Überschwemmung vor einem Haus
Bildrechte: Foto: Torben Kipp/Nord-West-Media/dpa

Symbolbild: Zu solchen Szenarien können Starkregenereignisse führen.

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Extremwetter: Was das Oberland gegen Starkregen tun kann

Durch seine Lage im Voralpenraum ist das Oberland besonders von Starkregen betroffen. Immer wichtiger werden deswegen präventive Sicherheits- und Ausbaumaßnahmen. Nur fehlt das Wissen dazu. Die Forschungsgruppe KARE leistet Aufklärungsarbeit.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Überflutete Keller, Tiefgaragen oder Gärten. Straßen mit so viel Wasser, dass man vergisst, dass sie nicht ein Wasserauffangbecken sind, sondern zum Befahren von Autos gedacht waren. Die Sachschäden sind oft sehr teuer - und im schlimmsten Fall gibt es Verletzte.

Das können alles Folgen von Starkregen sein. In Bayern ist vor allem das Oberland davon betroffen. Klimaforscher mahnen, dass es in der Region in Zukunft öfter zu Extremwettersituationen kommen wird. Der Appell an Kommunen und Privathaushalte lautet deswegen: präventive Maßnahmen.

Kommunen brauchen Anpassung im Klimawandel

Wenn sich das Klima verändert, müssen Kommunen mitziehen. "Unsere Befragung der Kommunen im Oberland hat ergeben, dass viele Gemeinden bei so einem Starkregenrisikomanagement am Anfang stehen", bilanziert die Wissenschaftlerin Anne von Streit den Status Quo. Dabei ist der Schlüssel für präventive Maßnahmen gegen ein Unwetter genau das: ein Starkregenrisikomanagement.

Anne von Streit leitet die Forschungsgruppe KARE, die dazu aufklären will. Das Kürzel KARE steht für "Klimawandelanpassung auf regionaler Ebene" und wird vom Department für Geographie der Ludwig-Maximilians-Universität München zusammen mit der Energiewende Oberland angeführt. In den beiden Pilotkommunen Garmisch-Partenkirchen und Weilheim soll exemplarisch für die Region dargestellt werden, was ein solches Risikomanagement bringt und wie es in der Praxis aussehen kann. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden an andere Städte und Gemeinden weitergetragen.

Starkregenrisikomanagement: Was soll das bedeuten?

Ein Starkregenrisikomanagement beginnt zuerst mit einer Bestandsanalyse, aus der dann potenzielle Überflutungsgefährdungen im Ort aufgearbeitet werden. In Analysen können Schäden abgeschätzt und Risiken ermittelt werden. Dann werden Maßnahmen zur Risikoreduktion erarbeitet und ein Handlungskonzept erstellt.

Insbesondere Risikokarten sind die Grundlage eines Risikomanagements. Mit solchen können visuell diverse Flutungsszenarien, wie ein 50-jähriges oder 100-jähriges Ereignis, in einem Ort durchgespielt werden. Konkreter gesagt: Wenn eine Menge X an Regen auf einen Ort prasselt, wären die Ortsteile Y überflutet und überschwemmt - solche Informationen sind aus einer Risikokarte entnehmbar. Für Garmisch-Partenkirchen und Weilheim hat das KARE-Forschungsteam diese Karten erstellt und dafür eng mit regionalen Klimaforschern und Ingenieuren zusammengearbeitet. Die beiden Kommunen sind aktuell noch die Ausnahmen. In anderen Gemeinden in der Region stehen diese Karten noch gar nicht zur Verfügung.

Beispiel: Gemeinde Schwaigen

Vielen Kommunen fehlt noch das nötige Know-How. Dabei würde der Freistaat sie unterstützen. Seit 2017 gibt es ein Förderprogramm, um Kommunen bei der Erstellung solcher Konzepte mit einem Fördersatz von 75 Prozent zu helfen. Und die sollten in Anspruch genommen werden, meint Anne von Streit, denn die Praxis zeige, dass Gemeinden häufig erst dann aktiv werden, wenn sie mehrmals von einem Ereignis betroffen wurden. Denn dann erst sei klar, dass man etwas dagegen tun müsse.

Eine solche Erfahrung musste auch Hubert Mangold machen, der Bürgermeister der Gemeinde Schwaigen im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Sein Ort erlebte 2016 einen Muren-Abgang, von dem 30 Hektar betroffen waren. 2018 dann zwei Starkregenereignisse: einmal 80 Liter in 25 Minuten und einmal 40 Liter in zwölf Minuten. Etwas, das laut Mangold eigentlich nur alle 200 Jahre vorkommen sollte. In der Gemeinde wiederholte sich diese Extremlage allerdings innerhalb von acht Tagen. Daraufhin leitete Mangold ein Sturzflutrisikomanagement in die Wege. Zusammen mit einem Ingenieurbüro wird nun für den Ortsteil Grafenaschau ein Konzept dafür erarbeitet - was zum Teil durch das eben erwähnte Förderprogramm mitfinanziert wird.

Auch Bürger sind beim Schutz gefragt

Im Sommer will die Forschungsgruppe KARE Videos veröffentlichen, die helfen sollen, die Kommunen zum Starkregenrisikomanagement aufzuklären. Aber auch Hausbesitzer werden direkt adressiert. KARE betont, dass beim Schutz vor Extremwetter auch eine Eigenvorsorge der Bürger und Bürgerinnen wichtig ist. Dazu Anne von Streit: "Bürger und Bürgerinnen können beispielsweise kleinere bauliche Maßnahmen am Haus durchführen, eine Rückstauklappe einbauen. Sich um den Versicherungs- und Elementarschutz kümmern. Aber dazu muss eine Kommunikation stattfinden." Und die örtlichen Risiken müssen bekannt sein.

Für die Forschungsgruppe KARE geht es im nächsten Schritt darum, wie die beiden Pilotkommunen mit ihren Risikokarten an die Öffentlichkeit treten können und welche Maßnahmen daraus gezogen werden. Alle neuen Erkenntnisse werden weiter von KARE in Form von Transferveranstaltungen an andere Kommunen vermittelt. Auch können sich Kommunen jetzt schon für Informationen zum Starkregenrisikomanagement bei der Energiewende Oberland beraten lassen.

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