte Montag, der 27. Juni, werden, an dem am Tagungsort Sternmärsche stattfinden sollen, deren genaue Route gerade erarbeitet wird. Die Einsatzzentrale der Behörden in Garmisch-Partenkirchen ist diesmal die leerstehende Zugspitz-Realschule, von der aus vier Einsatzabschnitte betreut werden. In München findet schon am Samstag eine weitere Großkundgebung statt, zu der 20.000 Teilnehmer erwartet werden.

Strenge Sicherheitsmaßnahmen vor Ort und im digitalen Raum

Zu Details des Sicherheitskonzepts gab Polizeipräsident Manfred Hauser Auskunft. Koordiniert wird die Polizeiarbeit diesmal durch zwei parallel arbeitende Einsatzstäbe: die Gruppe Wetterstein, die für Elmau und das Umland einschließlich der Transferstrecken vom Münchner Flughafen verantwortlich ist, und eine eigene Einsatzleitung für München.

Am Tagungsort sollen umfangreiche Umleitungen, Flugverkehrszonen und Absperreinrichtungen, dazu Steinschlag- und Lawinenschutzvorrichtungen den in Kriegszeiten besonders sensiblen Sicherheitsbedürfnissen der Tagungsteilnehmer Rechnung tragen. Anwohnern und Umweltschützern sichert Hauser zu, dass alle Absperrungen und Sicherungsanlagen nach dem Gipfel restlos beseitigt werden. Auch auf mögliche Cyberangriffe seien die Sicherheitsbehörden vorbereitet:

"Wir haben sowohl die reale als auch die virtuelle Welt im Blick." Polizeipräsident Manfred Hauser

Das Demonstrations-Camp

Für Demonstranten wird wie schon 2015 - und diesmal ohne größere Konflikte im Vorfeld - wieder ein Zeltlager eingerichtet, das vom 23. bis 30. Juni als Übernachtungsmöglichkeit für 750 Gipfelgegner dient. "Offene und deeskalierende Gespräche" sollen ein möglichst konfliktfreies Miteinander von Aktivisten und Polizisten gewährleisten. Aber, auch das machte Hauser deutlich: Sollte es zu Gewalttaten im Camp oder zu Blockaden kommen, will die Polizei mit speziell geschulten Einsatzkräften eingreifen.

Nervenprobe für Anwohner, Sicherheitsbeamte, Ehrenamtliche ...

Der G7-Gipfel sei "eine große Ehre, aber auch eine große Aufgabe", so Landrat Speer. Man könnte auch sagen: eine Belastung, nicht nur für die Anwohner. Um vor Ort in 24-Stunden-Präsenz genügend - insgesamt 18.000 - Polizeikräfte zur Verfügung zu haben, gilt eine Urlaubssperre; auch die Zusatzbelastung für die personell ausgedünnten Einsatzkräfte im übrigen Bayern ist groß. Allein in Unterfranken etwa fehlen in diesen Tagen 800 Polizisten.

Teils Tag und Nacht im Großeinsatz sind während des G7-Gipfels auch das Bayerische Rote Kreuz und andere Hilfsorganisationen. Schätzungsweise 430 Einsatzkräfte des Bayerischen Roten Kreuzes, des Malteser-Hilfsdienstes, des MKT und der Bundeswehr sind in und um Garmisch aktiv, Hunderte weitere in den angrenzenden Regionen.

Beispiel BRK: "Während im Landkreis normalerweise sieben Rettungswagen vorgehalten werden, werden diese während des Gipfels auf 27 Rettungswagen erhöht", erzählt Gesamteinsatzleiter Klemens Reindl. Auch im Einsatz: vier Schnelleinsatzgruppen, die auf Unfälle mit chemischen, biologischen, radioaktiven und explosiven Substanzen spezialisiert sind.

... und Verkehrsteilnehmer

Auch wer an diesem Wochenende Ausflüge in Richtung Garmisch unternehmen will, sollte sich das vielleicht noch einmal überlegen oder gute Nerven mitbringen. Grundsätzlich, berichtet der Polizeipräsident, soll die An- und Abreise der Staatsgäste und ihrer Begleitteams per Hubschrauber erfolgen - wetterbedingt könnten jedoch auch Autokonvois nötig sein. Autofahrer sollten also auf aktuelle Verkehrsnachrichten achten und München großräumig umfahren. In der Landeshauptstadt werden schon jetzt unter anderem mehrere Tunnel des Mittleren Rings gesperrt, zahlreiche Parkplätze zu kurzfristigen Halteverbotszonen erklärt.

Potenziell betroffen ist zudem der gesamte Reiseverkehr aus Nordbayern nach Süden und zurück. Entsprechende Ausweich-Beschilderungen sind oder werden laut Hauser eingerichtet. Von Nürnberg etwa wird Richtung Österreich die sogenannte "blaue Route" über Straubing empfohlen.

Bahnfahren ist in den betroffenen Regionen in diesen Tagen nur bedingt eine Alternative; auch auf der Schiene ist mit verstärkten Kontrollen und Behinderungen zu rechnen. Für die meisten weniger relevant, aber mit erheblichem Aufwand verbunden: die Flugsicherheitszone, die praktisch von Ingolstadt bis zur italienischen Staatsgrenze und am Alpenrand von Füssen bis an den Tegernsee reicht. Hier gelten Restriktionen für bemannte Flüge, Gleitschirmflieger oder Drohnen.

  • Für Fragen zur Verkehrssituation vor Ort hat die Polizei eine Hotline eingerichtet: 0800 / 7766330

Der Anschlag in München: Offenbar politisch motiviert

Noch einmal zurück zum Brandanschlag auf acht Polizeifahrzeuge nahe dem Münchner Gasteig: Am Mittwochnachmittag ist die Spurensicherung größtenteils abgeschlossen. Am Tatort, der Hochstraße im Münchner Stadtteil Haidhausen, riecht es nach Rauch und geschmolzenem Plastik, die zerstörten Fahrzeuge werden nach und nach abgeschleppt.

Brandanschlag auf Polizeibusse in München
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Brandanschlag auf Polizeibusse in München

Polizeisprecher Andreas Franken geht von vorsätzlicher Brandstiftung aus, der Gesamtschaden beläuft sich auf über 100.000 Euro. Auch wenn es kein Bekennerschreiben gibt, ist ein politisches Motiv, das sich gegen den G7-Gipfel richtet, sehr wahrscheinlich. Dazu passt auch diese Beobachtung: ein zwischen den Polizeiwagen geparkter schwarzer Porsche wurde von den Brandstiftern verschont.

Herrmann: Weitere Anschläge nicht auszuschließen

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) rief mögliche Zeugen auf, sich bei der Polizei zu melden. Derzeit seien die Kriminaltechniker noch dabei, den Vorfall zu analysieren; jede Betrachtung mit gesundem Menschenverstand spreche aber dafür, dass es ein gezielter Anschlag gewesen sei. Es wäre der erste im Zusammenhang mit dem G7-Gipfel 2022, möglicherweise aber nicht der letzte.

"Wir haben uns in unserem Sicherheitskonzept ja darauf eingestellt, dass es zu solchen Anschlägen kommen kann. Deswegen sind ja so viele Tausende von Beamtinnen und Beamten aus Bayern, aus dem Bund, aus den anderen Bundesländern hier im Einsatz. Das sind leider alles keine Hirngespinste, sondern es sind reale Gefahren." Innenminister Joachim Herrmann

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