Das Regensburger Frauenhaus verfügt über zwölf Plätze für Frauen und deren Kinder. Die Zimmer sind durchgehend zu 100 Prozent belegt, sagt Ingeborg Heindl, Sozialpädagogin im Autonomen Frauenhaus Regensburg. Frauen, die zu Heindl kommen, haben in ihrer Partnerschaft psychische, vielfach auch schlimmste körperliche Gewalt erfahren.
Die meisten Hilfesuchenden kommen aus Regensburg und den nahegelegenen Landkreisen Cham, Neumarkt und Kelheim. Doch Heindl kann nur einem Bruchteil der Frauen einen sicheren Platz im Frauenhaus ermöglichen. 2022 haben hier 154 Frauen Schutz gesucht, die meisten waren mit Kindern auf der Flucht vor häuslicher Gewalt. 134 Frauen von ihnen mussten weitervermittelt werden. Doch in anderen Frauenhäusern in Bayern ist die Lage ebenso prekär.
- Zum Hintergrund: "Gewalt in Beziehungen ist kein privates Problem"
Europarat: Deutschland schützt Frauen zu wenig
Fast nirgendswo gibt es freie Plätze. Dabei hat die Bundesrepublik vor fünf Jahren die Istanbuler Konvention ratifiziert. Deutschland verpflichtet sich damit, "einen umfassenden Rahmen sowie umfassende politische und sonstige Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung aller Opfer von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zu entwerfen“.
Der Europarat mahnt bereits: Deutschland tue bisher zu wenig zum Schutz von Frauen. Die polizeiliche Kriminalstatistik des Bundeskriminalamts zeigt, dass jeden dritten Tag eine Frau von ihrem jetzigen oder Ex-Partner getötet wird. Ausgerechnet jetzt steht die Finanzierung der Frauenhäuser zur Diskussion.
Finanzierung: Einzelfallprüfung statt pauschale Hilfe
Bisher werden viele Frauenhäuser in Bayern noch pauschal durch den Freistaat und die Kommunen finanziert. Sie sind die Sozialleistungsträger. Geht es nach dem Bayerischen Städtetag und dem Bayerische Landkreistag, sollen Frauenhäuser aber in Zukunft nach Einzelfall und Tagessatz finanziert werden. Das gebe das Sozialgesetz vor, so Klaus Schulenburg vom Bayerischen Landkreistag. "Der rechtliche Rahmen sieht vor, dass wir Leistungsumfang und Qualität kontrollieren müssen und die Wirtschaftlichkeit der Leistung überprüfbar ist." Konkret heißt das: Die Finanzierung der Frauenhäuser muss transparenter werden.
Frauenhäuser: Bürokratie geht vor Schutz
Für Ingeborg Heindl vom Regensburger Frauenhaus wäre eine Änderung bei der Finanzierung der Frauenhäuser aber fatal. Frauen müssten dann erst einmal ihren Anspruch erklären oder gar eine Anzeige nachweisen. "Die Frau sitzt mit gepackten Taschen und Kindern zu Hause und dann ist eine Leistungsvereinbarung das Letzte, worüber sie sich Gedanken macht." Oft seien die Frauen geschockt, dass sie sich überall erklären müssen, so Heindl. Denn die Tagessätze müssen dann von den Frauenhäusern mit den jeweiligen Kostenträgern ausgehandelt werden.
Außerdem würden sie nur für einen bestimmten Zeitraum festgelegt werden. "Die Entscheidung über die Notwendigkeit oder die Beendigung eines Frauenhausaufenthalts ist somit in den Steuerungsbereich der Sozialleistungsträger geraten und orientiert sich immer weniger an dem Bedarf der von Gewalt betroffenen Frauen", so die zentrale Informationsstelle der autonomen Frauenhäuser in Deutschland.
Sozialleistung: Einige Frauengruppen außen vor
Frauen, die keinen Sozialleistungsanspruch haben, müssen den Aufenthalt in einem Frauenhaus schlimmstenfalls selber zahlen oder können gar nicht aufgenommen werden. Zum Beispiel Studentinnen, Schülerinnen, Auszubildende oder Frauen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus. Die Kommunalverbände sehen sich zu Unrecht in der Kritik. Der Bayerische Städtetag teilt auf BR-Nachfrage mit: "Eine pauschale Finanzierung bietet leider keine Gewähr, die betriebswirtschaftliche Existenz eines Frauenhauses zu sichern. Kommunen müssen – angehalten von der Rechtsaufsicht - auf Kostentransparenz achten.“
Bayerische Kommunen: Unterstützung bleibt gewährleistet
Auch der Bayerische Landkreistag entgegnet, dass die Kritik an den Gesetzgeber gerichtet werden muss. Weder die Landkreise noch die Städte hätten ein Interesse, weder den Zugang zu Frauenhäusern zu erschweren noch die Finanzierung zu minimieren. Ganz im Gegenteil: "Sollte die Tagespauschale nicht ausreichen, dann schießen wir nach." Für Ingeborg Heindl steht der Schutz der Frauen an oberster Stelle. Die Frage zur Finanzierung sei dabei hinderlich. Sie werde auf dem Rücken der Frauen ausgetragen, so Heindl.
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