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Fahrräder in der Münchner Innenstadt

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Fahrradverkehr soll raus aus der Öko-Ecke

Fahrradverkehr soll raus aus der Öko-Ecke

Wie kann man mehr Menschen zum Umstieg auf das Fahrrad bewegen? In vielen bayerischen Städten, insbesondere in München, diskutieren Experten über die Konzepte - und lassen sich von Dänen beraten. Von Lorenz Storch

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 am Samstagvormittag am .

München wollte mal "Radlhauptstadt" werden - die rot-schwarze Koalition im Stadtrat hat diese Kampagne allerdings inzwischen beerdigt. Sie hat schlicht zu viel spöttische Bemerkungen darüber provoziert, was zu diesem großspurigen Titel in Wirklichkeit fehlt. Trotzdem steigen natürlich viele aufs Fahrrad - heute Abend bei der Münchner Radlnacht werden es wahrscheinlich wieder Tausende sein. Unlängst war Besuch aus der wirklichen Welt-Radlhauptstadt da, aus Kopenhagen - und hat den Münchnern Tipps gegeben.

Radwege hören plötzlich auf

Klaus Bondam ist heute Direktor des Dänischen Fahrradverbands. Zuvor war er als Bürgermeister in Kopenhagen verantwortlich für den Fahrradverkehr in der Großstadt mit dem möglicherweise weltweit höchsten Fahrradanteil auf den Straßen. Wenn er so durch München radelt, stellt er fest:

"Es existiert durchaus eine Fahrrad-Infrastruktur in München, an manchen Orten ist sie sogar ganz ok. Aber viele Verbindungen sind nicht gut genug, und oft hören die Radwege völlig unvermittelt auf." Klaus Bondam, Chef des Dänischen Fahrradverbands

Münchner Radler bestätigen diese Kritikpunkte. Es gibt schon schlimme Kreuzungen, sagen sie. Am Stachus oder am Isartor sei es geradezu gemeingefährlich.

Radfahrer sind keine Ökos

Für den Besucher aus Dänemark ist klar, was in München zu tun bleibt: Radwege besser markieren und beschildern, Netzlücken schließen. Und: Radler nicht auf Nebenstrecken verbannen, sondern für sie Platz auf Hauptstraßen schaffen:

"Es braucht effiziente Wege - die Leute radeln, weil es schnell und bequem ist, nicht weil sie Ökos sind." Klaus Bondam

In Dänemark argumentieren die Fahrradfreunde denn auch nicht mit Umweltschutz, sondern mit dem Nutzen für die Gesellschaft durch effizienten, kostengünstigen Verkehr und eingesparte Gesundheitskosten. Schließlich leben Radler gesünder - und zahlen auch Steuern, so der Direktor des Dänischen Fahrradverband. Sie seien im Vergleich zu Autofahrern in der Stadt keine Bürger oder Steuerzahler zweiter Klasse.

Das Auto - die heilige Kuh der Deutschen

In Deutschland wird es meistens dann schwierig, wenn Autos Platz machen sollen für Fahrradspuren. In Kopenhagen dagegen ist die Förderung des Radverkehrs kein politisches Streitthema, berichtet Bondam - alle sind dafür.

Vorrang fürs Fahrrad in der Verkehrspolitik – davon träumt auch Bondams Kollegin Bernadette Felsch, die Vorsitzende des Fahrradclubs ADFC Bayern. Der fordert - bislang vergeblich - ein Rad-Gesetz für Bayern. "Denn ohne rechtlichen Rahmen entscheidet jede Kommune selbst nach Kassenlage und jeweiligem politischen Willen, was sie für den Radverkehr tut - und ob sie überhaupt etwas dafür tut", findet Felsch. "Und deshalb sagen wir, es braucht einen verbindlichen Maßnahmenplan, wie das umgesetzt werden soll."

Bayerns Verkehrsministerium sieht keinen weiteren Handlungsbedarf

Wir tun schon genug fürs Fahrrad, findet das bayerische Verkehrsministerium, und verweist auf bestehende Förderprogramme. Ein bayerisches Radverkehrsprogramm peilt unverbindlich das Ziel an, den Anteil des Fahrrads am Verkehr zu verdoppeln. Den Kommunen vorschreiben wolle man aber nichts. Zu dänischen Fahrrad-Verhältnissen ist es in Bayern also noch weit.