Öffentlicher Druck oder ein entschiedenes Handeln von Sponsoren könnte zu einem Umdenken bei der FIFA führen. Wie Markus Kurscheidt vom Lehrstuhl für Sport Governance und Eventmanagement an der Uni Bayreuth im Gespräch mit BR24 sagt, könnten große Sponsoren wie McDonald's, Coca-Cola oder Adidas in solchen Situationen Druck auf den Weltverband ausüben. Zuletzt hatte die Handelskette Rewe die Kooperation mit dem DFB beendet, nachdem dieser das FIFA-Verbot der "One-Love"-Binde akzeptiert hatte.
Experte: Sponsoren haben bei Skandalen keine gute Figur gemacht
Solch entschlossenes Handeln würde es zu selten geben, vermutlich, weil bei einem Ende des Sponsorings direkt ein Konkurrent in den Startlöchern stehen würde. Insgesamt hätten Sponsoren wie Adidas bei den Skandalen rund um die FIFA häufig keine gute Rolle eingenommen. Man müsse die Skandale offener und mit klaren Worten aufarbeiten, dann könnte öffentlicher Druck zu Veränderungen führen.
FIFA: Situation für Fans und Beobachter frustrierend
Insgesamt sei die FIFA gar nicht so schlecht aufgestellt, so Kurscheidt weiter. Dennoch seien die Strukturen teils intransparent. Das begünstige Korruption, Manipulation und Seilschaften. Obwohl dieses Kernproblem der FIFA lange bekannt sei, hätten Opposition und Kritik wenig Raum, um sich durchzusetzen. Dies sei für Beobachter und Fans frustrierend.
Brücke zwischen Fankultur und Kommerz bauen
Im Kern gehe es darum, eine Brücke zwischen Fankultur und Kommerz zu bauen. Es muss möglich sein, an unseren Werten festzuhalten und gleichzeitig Geld zu verdienen. "Wir wollen nicht zum kompletten Amateursport zurück", so der Experte.
DFL will Wettbewerb stärken
Was den Profifußball angeht, versuche zum Beispiel die Deutsche Fußball Liga (DFL) im Rahmen der Task Force Profifußball, den Wettbewerb zu stärken. So soll verhindert werden, dass die Kluften zwischen den Top-Mannschaften und dem Rest sich weiter vergrößern. Stattdessen müssten Teams mit aktuell niedrigerem Etat ohne große Investoren bessere Chancen haben, (wieder) in den Wettbewerb kommen.
Persönlich boykottiert Kurscheidt, der auch Direktor des Bayreuther Zentrums für Sportwissenschaft (BaySpo) ist, die Weltmeisterschaft in Katar weitgehend. Das falle ihm nicht schwer, weil seine Passion für den "großen Fußball" wegen der vielen Skandale etwas abgeebbt sei. Beruflich beschäftigt er sich wissenschaftlich mit dem Verhältnis von Wirtschaft und Fußball.
Kritik an Fußball Weltmeisterschaft in Katar
Die WM in Katar wird in Deutschland und anderen Ländern kritisch gesehen. Auf den Tribünen verliehen deutsche Fans im Vorfeld des Turniers ihrer Meinung Ausdruck. "Boycott Qatar" oder "15.000 Tote für 5.760 Minuten Fußball" stand auf den Plakaten und Bannern, die auf den Rängen in Berlin, Dortmund und anderen Stadien präsentiert wurden. Bereits Ende September hatten beispielsweise auch Fans des FC Bayern München auf Spruchbändern offen Ehrenpräsident Uli Hoeneß wegen dessen Aussagen zu Katar kritisiert.
Deutlich weniger Zuseher vor den Bildschirmen
Fans und Beobachter kritisieren etwaige Menschenrechtsverletzungen in Katar, mutmaßliche Schmiergeldzahlungen oder auch mangelnde Toleranz, beispielsweise in Bezug auf Homosexualität. Zuletzt hatte es Gegenwind für die FIFA-Entscheidung gegeben, die "One-Love"-Armbinde zu verbieten.
Der Fan-Boykott spiegelt sich auch deutlich in den Einschaltquoten wieder. So haben die Spiele der Weltmeisterschaft deutlich schlechtere Quoten als bei den letzten Turnieren. Mit 6,209 Millionen Menschen haben deutlich weniger Zuseher beispielsweise das Auftaktspiel verfolgt, als zur letzten WM in Russland. Damals hatten 10,01 Millionen Zuschauer eingeschaltet.
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