Wiesenttalbahn in der Fränkischen Schweiz.
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Ein Aktionsbündnis fordert, dass die Wiesenttalbahn in der Fränkischen Schweiz im 30-Minuten-Takt fährt.

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Fränkische Schweiz: Bürger kämpfen für besseren ÖPNV

Seit Langem kämpfen die Bürger rund um Ebermannstadt für einen besseren ÖPNV. Bis zum Petitionsausschuss im Landtag haben sie es geschafft, doch seitdem herrscht Stillstand. Eine Mobilitätsinitiative soll wieder Schwung in die Diskussion bringen.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Umsteigen auf Bus und Bahn ist in der Stadt kein Problem – auf dem Land häufig schon. In der Fränkischen Schweiz fordert ein Aktionsbündnis aus zwölf Kommunen schon lange bessere Anbindungen und bessere Taktungen. Mit immer neuen Aktionen will es auf die Politik Druck ausüben für einen besseren Öffentlichen Nahverkehr.

Forderung nach besserer Taktung und besserer Anbindung

Das Bündnis startete eine Online-Petition, die so viele Stimmen bekommen hat, dass sie im vergangenen Jahr im Petitionsausschuss des Bayerischen Landtags behandelt wurde. Darin forderten die Initiatoren, dass die Wiesenttalbahn im 30-Minuten-Takt fahren soll. Außerdem sollte die Strecke erweitert und die Haltepunkte mit Fahrradabstell- und Sitzplätzen ausgestattet werden. Die Busfahrpläne sollten zudem an den Fahrplan der Wiesenttalbahn angepasst werden.

Doch eine Entscheidung über die Petition wurde auf Eis gelegt. Es seien noch offene Punkte zu klären, heißt es aus dem Landtag. So soll die Bayerische Eisenbahngesellschaft eine aktualisierte Ermittlung vorlegen und die Deutsche Bahn berechnen, was eine Bewirtschaftung der Strecke zwischen Forchheim und Ebermannstadt im Halbstundentakt kosten würde.

Nachfrage bestimmt das Angebot

Stündlich pendeln die kleinen Agilis-Züge zwischen Ebermannstadt und Forchheim. Fünf weitere Haltestationen gibt es auf dem Weg. Das sind Pretzfeld, Kirchehrenbach, Wiesenthau, Gosberg und Pinzberg. "Für eine weitere Taktverdichtung gibt es momentan keine Perspektive", heißt es aus dem bayerischen Verkehrsministerium. Dies liege vor allem an den Nachfragezahlen, die 2019 ermittelt worden seien. Lediglich 650 Reisende pro Kilometer Streckenlänge wurden da gezählt.

Das sei zu wenig, viel zu wenig. Für die Bestellung eines halbstündigen Zugangebots in den Hauptverkehrszeiten brauche man in Bayern eine Nachfrage von 3.000-Reisenden-Kilometer pro Kilometer Streckenlänge, heißt es aus dem Ministerium. Die gab es 2019 nicht.

Bürgermeisterin will Mobilitätswende

Ebermannstadts Bürgermeisterin Christiane Meyer (FW/NLE) wird deutlich: Das Zählen von Fahrgästen sei eine rückwärtsgewandte Denkweise. Die Wiesenttalbahn habe ein unheimliches Potential, das man leicht heben könne. Und weil sich nichts tut, plant sie eine neue Aktion: Beim 700-jährigen Jubiläum der Stadt am 18. Juni soll noch einmal auf das Problem mit der Wiesenttalbahn aufmerksam gemacht werden. Geplant ist ein großes Theaterwochenende mit 140 Teilnehmern, ein Licht- und Feuerspektakel mit dem Pyrotechnikweltmeister Joachim Berner und ein Streckentausch: Die Dampfbahn Fränkische Schweiz tauscht die Strecke mit dem privaten Bahnanbieter Agilis.

"Wer nur Fahrgäste zählt, kommt nicht weiter in Sachen Mobilitätswende." Christiane Meyer, Bürgermeisterin Ebermannstadt

Mit Dampf wird von Forchheim nach Ebermannstadt gefahren und modern von Ebermannstadt nach Behringersmühle. Denn auch das ist eine Forderung des Aktionsbündnisses: die Betreibung der Bahnstrecke bis nach Behringersmühle, am besten bis nach Pottenstein. So soll gezeigt werden, dass auf der Strecke auch moderne Züge fahren können und wie schön das Bahnfahren in diesem Bereich sein kann. Es gehe bei einem besseren ÖPNV nämlich nicht nur um Pendler, es gehe um Touristen, es gehe um verstopfte Straßen.

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Manuela Gath ist eine Teilnehmerin der Mobilitätskampagne in der Fränkischen Schweiz

Mobilitätskampagne im Juni und Juli

Viele Bürger der Region könnten gar nicht auf die Öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen, weil die Verbindungen schlecht sind. Um das zu dokumentieren, läuft im Juni und Juli eine Mobilitätskampagne des Aktionsbündnisses ILE Fränkische Schweiz.

Manuela Gath aus Weilersbach im Landkreis Forchheim macht mit. Sie arbeitet an drei Tagen in der Woche in Nürnberg. Normalerweise nimmt sie für die Fahrt das Auto, weil es praktisch ist und schneller geht. In 45 Minuten ist sie an ihrem Arbeitsplatz. Mit dem ÖPNV braucht sie doppelt so lange und auch nur, wenn es keine Verspätungen bei der Bahn gibt. Das Deutschlandticket bekommt sie dafür vom Aktionsbündnis zur Verfügung gestellt. Dafür muss sie sich an einer Umfrage beteiligen und über eine App ihre Erfahrungen mit den Öffentlichen notieren.

Umsteigen auf den ÖPNV kostet Zeit

Gaths Chef unterstützt die Benutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs. Daher erlaubt er seiner Mitarbeiterin, für die Zeit der Mobilitätskampagne jeden Tag eine halbe Stunde zur Arbeit zu kommen. Ohne diese Sondererlaubnis müsste Gath – bei einem Arbeitsbeginn um 10 Uhr – wegen der schlechten Verbindungen bereits um 7.20 Uhr mit dem Bus starten und wäre mehr als eine Stunde zu früh auf Arbeit.

Für den Rückweg nimmt Gath ab Forchheim die Wiesenttalbahn. Dabei muss sie beachten, dass sie pünktlich aus dem Büro kommt, sonst könnte die Wartezeit am Bahnhof sehr lang werden, weil die Bahn von Forchheim bis nach Kirchehrenbach nur jede Stunde fährt. All diese Probleme soll eine Befragung der Pendler an den Tag bringen.

München verweist auf Vorschriften

Das Bayerische Verkehrsministerium verweist darauf, dass eine Reaktivierung der Strecke Ebermannstadt-Muggendorf nur in Betracht gezogen werden könne, wenn mehr als 1.000 Reisende pro Werktag zu erwarten sind, die Infrastruktur ohne weitere Kosten für den Freistaat wieder instand gesetzt werden könne, ein Unternehmen bereit wäre die Strecke dauerhaft zu betreiben und die ÖPNV-Auftraggeber, also die Betreiber des Öffentlichen Nahverkehrs, sich verpflichten, ein mit dem Freistaat abgestimmtes Buskonzept umzusetzen.

Vorbild: Gräfenbergbahn

Die Politik müsse sich bewegen, fordert das Aktionsbündnis. Vorbild sei hier die Gräfenbergbahn, die zwischen Nürnberg und Gräfenberg fährt. Ein Vorzeigeobjekt, wenn es um die Revitalisierung von Nebenstrecken geht. Durch eine bessere Taktung stieg die Attraktivität. Nach den Zahlen des Bund Naturschutz lag die Zahl der täglichen Fahrgäste im Jahr 2000 bei rund 1.500. Sie stieg auf 5.000 täglich im Jahr 2018. Und auch an Wochenenden hat sich die Nachfrage mit 1.500 Fahrgästen pro Tag verdoppelt.

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