Im Fürther Stadttheater erhielt die 1970 in Wien geborene Autorin Eva Menasse den mit 10.000 Euro dotierten Jakob-Wassermann-Literaturpreis. Mit ihren erfolgreichen Romanen wie "Vienna" (2005) über eine österreichisch-jüdische Familie oder "Dunkelblum" (2021) über das Verschweigen von NS-Verbrechen in der Nachkriegszeit steht Eva Menasses Werk in der Tradition des deutsch-jüdischen Bestsellerautors aus Fürth.
Pointierte Essays, aufklärerische Romane
Eva Menasse erhält den Jakob-Wassermann-Literaturpreis der Stadt Fürth 2023 in Anerkennung ihres "facettenreichen erzählerischen und essayistischen Werks, das in einem unverwechselbaren, lakonisch-pointierten Stil moderne Befindlichkeiten und historische Verwerfungen seziert", begründete das Kuratorium des Preises seine Entscheidung für die seit Langem in Berlin lebende Autorin. Die Mitbegründerin und Sprecherin der Schriftstellervereinigung PEN Berlin stehe somit ganz in der Tradition jenes aufgeklärten Humanismus, den auch Jakob Wassermann repräsentiert habe.
150. Geburtstag von Jakob Wassermann
Der Jakob-Wassermann-Literaturpreis wird seit 1996 verliehen und erinnert an das Werk und Wirken des ehemals berühmten Autors. Bislang wurde er 14 Mal vergeben, Preisträgerinnen und Preisträger sind unter anderem Hilde Domin, Sten Nadolny, Uwe Timm und Gila Lustiger. Die Verleihung an Eva Menasse ist eine ganz Besondere. Denn sie fällt fast auf den Tag genau auf den Tag, an dem Jakob Wassermann vor 150. Jahren in Fürth geboren wurde. Das war am 10. März 1873.
Jakob Wassermanns Selbstdarstellung in einem Buch
Fast vergessener Bestsellerautor
In den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts war Jakob Wassermann einer der meistgelesenen deutschsprachigen Autoren. Mit Romanen wie "Caspar Hauser oder die Trägheit des Herzens" (1908), "Das Gänsemännchen" (1915) oder "Der Fall Maurizius" (1928) schuf der Franke internationale Bestseller. Sein Freund Thomas Mann, der mitunter neidisch auf Wassermann hohe Auflagen schielte, bezeichnete ihn sogar als "Weltstar des Romans". Heute wird der äußerst produktive Autor, der rund 20 Romane, Hunderte von Erzählungen, dazu Essays, Theaterstücke und zwei Autobiographien schrieb, nur noch wenig gelesen.
Die Stadt der tausend Schlöte
Jakob Wassermann wuchs in Fürth in kleinbürgerlichen, ärmlichen Verhältnissen auf. Sein liebloser Vater, ein jüdischer Kurzwarenhändler, hatte geschäftlich Pech. Und die Stiefmutter machte Jakob das Leben schwer. Sämtliche Schreibversuche des sensiblen Jungen, der ein begnadetes Erzähltalent hatte, wurden erstickt und bestraft. Dazu kommt der permanente Antisemitismus in der Stadt.
"Ein höhnischer Zuruf von Gassenjungen, ein giftiger Blick, abschätzige Miene, gewisse wiederkehrende Verächtlichkeit, das war alltäglich." Zitat aus der Autobiografie 'Mein Weg als Deutscher und Jude' (1921)
Bücher von Jakob Wassermann
Antisemitische Schmähungen
Dabei war Jakob Wassermann nicht religiös. Er empfand sich als Deutscher und Jude zugleich, beides untrennbar miteinander verbunden. Doch er konnte tun, was er wollte, immer wieder erlebte er Ausgrenzung, Bosheit, Fanatismus und hatte trotz seines schriftstellerischen Erfolgs nie das Gefühl, ganz akzeptiert zu sein.
"Es ist vergeblich, das Volk der Dichter und Denker im Namen seiner Dichter und Denker zu beschwören. Jedes Vorurteil, das man abgetan glaubt, bringt, wie Aas die Würmer, tausend neue zutage. Es ist vergeblich, das Gift zu entgiften. Sie brauen frisches. Es ist vergeblich für sie zu leben und für sie zu sterben. Sie sagen: Er ist ein Jude." Zitat aus der Autobiografie 'Mein Weg als Deutscher und Jude' (1921)
Wassermanns Bücher werden von den Nazis verbrannt
Thomas Mann fand diesen Klageschrei seines Freundes Wassermann aus dem Jahr 1921 übersensibel und hielt den Antisemitismus für ein "schwaches Pflänzchen ohne tiefe Verwurzelung". Zwölf Jahre später waren die Nationalsozialisten an der Macht und verbrannten auch Wassermanns Bücher. Den Mord an Millionen deutscher und europäischer Juden erlebte Jakob Wassermann nicht mehr. Er starb am 1. Januar 1934 an einem Schlaganfall.
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