Eine Modelleisenbahn hält an einem Bahnhof, davor sitzen Personen an Tischen und Bänken.
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Wegen der Corona-Pandemie hat es beim Hobby Modelleisenbahn einen Aufschwung gegeben. Auch in Bayreuth gibt es neue Mitglieder.

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Faszination Modelleisenbahn: Aufschwung auch wegen Corona

Lichtenfels, Kulmbach, Münchberg, Bayreuth - fast überall gibt es in Oberfranken Modelleisenbahnclubs. Nach einer gewissen Flaute in der Szene und bei den Modellbahnherstellern ist das Hobby wieder im Kommen - auch wegen Corona.

Die kleine gelbe Diesellok will nicht fahren. Marco Fritzsche schiebt, zieht, probiert. Kein Kontakt zum Strom. Die digitale Adresse der Modelllokomotive stimmt nicht. Also geht es noch mal an den Rechner, um die Adresse zu prüfen. Dann drückt Fritzsche ein paar Knöpfe und sie fährt los. Während er noch prüft, dass die gelbe Lok auf das richtige Gleis fährt, überwacht neben ihm der 15-jährige Alexander das digitale Fahrpult. Die beiden gehören zum Bayreuther Modelleisenbahnclub MEC und basteln gerade an einem Containerbahnhof.

Dort sollen im Endausbau – vorbildgetreu – Container von der Schiene auf die Straße umgeladen werden. Ein riesiger grauer Containerkran spannt sich über drei Gleise und die Ladestraßen. Auf denen fahren selbstständig kleine Lastwagen um die Verladeanlage, angetrieben von einer unterirdischen Stromleitung. Das Containerterminal ist ein neues Anbauteil der großen Clubanlage des MEC Bayreuth.

Modelleisenbahn: Aufschwung wegen Corona

Jeden Samstag ist Bautag im Bayreuther Modelleisenbahnclub. Dann treffen sich die Mitglieder, die gerade Zeit haben und erweitern die Anlagen, reparieren, erneuern, ersetzen oder programmieren an den digitalen Steuerungen der Modellbahnanlagen. 86 seien sie jetzt, freut sich Vorstand Michael Hübner. Im letzten Jahr hätten sie sechs Neuzugänge bekommen. Das Interesse am Hobby Modellbahn habe merklich zugenommen. Das liege wohl auch an Corona. Während der Lockdowns hätten viele ihre alten Anlagen wiederentdeckt und entstaubt.

Und nun stünden immer wieder Menschen – meistens Männer – mit ihren Modellbausätzen unter dem Arm bei ihnen im Club. Sie fragen häufig um Rat oder wollen mitmachen, so Hübner. Alt und Jung arbeiten in den Clubräumen in der Weiherstraße wie selbstverständlich zusammen. Von 12 bis 80 Jahre reicht die Altersspanne.

Trafo aufdrehen und losfahren war einmal

Frank Berneth sitzt hinter zwei Monitoren und blickt über die große Märklin-Bahnhofsanlage. Unter dem Kopfbahnhof ist auf einer weiteren Etage ein Schattenbahnhof mit den gleichen Ausmaßen. Über ein, als Tunnel getarntes, Gleiswendel fahren die Züge nach oben. Dazwischen die Elektronik: Kabelbäume und Relais. Ein Labyrinth. Trafo aufdrehen und losfahren – so einfach ist das nicht mehr. Frank Berneth prüft die Schaltungen, ob die Züge alle richtig im Rechner einprogrammiert sind. Dazu fährt er mit jedem Zug jedes Gleis ab. Am Ende soll das alles vollautomatisch funktionieren.

Sogar das Licht in den Zügen kann er ein- und ausschalten. Der Bankkaufmann sieht die Arbeit im Club als Ausgleich. Vor zehn Jahren sei er wieder in das Hobby eingestiegen, berichtet er. Als Kinder hätten er und sein Bruder ihre erste Märklin bekommen. Damit hätten sie gespielt bis in die Pubertät. Dann kamen Ausbildung, Beruf und die üblichen Anfangsjahre im richtigen Leben, bis es wieder losging: die typische Modelleisenbahnerbiographie. Berneths Augen leuchten, während er erzählt.

Digitale Monitore wie am echten Bahnhof

Jetzt bastelt er mit Vorliebe an elektrischen Dingen. Stolz ist er auf seine Fahrplantafeln. Im Maßstab 1:87 laufen Schriften mit Fahrtrichtung, Abfahrtszeiten und Gleisangabe über Mini-Monitore auf den Bahnsteigen. Wie an einem echten Bahnhof. Programmiert hat die Tafeln der Sohn eines Freundes. Die jungen Leute im Club seien fit, was Computertechnik angeht, freut sich Berneth. Das sei auch so eine Arbeitsteilung.

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Beim Modelleisenbahnclub in Bayreuth hat jedes Mitglied sein eigenes Spezialgebiet. Auf die kleinen Details komme es an.

Details machen eine Anlage aus

Heiko Tieden steckt mit beiden Händen und dem Kopf zwischen zwei Ebenen der Clubanlage, fieselt an Kabeln herum. Als er wieder auftaucht und einen Knopf drückt, setzt sich die Hammerschmiede in Bewegung. Der Nachbau einer alten Schmiede mitten in einem Dorf. Alles sieht aus wie vor 100 Jahren: Häuser, Straßen, Menschen in Miniaturform. In der Schmiede brennt Licht und der schwere Hammer fällt immer wieder auf den Ambos – mit entsprechendem Geräusch. Solche Details würden die Modellbahnanlagen ausmachen, meint er.

Eine Reise von der Kaiserzeit bis in die Gegenwart

Die große Gleichstrom-Clubanlage fährt durch mehrere Epochen. Von der Schmiede aus der Kaiserzeit über die 60er- und 70er-Jahre bis in die Gegenwart mit ICE und dem Containerterminal. Tieden interessiert sich vor allem für die Eisenbahngeschichte und solch kleine Details. Es gibt Miniaturfiguren mit beweglichen Armen, die winken vom Bahnsteig, Straßenmusiker, die Gitarre spielen, Raucher mit leuchtendem Glimmstängel und Zeitungsleser in Klohäuschen.

Modellbahn - ein generationenübergreifendes Hobby

Das Wissen, wie die Elektronik funktioniert, wie das mit der Digitalisierung geht oder was am besten zu bauen ist, schaffen sie sich selbst drauf. Austausch ist alles. Jeder kann etwas anderes, jeder weiß etwas Neues, jeder hat sein Spezialgebiet. Und das Wissen wird weitergegeben. Neben den Bautagen gibt es Schulungen für Interessierte. Es geht dann um Themen wie den kostengünstigen Einbau von Beleuchtung in die Eisenbahnwaggons, das richtige Löten oder das richtige Material. Dabei alles in einem lockeren Rahmen, es ist schließlich eine Freizeitbeschäftigung. Es gebe ja noch immer dieses Klischee vom Modelleisenbahner als kleinlichem "Nietenzähler" oder "Pufferküsser", schmunzelt MEC Vorstand Michael Hübner. Bei den Bayreuthern sei die Stimmung schon entspannt.

Die Modelleisenbahn erlebt eine Renaissance

Modellbahn ist ein kostenintensives Hobby. Der MEC Bayreuth überlegt jede Anschaffung genau, bestätigt Hübner. Dazu die monatliche Miete für das Vereinsheim. Und dann natürlich die freiwilligen Leistungen: Fahrten zu anderen Modelleisenbahnclubs, Messebesuche in Nürnberg oder Dortmund. Ohne Spenden aus den Reihen des Clubs ginge es gar nicht. Eine Lok könne schon mal über 3.000 Euro kosten. Von den anderen Clubs in Oberfranken, mit denen sie Freundschaften pflegen, wisse er, dass bei den meisten auch das Interesse an der Modelleisenbahn wieder gestiegen sei, sagt Hübner. Das Hobby erlebe eine Renaissance.

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Im Modelleisenbahnclub Bayreuth wird gebaut, gewerkelt und getüftelt. Auf die Details komme es an, so die Mitglieder.

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