Freiwillige Feuerwehr Schweinthal, Oberfranken
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Freiwillige Feuerwehr Schweinthal, Oberfranken

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Frauen in der Feuerwehr: "Ziel ist Anteil von 15 bis 20 Prozent"

Wenn es in oder um das oberfränkische Schweinthal brennt, rückt die Feuerwehr aus. Doch etwas ist besonders: Die FFW hat hier einen Frauenanteil von 55 Prozent. Auch bayernweit will die Feuerwehr mehr Frauen anwerben und auf bis zu 20 Prozent kommen.

"Frauen sind Astronauten und Bundeskanzler – Warum dann nicht auch Feuerwehrfrauen?" Mit diesem Spruch wirbt der Landesfeuerwehrverband Bayern für mehr Frauen in diesem Ehrenamt. Auf seiner Internetseite porträtiert der Verband etwa weibliche Einsatzkräfte wie Nadine Lang von der Feuerwehr Lauf an der Pegnitz oder Franziska Saller von der Feuerwehr Dingolfing. Im oberfränkischen Schweinthal wäre der Verband ebenfalls ganz schnell fündig geworden, denn dort sind über 50 Prozent der aktiven FFW-Mitglieder Frauen.

Feuerwehr kann Jugendliche begeistern

In Schweinthal gibt es drei denkmalgeschützte Bauwerke: einen Fachwerkstadel, eine Wassermühle am westlichen Ortsrand und das Feuerwehrhaus. Tief verwurzelt sind die 90 Einwohner auch mit ihrer Löschtruppe. Wenn junge Leute etwas unternehmen wollen, dann waren sie hier schon immer richtig.

Teamgeist leben, und zwar von klein an, das war und ist auch das Motto des Kommandanten Wolfgang Gantke. Schon als Jugendwart hat er vor 23 Jahren angefangen, die Mädchen für die Feuerwehr zu begeistern und sie auch zu fördern. Viele sind dabeigeblieben. So zählt die Freiwillige Feuerwehr Schweinthal derzeit 34 aktive Mitglieder, 19 davon sind weiblich.

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Kommandant Wolfgang Gantke (re.) und seine Feuerwehrtruppe der FFW Schweinthal

Ehrensache Feuerwehr

Erst am 21. Oktober 1966 war in Bayern eine Verordnung erlassen worden, die es erlaubte, auch Frauen offiziell in der Feuerwehr aufzunehmen. Grund dafür war vor allem, dass viele Männer in die Städte pendeln mussten, um dort zu arbeiten und die Dörfer tagsüber keine Feuerwehr hatten. 1985 ließ Hamburg als erstes Bundesland Frauen auch in der Berufsfeuerwehr zu.

Auf dem Dorf war das Ehrenamt früher fest verankert. Heutzutage ist das nicht mehr überall selbstverständlich, vor allem, wenn es um eine langfristige Bindung in einem Ehrenamt gehe, meint Andrea Fürstberger, Frauenbeauftragte des Landesfeuerwehrverbandes Bayern. "Ich bin vor 30 Jahren zur Feuerwehr gegangen. Da war das noch selbstverständlich, dass meine Brüder auch bei der Feuerwehr waren, weil jeder dabei war. Und es gab nicht so viele andere Vereine, wo man sich ehrenamtlich engagieren konnte", sagt Fürstberger. "Jetzt stehen die Vereine Schlange mit einem Mitgliedsantrag in der Hand. Zudem kann oder will man sich nicht mehr so viel Zeit für das Ehrenamt nehmen."

Frauen auch für Führungspositionen gesucht

Hinzukommt, meint die Frauenbeauftragte, dass Feuerwehrleute in Leitungsposition nicht mehr ihr ganzes Leben bei der Feuerwehr sein können oder wollen. Früher war der Kommandant oder der Kreisbrandmeister über 20 Jahre im Amt. Das hat sich gewandelt: Sie hören früher auf. "Das heißt, wir brauchen Nachwuchs und wir brauchen weiblichen Nachwuchs in Führungsdienstgraden. Doch da sind wir vom Anteil her gerade einmal bei einem Prozent an weiblichen Feuerwehrleuten", so Fürstberger.

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Feuerwehrübung bei der FFW Schweinthal in Oberfranken

Frauen in der Feuerwehr: "Ziel ist Anteil von 15 bis 20 Prozent"

Die Feuerwehr in Bayern will mehr Frauen in der Truppe. Die Frauenbeauftragte sieht insgesamt einen guten Zulauf weiblicher Interessenten bei der Feuerwehr im Freistaat. Derzeit seien bereits zehn Prozent der Feuerwehrleute weiblich. Klares Ziel sei jedoch ein Anteil von 15 bis 20 Prozent in den bayerischen Wehren, so Fürstberger im Interview mit dem BR.

34.000 der rund 331.000 Feuerwehrler in Bayern sind bereits weiblich. "Frauen sind anders als Männer – und das ist gut so. Sie denken anders, die kommunizieren anders, reagieren anders. Sie sind ein wichtiges Puzzlestück für eine gut funktionierende Mannschaft", heißt es auf der Seite des Landesfeuerwehrbandes Bayern.

Von jeher üben sich Frauen in Multitasking: Sie koordinieren Familie und Beruf, haben ein gutes Gespür für Menschen und zeigen Stärke. Genau das, was bei der Feuerwehr gebraucht wird. "Der Trend geht seit Jahren langsam nach oben", sagt Fürstberger. "Wir waren vor zehn Jahren noch bei sieben Prozent. Von daher ist das schon nicht schlecht."

Viele Mädchen bei Jugendfeuerwehr - aber sie bleiben nicht

Und sie werden gebraucht, denn die Feuerwehr hat insgesamt Nachwuchsprobleme. Nicht umsonst startete der Landesverband schon vor Jahren die Kampagne "Stell dir vor, es brennt und keiner löscht". "Erstaunlicherweise haben wir in der Jugendfeuerwehr im Moment einen Anteil von 30 Prozent an Mädchen. Und wir versuchen gerade zu eruieren, wohin wir sie dann im späteren Alter verlieren", sagt die Landesfrauenbeauftragte des Landesfeuerwehrverbands.

Denn es sei oft so, dass sie sich woanders hin orientierten, wenn sie erwachsen werden. Da komme der erste Freund oder ein Studium in einer anderen Stadt. "Noch dazu kommt, dass auch viele Frauen gar nicht wissen, dass sie bei der Feuerwehr auch gebraucht werden", ergänzt Fürstberger. "Oft ist dann immer nur in der Zeitung zu lesen, die Feuerwehr war im Einsatz. Da müssen wir deutlicher machen, dass da viele Frauen dabei sind."

Durchschnittlich 600 Einsätze pro Tag in Bayern

Die neuesten Zahlen des Bayerischen Innenministeriums zu den Einsätzen beziehen sich auf das Jahr 2020. Danach wurden die Feuerwehren 218.000 Mal zu Hilfe gerufen. Rechnerisch wären das 600 Einsätze am Tag. Zusätzlich wurden noch 32.500 Brandsicherheitswachen geleistet. Die Feuerwehrfrauen und -männer wurden zu rund 20.000 Bränden, 107.000 technischen Hilfeleistungen, 4.500 ABC-Einsätzen und 60.000 Rettungsdiensteinsätzen gerufen. Immer noch hoch sind die falschen Alarmierungen. Bei rund einem Achtel der Einsätze rückten die Feuerwehren umsonst aus. Es gab 26.000 Fehlalarme.

Die meisten Freiwilligen Feuerwehren gibt es in Oberbayern, gefolgt von Oberfranken und Mittelfranken. Insgesamt engagieren sich im Freistaat Menschen in 7.538 Freiwilligen Feuerwehren und sieben Berufsfeuerwehren als kommunale Einrichtungen sowie in 161 Werk- und 52 Betriebsfeuerwehren.

Kommunen auf Freiwillige Feuerwehr angewiesen

Zudem wird seit Langem darüber diskutiert, ob Feuerwehrleute generell mit 65 Jahren ausscheiden müssen, oder ob nicht ein flexibleres Modell geschaffen werden müsse - mit Gesundheitschecks statt strenger Altersgrenze.

Nur in Städten mit über 100.000 Einwohnern gibt es in Bayern eine Berufsfeuerwehr. Die kleineren Kommunen müssen auf freiwillige Feuerwehren setzen. Doch es wird insgesamt immer schwieriger, Ehrenamtliche zu finden. Noch sind rund 5,2 Millionen Menschen im Freistaat als Freiwillige engagiert. Doch die Zahl geht zurück, viele Vereine finden schon jetzt keine Vorsitzenden mehr. "Retten, löschen, bergen und schützen", auch das Motto der Feuerwehren hat für viel junge Menschen nicht mehr die Zugkraft.

Freiwillige Feuerwehr im oberfränkischen Schweinthal.
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Die Frauenquote bei der Freiwilligen Feuerwehr im oberfränkischen Schweinthal liegt bei 55 Prozent.

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