Die obere Isar vom Sylvensteinspeicher bis zu ihren Quellgebieten im Karwendelgebirge bei Scharnitz in Tirol ist einer der letzten Wildflüsse Deutschlands. Ein großer Teil ist Naturschutzgebiet – und ein kleiner Teil wird wirtschaftlich seit fast 100 Jahren genutzt.
Dieser kleine Teil ist das Wasser, dass seit 1924 in Krün abgezweigt wird, damit es den Pegel des Walchensees konstant hält. Und hier liegt die Interessen-Kollision von zwei Umwelt-Themen: die Produktion von sauberem Strom durch das Walchensee-Kraftwerk einerseits und das Lebensrecht von seltenen Fischen in der oberen Isar.
Kraftwerk hat ein Recht auf das Isar-Wasser
Seit 1990 ist geregelt, dass die damalige Firma EON am Isarwehr Krün Wasser über den Isar-Kanal in den Walchensee abzweigen darf. Maximal sind das 25 m3/ pro Sekunde – mehr kann der Kanal nicht fassen. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass dem weiteren natürlichen Verlauf des Flusses zwischen 3 und 4,8 Kubikmeter Wasser pro Sekunde zugeführt werden müssen.
Probleme kommen mit dem Hochwasser
Wenn bei Hochwasser die Isar viel Gestein aus dem Gebirge ins Tal zwischen Scharnitz und Krün spült, wird das Isarwehr in Krün und der Überlauf zum Walchensee durch Gesteinsmassen bedroht. Dies ist auch eine Folge der Klimaerwärmung und von lokalen Starkregenereignissen. Das Geröll lagert zum Teil im Stausee vor dem Wehr und direkt vor dem Wehr. Die Situation kann nur entschärft werden, wenn das Wehr geöffnet wird, und das Geschiebe in die Natur des nächsten Flussabschnitts entlassen wird.
Todesurteil für die Fische
Das ist das Todesurteil für seltene Fischarten wie die Koppe oder die Äsche, die in diesem Bereich zu Hause sind. Wenn das Wehr geöffnet wird, sinke der Wasserpegel oberhalb des Wehrs so rapide ab, dass bei jeder Öffnung 5.000 bis 10.000 Fische verendeten, so der Abgeordnete Andreas Krahl (B90/Grüne) aus Murnau. Die Fischereivereine und Naturschützer fordern deshalb eine Kiessperre weit vor dem Wehr, an der örtliche Bauunternehmen Kies aus dem Fluss entnehmen können. Über den Standort dieser Sperre wird seit Jahren gestritten.
Gemeinden fordern salomonische Lösung
Seit Jahren wollen die Gemeinden Wallgau und Krün, dass der Isar-Kies ohne große Auflagen entnommen werden darf. Dagegen hat immer wieder die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Garmisch-Partenkirchen ihr Veto eingelegt. Der Naturschutz möchte das natürliche Geschiebe des Flusses erhalten, damit das ökologische Gleichgewicht in einem sensiblen Bereich nicht gestört wird. Eine salomonische Lösung muss her.
Umweltminister Glauber soll es richten
Bei einem Vor-Ort-Termin soll nun Umweltminister Thorsten Glauber (FW) das Problem lösen. Auch alle Stimmkreisabgeordneten der Freien Wähler und Landrat Josef Niedermaier (ebenfalls FW) wollen bei dem Termin am Isar-Wehr dabei sein.
Polit-Tourismus am Isar-Wehr
Der Platz am Isar-Wehr hat sich zuletzt schon fast zu einer Art Treffpunkt für an dem Thema interessierte Politiker entwickelt. Vor drei Wochen erreichte das BR-Studio Oberland die Anfrage, ob wir mit dem Umwelt-Experten der SPD ein Interview an betreffender Stelle machen möchten. Eine Woche zuvor pilgerte eine Delegation der Grünen an selbigen Ort. Jetzt Umweltminister Glauber und seine Entourage. Er hat qua Amt im Moment die besten Karten, um für die Kiesproblematik an der Isar konkrete Lösungen anzubieten.
2030 wird in Sachen Kraftwerk neu verhandelt
Ob die vielen Politikertermine an der Isar tatsächlich Hilfe für bedrohte Fischarten bringen, könnte sich am Donnerstag beim Vor-Ort-Termin zeigen. Auch danach bleibt das Thema spannend. 2030 laufen die Konzessionen des Walchensee-Kraftwerk aus und müssen neu verhandelt werden. Die Grünen im Bayerischen Landtag fordern, dass dies mit umfangreichen Modernisierungsarbeiten an den Kraftwerksanlagen und einem besseren Naturschutz für das Öko-System Isar-Walchensee gekoppelt wird.
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