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Linus Förster am Tag der Urteilsverkündung im Landgericht Augsburg

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Fall Linus Förster - Richter Hoesch begründet Urteil

Das Landgericht Augsburg hat die Verurteilung des Ex-SPD-Politikers Linus Förster wegen mehrerer Sexualstraftaten zu drei Jahren und zehn Monaten Haft ausführlich begründet. Staatsanwaltschaft und Verteidigung können das Urteil noch anfechten.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Die Jugendkammer des Landgerichts Augsburg sah es als erwiesen an, dass Förster zwei widerstandsunfähige Frauen sexuell missbraucht hat, heimlich Filmaufnahmen von Opfern gemacht hat und über 1.300 Kinderpornodateien auf seinen Rechnern gehortet hat. Linus Förster hat das Urteil regungslos aufgenommen.

Anklage und Verteidigung prüfen Rechtsmittel

Die Staatsanwaltschaft hatte vier Jahre und neun Monate Haft gefordert, die Verteidiger eine Strafe zwischen zwei und drei Jahren. Beide Seiten wollen prüfen, ob sie gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen. Für entsprechende Anträge haben sie eine Woche Zeit.

Gericht sieht Förster auf der Suche nach dem "besonderen Kick"

Der Vorsitzende Richter Lenart Hoesch führte während der Urteilsbegründung aus, dass Försters Übergriffe an Frauen begannen, als der SPD-Politiker sich vor etwa fünf Jahren wegen einer Depression in einer Klinik behandeln ließ. "Seitdem suchte er auch einen besonderen Kick durch sogenannte Grenzüberschreitungen", sagte Hoesch.

Klinikbekanntschaft wurde erstes Opfer

In dem Krankenhaus lernte Förster damals eine Patientin kennen, mit der er in der Folge eine Beziehung führte. Die junge Frau wurde Försters erstes Opfer. Mindestens zwei Mal missbrauchte er die Frau, nachdem sie Schlafmittel eingenommen hatte und benommen war. Später kam es laut Urteil zu weiteren Übergriffen bei anderen Frauen.

Gericht wertet mehrere Punkte zugunsten des Angeklagten

Nachdem zahlreiche Details aus der Anklage gegen den Ex-Politiker Förster bereits vor der Verhandlungen bekannt geworden waren, betonte Richter Lenart Hoesch in seiner Urteilsbegründung die Prüfung, Bewertung und Gewichtung von Beweisen und Indizien durch das Gericht.

Hoesch erklärte, Förster habe bei seinem ersten Missbrauchsopfer zum Tatzeitpunkt noch nicht gewusst, dass die Frau in ihrer Kindheit missbraucht worden war. Er hielt Förster zugute, dass er einen weiteren Vorfall in einer Art Therapietagebuch festgehalten hatte und dieses den Ermittlern zur Verfügung gestellt hatte. Die Bereitschaft Försters zu Schmerzensgeldzahlungen – die teils bereits geleistet wurden – wertete Hoesch als strafmindernd.

Ganz erheblich zugunsten des Angeklagten sei zu sehen, dass Förster all seine berufliche Reputation verloren habe und er gesellschaftlich "erledigt ist", so Hoesch.

Hoesch weist Aussage als Schutzbehauptung zurück

Im Fall der Kindersex-Dateien, die bei Förster gefunden wurden, geht das Gericht davon aus, dass Förster diese sehr wohl aktiv angesehen habe. Er hatte die Dateien geordnet, das gehe nicht, ohne sie anzuschauen. Alles andere sei eine Schutzbehauptung Försters. Er wollte nicht in den Ruf kommen, "permanent masturbierend vor dem Computer gesessen zu sein", so Hoesch.

Förster seit Dezember in Untersuchungshaft

Förster saß wegen der Vorwürfe seit Dezember in Untersuchungshaft. Nach Bekanntwerden der Ermittlungen hatte er Ende 2016 sein Landtagsmandat niedergelegt und war aus der SPD ausgetreten.