Wolfgang Schäuble will ehrlich sein: "Wie allen geht es mir manchmal auch gehörig auf den Zeiger", gibt er zu, wenn man ihn auf seine Gefühlslage nach einem Jahr Corona-Pandemie anspricht. Mit dieser beschäftigt er sich auch von Berufs wegen Tag für Tag: Der 58-Jährige ist operativer Leiter des städtischen Krisenstabs.
Beratung über Schulen nach den Osterferien
Dieses Gremium kommt derzeit alle drei Tage zusammen – das nächste Mal am Freitag. Dann wird zum Beispiel besprochen, wie es nach den Osterferien in den Schulen weitergeht und wer sich etwa um die Verteilung der Schnelltests kümmert. Der Inzidenzwert vom Freitag ist immer ausschlaggebend für das Vorgehen in der darauffolgenden Woche, und momentan liegt er mal über und mal unter 100.
"Um einen Schwellenwert herumeiern"
"Handeln ist immer kompliziert, wenn wir um so einen Schwellenwert herumeiern", weiß Schäuble aus Erfahrung. Wie immer werden Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), seine beiden Stellvertreterinnen und berufsmäßige Stadträte verschiedener Referate mit am Tisch sitzen. Und wie immer wird Schäuble den Anfang machen und zunächst einmal einen Überblick über die aktuelle Corona-Lage in der Stadt geben.
Denkstruktur wie nach Eisenbahnunglück
Eigentlich ist er Chef der Münchner Berufsfeuerwehr mit ihren mehr als 2.000 Mitarbeitern. Das Managen von Krisen ist gewissermaßen sein Metier. "Krisenmanagement ist etwas, was man lernen kann", betont er. Dann mache es auch letztlich "keinen großen Unterschied, ob man es mit einer Pandemie zu tun hat oder mit einem großen Eisenbahnunglück - die Inhalte sind natürlich anders, aber die Denkstruktur ist ähnlich".
Priorisierung bei Problemen im Impfzentrum
Immer gehe es darum, sich "vom Wichtigen zum Unwichtigen" durchzuarbeiten und sich auf Priorisierungen zu konzentrieren. Schäuble verdeutlicht das am Beispiel der Schwierigkeiten im Impfzentrum: Impfstoff wird zugesagt, dann fallen wieder Lieferungen aus – der Impfstoff AstraZeneca wird zunächst nur für Unter-60-Jährige freigegeben, dann ganz vom Markt genommen und schließlich für Über-60-Jährige empfohlen. "Das alles löst Reaktionen im Vor-Ort-Doing aus", erklärt Schäuble, und dann habe so ein Thema eben Priorität vor anderen Fragen, etwa nach Öffnungsschritten oder weiteren Alkoholverboten.
"Manchmal ist es schon etwas nervtötend"
Der Krisenstab arbeitet meist unter Zeitdruck, oft im Vorgaben-Korsett bayern- oder bundesweiter Regelungen und inzwischen schon viel länger als viele zu Beginn der Pandemie gedacht hätten. Ist das alles nicht auch sehr kräftezehrend? "Manchmal ist es schon etwas – wie soll ich sagen – nervtötend", räumt Schäuble im BR-Interview ein: "Man muss sich auf diesen Marathon schon einstellen" – und wie es aussieht, hat er das längst getan.
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