Bohrarbeiten in der GEWOBAU-Siedlung im Erlangen Süden
Bildrechte: BR/ Michael Reiner

28 Meter tief werden die Löcher für die Erdwärmeanlage, die gerade in der Erlanger GEWOBAU-Siedlung gebohrt werden.

  • Artikel mit Video-Inhalten

Erdwärme und Thermohülle: So werden alte Wohnblocks klimafit

Alte Wohnungen sind Energieschleudern. Das will die Erlanger Wohnungsbaugesellschaft ändern. Sie verpasst ihnen eine klimaneutrale Heizung – mit Erdwärmeanlagen für ganze Blocks und einer maßgeschneiderten Thermohülle, die wie ein Mantel wirkt.

Mit 700 PS frisst sich der Bohrer in den Boden. Langsam dreht sich der Meißel in die Tiefe. Er hat einen Durchmesser von fast zwei Metern. Die Technik ist auf einem gigantischen Raupenfahrzeug montiert, das mitten in der Wohnsiedlung an der Aufseßstraße im Süden von Erlangen steht. Der gelbe Gigant ist 180 Tonnen schwer und 33 Meter hoch. "Das Schwierige ist hier, dass wir in eine Wohnsiedlung reinfahren und aufpassen müssen, dass mit dem schweren Gerät niemand zu Schaden kommt", sagt André Wesniak, der die Bohrung leitet.

Harter Sandstein fordert das Material

28 Meter tief soll das Loch einmal werden. Fast die Hälfte ist an diesem Vormittag bereits geschafft. Aus dem Untergrund wird künftig Wärme gezapft. Sie soll die 23 Blocks der Siedlung mit Sozialwohnungen aus den 1960er Jahren künftig umweltfreundlich beheizen. Immer wieder stocken die Arbeiten. Mechaniker müssen die stumpf gewordenen Spitzen des Meißels wechseln. "Im Untergrund haben wir harten Sandstein, der dem Bohrer ganz schön zu schaffen macht", sagt Wesniak. Aber er ist guter Dinge, dass alles funktioniert. "Schließlich haben wir ein Gerät mit 700 PS."

Bildrechte: BR/ Michael Reiner

Der Hochleistungsenergiepfahl liegt schon bereit. Vier dieser Pfähle können die komplette Siedlung mit Erdwärme versorgen.

Spezielle Technik für bebaute Grundstücke

Vier große Pfähle werden im Untergrund versenkt. Einer liegt bereits neben der Bohrstelle. Ist das Loch fertig, wird er mit einem Autokran eingehoben. Die sogenannten "Hochleistungsenergiepfähle" sind das Herzstück der Anlage – jeweils 28 Meter lang und etwa eineinhalb Meter dick. Sie sammeln die Wärme mit einer speziellen Technik. Im Vergleich zu anderen Erdwärme-Anlagen können sie auf wenig Raum eine große Leistung abdecken, sagt Albert Vögerl vom Hersteller. "Wir brauchen vier Pfähle für diese Wohnblocks hier. Wenn man das mit herkömmlichen Erdsonden machen würde, bräuchte man ungefähr die Größe von einem Fußballplatz." Stehe wenig Platz zur Verfügung, wie in der Siedlung in Erlangen, sei das System optimal.

Solarstrom für die Wärmepumpen

Der angebohrte Untergrund ist im Sommer wie im Winter zwölf Grad warm. Das reicht aus, um mit Wärmepumpen das Wasser auf die richtige Temperatur zu bringen. Die Heizkörper in den Wohnungen müssen nicht getauscht werden. Der Strom für die Pumpen kommt zum Teil von Solarzellen auf dem Dach der Wohnblocks. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft GEWOBAU will in vier Jahren klimaneutral sein, sagt Firmensprecherin Sonja Joseph. Etwa 6.000 der rund 9.000 Wohnungen müssen deshalb energetisch saniert werden.

Miete etwas rauf, Nebenkosten massiv runter

Das lohnt sich nach ihren Worten nicht nur für die Umwelt. Die GEWOBAU hat eine Beispielrechnung für eine durchschnittliche Drei-Zimmer-Wohnung gemacht. "Weil vorher mit Gas geheizt wurde, zahlen die Mieter dann weniger Heizkosten. Grob gerechnet kann man im Jahr 1.000 Euro einsparen", sagt die Sprecherin. Nach der Sanierung wird die Miete zwar um 1,40 Euro pro Quadratmeter erhöht. "Doch durch die Heizkostenersparnis bekommen das die Mieter nicht zu spüren", so Joseph.

Maßgeschneiderte Thermohülle

Die Erdwärme-Heizung ist nur ein Teil der Sanierung. Zuvor wurden die Häuser gedämmt. Sie bekamen von außen eine maßgeschneiderte Thermohülle verpasst, die wie ein Mantel wirkt. Die Elemente für jeden Wohnblock werden dabei in einer Fabrik, die sonst Fertighäuser herstellt, vorgefertigt. Die Teile können anschließend innerhalb von wenigen Stunden montiert werden. Das hat den Vorteil, dass die Mieter während der Sanierung nicht ausziehen müssen. Diese Methode hat sich bewährt, sagt GEWOBAU-Sprecherin Joseph. Weitere Sanierungen von mehreren hundert Wohnungen stehen bereits an.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!